Mitholz wird zum Geisterdorf
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Evakuierung wegen Munition:Bewohner werden wegen Munitionslager für 10 Jahre evakuiert

Bewohner werden wegen Munitionslager für 10 Jahre evakuiert
Mitholz wird zum Geisterdorf

Die Räumung des ehemaligen Munitionslagers in Mitholz BE hat gravierende Folgen. Die Dorfbewohner werden ihre Häuser wohl für rund zehn Jahre verlassen müssen. Die Aktion dürfte deutlich über eine Milliarde Franken kosten.
Publiziert: 25.02.2020 um 19:30 Uhr
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Aktualisiert: 26.02.2020 um 19:50 Uhr
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Der friedliche Schein trügt. So sieht es im Mitholz heute aus, doch unter der Idylle liegen mehrere Hundert Tonnen Sprengstoff.
Foto: Pascal Tischhauser
Sermîn Faki und Pascal Tischhauser

Kein leichter Gang für Verteidigungsministerin Viola Amherd (57): Am Dienstagabend musste die Bundesrätin den 170 Dorfbewohnern von Mitholz im Kandertal eröffnen, dass sie ihre Heimat wohl für zehn Jahre verlassen müssen. Der Grund ist das ehemalige Munitionslager, das 1947 bei einer Explosion verschüttet wurde.

Allerdings: Mit der Räumung kann frühestens 2031 begonnen werden. Allein die Vorarbeiten werden laut dem Verteidigungsdepartement (VBS) zehn Jahre in Anspruch nehmen. Noch müssen viele Fragen geklärt werden, und es braucht umfassende Schutzmassnahmen – zum Beispiel einen Tunnel für die wichtige Nord-Süd-Bahnlinie der BLS, aber auch für die Strasse von Kandergrund nach Kandersteg BE. Die Strasse soll möglicherweise verlegt werden.

Explosionsgefahr im Kandertal

70 Jahre lang hat der Bund die Gefahr unterschätzt. Im Sommer 2018 erst kamen Experten zum Schluss: Das ehemalige Munitionslager Mitholz in Kandergrund BE, das Ende 1947 explodierte, ist noch immer eine grosse Gefahr für die Leute im Tal.

Explosion ist jederzeit möglich

Denn beim eingestürzten Munitionslager und im Schuttkegel davor liegen noch immer Hunderte Tonnen Sprengstoff – darunter 50-Kilo-Fliegerbomben. Sie könnten schon morgen explodieren. Ein Felssturz, ein Einsturz weiterer Anlageteile oder auch eine plötzliche Selbstentzündung der Munitionsrückstände könnten jederzeit eine Explosion verursachen.

Herausgefunden hat man das nur, weil das Verteidigungsdepartement (VBS) prüfen wollte, ob sich der Standort Mitholz für ein unterirdisches Rechenzentrum eignet. Externe Experten haben dann anhand historischer Dokumente und mit Begehungen bemerkt, dass Mitholz ein Pulverfass ist.

Neun Tote

Bis heute ist ungeklärt, wie genau es in der Nacht vom 19. auf den 20. Dezember 1947 zu den Detonationen kam. Bei der Katastrophe kam es zu mehreren Explosionen, wobei zwei davon zu den grössten künstlichen Explosionen gehören, die nicht durch Atomwaffen verursacht wurden. Anwohner berichteten von einer etwa 150 Meter hohen Stichflamme, die die Detonation begleitete. Neun Menschen, darunter drei Kinder, verloren bei der Katastrophe ihr Leben. Die gesamte Felswand, in der sich das Munitionsdepot befand, war eingestürzt, 250'000 Kubikmeter Gestein lösten sich. (pt)

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70 Jahre lang hat der Bund die Gefahr unterschätzt. Im Sommer 2018 erst kamen Experten zum Schluss: Das ehemalige Munitionslager Mitholz in Kandergrund BE, das Ende 1947 explodierte, ist noch immer eine grosse Gefahr für die Leute im Tal.

Explosion ist jederzeit möglich

Denn beim eingestürzten Munitionslager und im Schuttkegel davor liegen noch immer Hunderte Tonnen Sprengstoff – darunter 50-Kilo-Fliegerbomben. Sie könnten schon morgen explodieren. Ein Felssturz, ein Einsturz weiterer Anlageteile oder auch eine plötzliche Selbstentzündung der Munitionsrückstände könnten jederzeit eine Explosion verursachen.

Herausgefunden hat man das nur, weil das Verteidigungsdepartement (VBS) prüfen wollte, ob sich der Standort Mitholz für ein unterirdisches Rechenzentrum eignet. Externe Experten haben dann anhand historischer Dokumente und mit Begehungen bemerkt, dass Mitholz ein Pulverfass ist.

Neun Tote

Bis heute ist ungeklärt, wie genau es in der Nacht vom 19. auf den 20. Dezember 1947 zu den Detonationen kam. Bei der Katastrophe kam es zu mehreren Explosionen, wobei zwei davon zu den grössten künstlichen Explosionen gehören, die nicht durch Atomwaffen verursacht wurden. Anwohner berichteten von einer etwa 150 Meter hohen Stichflamme, die die Detonation begleitete. Neun Menschen, darunter drei Kinder, verloren bei der Katastrophe ihr Leben. Die gesamte Felswand, in der sich das Munitionsdepot befand, war eingestürzt, 250'000 Kubikmeter Gestein lösten sich. (pt)

Amherd will komplett räumen lassen

Amherds Ziel ist es, die explosive Erbschaft vollständig wegzuräumen. Doch ob das technisch überhaupt möglich ist, ist unklar. Wenn nicht, sieht Plan B so aus: die gesamte Anlage mit Gestein überdecken.

Die Langzeit-Evakuierung bliebe den Dorfbewohnern dann erspart. Doch dass Munitionsrückstände für immer vor Ort bleiben, wäre «ein giftiges Geschenk für unsere Nachkommen», wie Projektleiter Hanspeter Aellig sagt.

Und nicht nur für diese. Denn laut Bundesamt für Umwelt ist das Risiko für die in 50 bis 60 Haushalten lebenden Bewohner von Mitholz nicht tragbar. «Wir stehen zu unserer Verantwortung und wollen die Bewohner in dieser schwierigen Lage so gut wie möglich unterstützen», betonte Bruno Locher, Chef Raum und Umwelt im Verteidigungsdepartement.

Mitholz wird zum Geisterdorf
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Evakuierung wegen Munition:Mitholz wird zum Geisterdorf

Es geht auch ums Geld

Bis Ende März sollen die Mitholzer sagen, was sie von den Plänen des VBS halten. Immerhin wird jeder und jede vor grosse Fragen gestellt: «Will ich jetzt schon gehen oder warten, bis evakuiert wird? Und will ich, wenn alles vorbei ist, wieder zurückkehren?»

Dabei geht es nicht nur, aber auch um Geld. Wegen der Gefahren, die von den Munitionsrückständen ausgehen, sind die Häuser in Mitholz weniger wert. Der tiefere Marktwert der Häuser dürfte die Banken auf den Plan ­rufen, wenn die Hypothekarschuld auf einmal höher ist als der Wert der Immobilien. Die Banken könnten die Mitholzer Liegenschaftsbesitzer auffordern, Geld nachzuschiessen – das nicht alle haben. Der Bund hat bereits angekündigt, «in begründeten Fällen» für eventuelle Verluste aufzukommen.

Räumung ist komplex und aufwendig

In der zweiten Jahreshälfte wird der Bundesrat über das weitere Vorgehen entscheiden. «Die angestrebte Räumung ist komplex, sie dauert lange und braucht viele Vorkehrungen», so Brigitte Rindlisbacher, Leiterin der Arbeitsgruppe.

Offene Fragen gibt es in der Tat viele: Wo genau liegt wie viel Munition? Und in welchem Zustand? Zum Problem könnte zum Beispiel die Felsformation «Dreispitz» werden. Unter dieser lagern mehrere Tonnen Munition, die geborgen werden müssen. Doch weil der «Dreispitz» instabil ist, muss er abgetragen werden. Das kann bis zu acht Jahre dauern.

Wie viel die Räumung kosten wird, ist gemäss VBS noch nicht absehbar. Es dürfte sicher mehr als eine Milliarde Franken sein.

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