Nicht alle Anwohner wollen eine Räumung des einstigen Munitionslagers
Mitholzer lassen sich nicht vom VBS aus ihren Häusern drängen

Längst nicht alle Bewohnerinnen und Bewohner von Mitholz sind mit der vollständigen Räumung des ehemaligen Munitionslagers einverstanden. Dass sie das VBS rausdrängen will, nehmen sie nicht hin.
Publiziert: 24.03.2023 um 18:56 Uhr
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Aktualisiert: 24.03.2023 um 19:30 Uhr
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Die Leute sollen wegziehen, damit das ehemalige Munitionslager von Mitholz vollständig von Munitionsrückständen geräumt werden kann.
Foto: Thomas Meier
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Pascal TischhauserStv. Politikchef

«Hier verstanden!» Diese Reaktion wird im Militär erwartet – und offenbar auch von Viola Amherds (60) Verteidigungsdepartement (VBS). So berichten es Mitglieder der nationalrätlichen Sicherheitskommission (Sik-N). Es ging um 2,6 Milliarden Franken Steuergelder, die sie zur Räumung des ehemaligen Munitionslagers Mitholz BE hätte durchwinken sollen.

Auf Antrag von SVP-Nationalrat Erich Hess (41) befahl die Kommission jedoch einen Marschhalt. Der Bund soll Alternativen zur vollständigen Räumung des einstigen Armeelagers prüfen. Und zwar so gründlich, wie er die Räumungsvariante geprüft hat. Zahlreiche Anwohner, aber auch Politiker zweifeln nämlich daran, dass das VBS beispielsweise auch eine Verfüllung oder Verkapselung der Trümmer genau geprüft hat. Eine Verkapselung gilt bei namhaften Fachleuten wie dem Tiefbauspezialisten Heinz Hieke als umweltfreundlicher und mit geschätzten Kosten von 200 Millionen Franken als viel günstiger.

Kamir kommt nicht vom Fleck

Anfangs sollte die vollständige Räumung 900 Millionen kosten – und plötzlich fast das Dreifache. Dabei habe das Kommando Kampfmittelbeseitigung und Minenräumung (Kamir) im VBS Sicherheitsvorbehalte geäussert. Für die Kamir-Fachleute sei unklar, in welchem Zustand sich die verschüttete Munition befände, wie die Erdschichten darüber genau aussehen würden und wie viel Munition noch vergraben ist, berichtete der «Nebelspalter».

Laut Blick-Informationen ist das Kamir bislang noch kaum vom Fleck gekommen. Von mehr als einem Dutzend geplanten Sondierungsbohrungen sei man noch immer an der ersten.

Mitholzer wehren sich

Nach der Sistierung durch die Kommission liess das VBS verlauten, man könne nun die Häuser der Mitholzer nicht mehr kaufen. Es hagelte Klagen vonseiten der Anwohner und auch von der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für die Berggebiete (SAB), die eine jahrelange Verzögerung befürchtet. Hess hat derweil einen Nachtragskredit von 50 Millionen Franken beantragt, damit das VBS jenen, die wegziehen möchten, die Häuser weiterhin abkaufen kann.

Doch das sind eben längst nicht alle. Viele wehren sich dagegen, dass sie das VBS aus ihren Häusern drängt. Beispielsweise Monika Küenzi (56). Sie wohnt in einem Zweifamilienhaus, gemeinsam mit ihren Eltern. «Wir haben das Glück, dass wir grad noch bleiben können. Vor unserem Haus verläuft die Grenze. Aber man versucht, uns Angst zu machen.» Es sei dann nicht mehr lebenswert in Mitholz, sagt man ihr. Es werde laut und staubig. «Wir sollen doch gehen. Aber meine Eltern und ich wollen bleiben», macht Küenzi klar.

Falsche Reihenfolge

Der Mitholzer Peter Zumkehr Junior (55), der weichen muss, macht deutlich: «Ich stelle mich nicht gegen eine Räumung.» Für ihn gehe aber die Reihenfolge nicht auf: «Erst muss doch die Situation analysiert werden, die die Fachleute im Schutt vorfinden und dann wird entschieden, wie man am besten vorgeht. Hier aber ist zuerst das Vorgehen bestimmt worden.»

Zumkehrs Meinung nach sollte man nach einer Möglichkeit suchen, das Munitionslager zu schützen und die Munition zu räumen, ohne dass unverhältnismässige Schutzbauten für Bahn und Strasse notwendig würden und ohne den Wegzug der Bevölkerung. Schliesslich will auch er bleiben.

Vorbehalte gegenüber der IG Mitholz

Wenn in den Medien von den Anwohnern berichtet wird, werden diese oft mit der Interessengemeinschaft Mitholz gleichgesetzt. Deren Rolle wird von den Anwohnern mittlerweile aber unterschiedlich gesehen: Schliesslich ist der Vereinszweck der IG die vollständige Räumung. Wer dagegen verstösst, kann vom IG-Vorstand ausgeschlossen werden, wie es in den Statuten heisst.

So wollen einige Mitholzer denn auch nicht mit Namen genannt werden. Denn wer auf dem Laufenden sein wolle, müsse IG-Mitglied sein, sonst erfahre man nichts. Monika Küenzi betont, der IG-Vorstand habe viel Gutes gemacht. «Nun aber scheint er mir recht VBS-hörig zu sein.» Es sei doch richtig, dass eingehend geprüft werde, wie es mit einer Verfüllung wäre. «Wenn das VBS das schon gemacht hat, kann es ja die Berichte dazu auf den Tisch legen. Und wenn nicht, muss es jetzt an die Arbeit», findet sie.

«Da muss man doch hinschauen!»

Zumkehr Junior sagt, wenn der Vorstand der IG stur an der Räumung der Munition und des Dorfes festhält, werde er aus dem Verein austreten.

Am Dienstag beugt sich die Sicherheitskommission nochmals über das Mitholz-Dossier. Erich Hess sagt dazu nur: «Man muss sich das mal vor Augen halten: Der Steuerzahler soll 2,6 Milliarden auf den Tisch legen, ohne dass dafür eine neue Infrastruktur erstellt wird – da muss man doch genau hinschauen!»

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