Milizoffiziere und Soldaten zu Amherds Abgang
«Wir erwarten einen Verteidigungsminister, der den Namen verdient»

Die Schweizer Milizoffizere und -soldaten kritisieren die Bilanz von Noch-Verteidigungsministerin Viola Amherd. Nun beobachten sie die beiden Bundesratskandidaten - und wollen sie zum Hearing aufbieten.
Publiziert: 18:18 Uhr
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Aktualisiert: 18:33 Uhr
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Stefan Holenstein, Präsident der Offiziersgesellschaft, ist mit der Leistungsbilanz von Verteidigungsministerin Viola Amherd nicht zufrieden.
Foto: Keystone

Auf einen Blick

  • Milizorganisationen erwarten führungsstarken Verteidigungsminister, der Allianzen schmieden kann
  • Mit Viola Amherd waren sie zuletzt nur noch bedingt zufrieden
  • Armee-Budget soll rasch erhöht werden
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Lucien FluriCo-Ressortleiter Politik

Er intervenierte direkt beim Bundesrat, weil er im privaten Umfeld ein Problem ausgemacht hatte: Blick enthüllte, dass sich Bundesratskandidat Markus Ritter (57) beim damaligen Verteidigungsminister Guy Parmelin (65) beklagte. Denn einer seiner Söhne wurde wegen Problemen mit den Augen nicht zum Militärdienst zugelassen. (Lies hier, was Ritter dazu sagt. Auch CH Media hat am Freitag über den Vorgang berichtet.)

Ist es nicht heikel, wenn der mächtige Bauernpräsident und Mitte-Nationalrat seine Kanäle für private Probleme nutzt? Die Offiziere stärken Ritter den Rücken. Er könne den konkreten Fall nicht beurteilen, sagt Stefan Holenstein (62), Präsident des Verbands Militärischer Gesellschaften Schweiz (VMG) und vorher Präsident der Schweizerischen Offiziersgesellschaft. «Aber ich finde es nicht schlecht, dass Markus Ritter interveniert hat. Denn wir haben etliche Fälle von Soldaten, die gerne ins Militär möchten, aber nicht dürfen.»

Oft habe dies versicherungsrechtliche Gründe. Holenstein ist aber überzeugt, dass man in vielen Fällen eine Lösung finden könnte, gerade mit fortschreitender Technik gebe es viele Aufgaben im rückwärtigen Raum und in den Büros. Mit Augenzwinkern merkt aber auch Holenstein an: «Andere Väter müssen solche Entscheide akzeptieren. Nicht jeder hat die Möglichkeit, direkt zu einem Bundesrat zu gehen.»

«Wir brauchen jemanden, der im Bundesrat Allianzen schmieden kann»

So oder so: Die Milizverbände beobachten derzeit die beiden Kandidaten genau, die sich zur Wahl in den Bundesrat stellen – neben Ritter ist dies der Zuger Regierungsrat Martin Pfister (61). Denn mit grösster Wahrscheinlichkeit wird einer der beiden der neue Verteidigungsminister. «In den letzten drei Jahren ist das VBS zum Schlüsseldepartement geworden», sagt Holenstein. «Wir erwarten jetzt einen Verteidigungsminister, der den Namen auch verdient. Er muss anpacken, er muss führungsstark sein und sich mit dem Departement voll und ganz identifizieren.» 

Das ist unverhohlen auch eine Kritik an der aktuellen Verteidigungsministerin Viola Amherd (62). Das bestreitet Holenstein nicht. «Wir brauchen jemanden, der im Bundesrat Allianzen zugunsten der Armee schmieden kann», sagt der höchste Milizsoldat der Schweiz. «Viola Amherd hat dies nicht mehr geschafft.» 

Zwei Beispiele nennt er konkret: Aus Sicht der Milizsoldaten und -offiziere geht die Aufrüstung zu langsam voran. Das Parlament will, dass bis 2032 ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts für die Verteidigung ausgegeben wird, der Bundesrat selbst hatte 2035 anvisiert. Die Offiziere möchten dieses Ziel aber bereits 2030 erreichen. «In den letzten Jahren haben wir ein Trauerspiel bei der Finanzierung der Armee gesehen», sagt Holenstein. Man habe hier gespürt, dass Amherd im Bundesrat zunehmend aufgelaufen sei.

Das zweite Beispiel ist die Frage der Dienstpflicht. Blick zeigte auf, dass Viola Amherd Anfang Januar im Bundesrat zwei Modelle präsentierte, die von ihren Kolleginnen und Kollegen in der Luft zerzaust worden sind. «Das ist ein Debakel», sagt Holenstein. «Nun dauert es mindestens zwei Jahre länger, bis wir ein neues Modell haben.» Dabei bräuchte die Armee dringend eine Lösung, damit sie in Zukunft genügend Soldaten habe. «Frau Amherd geht, ohne dass diese Frage geregelt ist.» 

Sowohl Ritter als auch Pfister «valabel»

Bisher haben beide Kandidaten Pläne skizziert, die sie fürs VBS hätten. Ritter betonte, dass er schnell anpacken werde. Pfister wiederum strich die Notwendigkeit hervor, rasch verteidigungsfähig zu werden. Er beurteilt die Zusammenarbeit mit der Nato deutlich offener als Markus Ritter. 

«Für uns scheinen derzeit beide valabel», sagt Holenstein. Es sei positiv, dass mit Martin Pfister ein Oberst ins Rennen steige. Letztlich sei der Grad aber nicht entscheidend. Nun wollen die Milizsoldaten und -offiziere beiden Männern noch genauer auf den Zahn fühlen. Sie werden Ritter und Pfister deshalb zum Hearing einladen, wie Holenstein gegenüber Blick sagt. 

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