Milchbauern fürchten Schoggi-Schock
Bald Toblerone ohne Schweizer Milch?

Unter Milchbauern geht die Sorge um, dass die Kult-Schoggi Toblerone schon bald nicht mehr mit Schweizer Milch produziert wird. Für die Schweizer Produzenten wäre das ein harter Schlag, warnt die Branche. Nun sucht man eine Lösung.
Publiziert: 13.08.2024 um 00:01 Uhr
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Aktualisiert: 13.08.2024 um 11:27 Uhr
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Kommt Toblerone bald ohne Schweizer Milch aus?
Foto: Keystone
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Lea HartmannRedaktorin Politik

Wie viel Schweiz steckt noch in der berühmtesten Schweizer Schoggi? Das Matterhorn ist schon vor einem Jahr von der Toblerone-Verpackung verschwunden. Einen Teil der Produktion hat der Lebensmittelriese Mondelez in die Slowakei ausgelagert. Nun fürchten Milchbauern, dass bald auch in der Toblerone selbst nicht mehr viel Schweiz zu finden ist.

Laut Branchenkennern gibt es Hinweise darauf, dass für einen grossen Teil der Toblerone-Produktion künftig keine Schweizer Milch mehr verwendet wird. Sämtliche Schoggi, die fürs Ausland produziert wird, soll offenbar bald mit ausländischem Milchpulver hergestellt werden. Nicht betroffen ist die Toblerone, die in der Schweiz verkauft wird.

Toblerone ist für Milchbauern wichtig

Die Milchbranche ist alarmiert. «Mondelez ist für uns ein grosser Fisch», sagt Stephan Hagenbuch (60), Direktor des Verbands der Schweizer Milchproduzenten, auf Anfrage von Blick. «Sollte das tatsächlich eintreffen, kann das unter Umständen zu Unruhe auf dem Schweizer Milchmarkt beitragen.»

Beunruhigt zeigt sich auch Stefan Kohler (58), Geschäftsführer der Branchenorganisation Milch. Es gehe um knapp 40 Millionen Liter Milch pro Jahr, die plötzlich keinen Abnehmer mehr hätten, sagt er. Das entspricht der Menge Milch von rund 6300 Kühen. Sie ist, zu Milchpulver verarbeitet, eine der wichtigsten Zutaten der Toblerone.

Mondelez äussert sich nicht

Angeblich soll Mondelez planen, Ende Jahr vom Schweizer Milchpulver auf ausländisches umzusteigen. Derzeit liefen die Verhandlungen, heisst es. Mondelez selbst bestätigt dies nicht – liefert aber auch kein Dementi. Man evaluiere bei der Beschaffung der Zutaten laufend Lieferanten aus dem In- und Ausland «unter Berücksichtigung von Nachhaltigkeit, Qualität, Innovation und Kosten», teilt eine Sprecherin auf Anfrage mit. So wolle man sicherstellen, dass man den Kunden die beste Qualität biete – und dass die Toblerone-Herstellung in Bern «wettbewerbsfähig» bleibe. Ein Grossteil der dreieckigen Schoggi wird nach wie vor in der Fabrik in Bern-Brünnen produziert.

Zu schaffen machen den Schoggiproduzenten die Kakaopreise, die vergangenes Jahr explodiert sind. «Die Hersteller stehen derart unter Druck, dass sie jede Möglichkeit ausschöpfen, einige Rappen zu sparen», sagt Kohler. Und Milchpulver aus dem Ausland ist günstiger als jenes aus der Schweiz. Mondelez mache darum schon seit Jahren Druck auf die Schweizer Milchproduzenten.

Diese fürchteten die Abkehr von Schweizer Rohstoffen, seit der Konzern vergangenen Sommer das Toblerone-Werk in Bratislava eröffnet hat. Damit erfüllt die Schoggi nicht mehr die strengen Swissness-Anforderungen – woraufhin das Verpackungsdesign angepasst wurde und man damit auch an keine Vorgaben bezüglich der Herkunft der Zutaten mehr gebunden ist.

Immer mehr Milchpulver aus dem Ausland

Um die Wettbewerbsnachteile von Schweizer Milchpulver auszugleichen, gibt es einen Fonds, aus dem Schweizer Nahrungsmittelexporteure Geld erhalten, wenn sie Schweizer Rohstoffe verwenden. Diese Exportbeiträge decken nicht die ganzen Mehrkosten, aber einen Teil.

Statistiken zeigen, dass trotzdem immer mehr Milchpulver aus dem Ausland in die Schweiz gelangt, um hier verarbeitet zu werden und dann als fertiges Produkt wieder exportiert zu werden. Veredelungsverkehr nennt sich das. 2023 hat sich dieser beim Milchpulver im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdoppelt.

In der ersten Jahreshälfte setzte sich dieser Trend fort. Derweil wird in der Schweiz weniger Milchpulver produziert. Es wird nicht nur für die Schoggiproduktion, sondern beispielsweise auch für die Herstellung von Babynahrung, Fertigprodukten und als Futtermittel für Kälber verwendet.

Die grossen Schweizer Schoggihersteller neben Mondelez – Lindt & Sprüngli, Frey und Cailler – sagen auf Nachfrage, dass sie nur Schweizer Milch bzw. Milchpulver für ihre Schoggi verwenden. Es wird deshalb vermutet, dass ein Teil der Toblerone in Bern möglicherweise schon jetzt mit ausländischem Milchpulver produziert werden könnte. Belegen lässt sich das nicht.

Branche sucht eine Lösung

Auch wenn der Trend schon länger besteht, nähmen die Importe nun eine neue Dimension an, sagt der oberste Milchproduzent Stephan Hagenbuch. Die Branche versucht derzeit, eine Lösung zu finden, um einen Toblerone-Gau zu verhindern. Konkret sollen, so Kohler, die von der Branche finanzierten Exportbeiträge für Schweizer Milchprodukte erhöht werden.

«Wir werden für die Schweizer Schoggi kämpfen», sagt Hagenbuch. Denn kommt nebst dem Kakao auch die Milch aus dem Ausland, ist es, so findet er, keine Schweizer Schoggi mehr.

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