Mit Vincenz-Stauffacher: Die FDP als stärkste Kraft im Stöckli?
Die Mitte-Bastion im Ständerat wackelt

Bei den nächsten Wahlen kann der Freisinn auf zusätzliche Sitze im Ständerat hoffen. Die FDP könnte damit die Mitte überflügeln. Für sie ein wichtiges Argument, wenn es um den zweiten Bundesratssitz geht.
Publiziert: 26.10.2022 um 12:29 Uhr
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Aktualisiert: 26.10.2022 um 13:09 Uhr
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Seit 2003 ist die Mitte die stärkste Fraktion im Ständerat. Das könnte sich aber bei den nächsten Wahlen ändern.
Foto: Keystone
Sophie Reinhardt

Die St. Galler FDP steigt mit Nationalrätin Susanne Vincenz-Stauffacher (55) ins Rennen um den frei werdenden Ständeratssitz des zurücktretenden SP-Politikers Paul Rechsteiner (70). Ihre Chancen gelten als intakt, für St. Gallen ins Stöckli einzuziehen.

Damit werden schweizweit die Karten neu gemischt: Bisher war der Ständerat der Trumpf der Mitte. Seit Jahrzehnten dominiert die Partei die kleine Kammer. Seit 2003 besetzte die frühere CVP dort die meisten Sitze. Bis heute beansprucht sie 14 von insgesamt 46 Ständeratssitzen – und damit mehr als alle andern Parteien. Entsprechend wichtig ist die Rolle der Mitte, etwa wenn es um Lösungen bei der AHV geht. Doch inzwischen fürchtet sich die Parteileitung vor einem möglichen Bedeutungsverlust in der kleinen Kammer.

Denn mit der Spitzenposition könnte es bald vorbei sein. Rosig sind die Wahlprognosen 2023 nämlich vor allem für den Freisinn – gerade auch im Ständerat. Heute sitzen 12 liberale Kantonsvertreter im Stöckli, und es könnten nächsten Herbst weitere dazukommen. Eben etwa jener von St. Gallen, aber auch in Solothurn und Schwyz könnte die FDP die Nase vorn haben. Mit diesen zusätzlichen Vertretungen würde die FDP neu zur stärksten Fraktion in der kleinen Kammer.

Angriff auf alle Landesteile

Im Kanton St. Gallen war die Spannung deutlich gestiegen. Mit SP-Mann Paul Rechsteiner nimmt der Dienstälteste im Parlament den Hut – und das schon auf Ende Jahr. Um die Nachfolge buhlen bekannte Namen wie die SP-Nationalrätin Barbara Gysi (58), aber auch die SVP-Ratskollegin Esther Friedli (45). Doch sie müssen den Sitz nun auch mit Susanne Vincenz-Stauffacher ausjassen.

Nach dem Rücktritt von SVP-Ständerat Alex Kuprecht (64) auf Ende der Legislatur ergibt sich für die FDP auch in Schwyz die Möglichkeit, einen zusätzlichen Ständeratssitz zu erkämpfen. Dafür steigt die Nationalrätin und frühere FDP-Chefin Petra Gössi (46) ins Rennen.

Im Tessin und in Genf sind die Freisinnigen ebenfalls im Kampfmodus. Dort wolle man die Sitze der Linken angreifen, heisst es bei der Partei. Im Tessin haben sie es auf den Sitz von SP-Frau Marina Carobbio (56) abgesehen. In Genf will man gemeinsam mit der SVP einen der Sitze von Carlo Sommaruga (63, SP) und Lisa Mazzone (34, Grüne) streitig machen.

Zürcher Sitz ist unsicher

Trüben dürften die guten Aussichten, dass ausgerechnet der traditionsreiche Zürcher Sitz des abtretenden Ruedi Noser (61) wackelt. Die Chancen stehen gut, dass hier die GLP mit Tiana Angelina Moser (43) den Freisinnigen den Sitz abjagt. Aber auch die Grünen könnten sich das Zürcher Mandat mit Stadtrat Daniel Leupi (56) schnappen.

Für die FDP wäre das Überflügeln der Mitte auch wichtig, weil spätestens im Dezember 2023 die Frage aufflammt, ob die Partei weiterhin Anspruch auf zwei Bundesratssitze hat. Die nationalen Wahlen 2019 endeten für die FDP mit Verlusten. Mit einem Wähleranteil von derzeit 15,1 Prozent sind zwei Sitze nicht mehr in Stein gemeisselt. Vor allem, seit die Grünen den Anspruch auf einen Sitz erheben.

Das Besondere an Ständeratswahlen ist aber, dass sie einer eigenen Dynamik folgen, die sich nicht über Wähleranteile der Parteien abbilden lässt. Die Konstellation in vielen Kantonen ist nun jedoch ausgesprochen günstig für die FDP, im Gegensatz zur SP. Sie hat das Problem, dass mehrere langjährige Ratsmitglieder nicht mehr antreten. Demgegenüber hat es die GLP weiterhin schwer, mehr als einen Sitz im Ständerat zu ergattern.

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