Es brodelt bei den Schweizer Bauern. Zwar ist ihr Protest leiser und zivilisierter als in Frankreich oder Deutschland. Doch auch hier gehen Landwirte auf die Strassen. «Ohne Bauern kein Essen», schreiben sie auf Transparente. Mit Traktoren-Demos, Fackelmärschen und Lagerfeuern fordern sie «gerechte Entlöhnung».
Schon jetzt erhalten die Bauern Direktzahlungen aus Steuermitteln – nicht zuletzt die bäuerlichen Parlamentarier: Allein sie bezogen im vergangenen Jahr knapp 1,2 Millionen Franken, wie aus Informationen von Blick gestützt auf das Öffentlichkeitsgesetz hervorgeht
Zwei Parlamentarier wollen die Höhe ihrer Direktzahlungen geheimhalten, und zwar die SVP-Nationalräte Thomas Stettler (54) und Didier Calame (51). Spitzenreiter unter den Bezügern von Direktzahlungen ist ein Parteifreund der beiden, der Waadtländer SVP-Nationalrat Sylvain Freymond (39) – er kommt auf knapp 170'000 Franken pro Jahr aus Steuermitteln. Auf seinem Hof stehen 230 Rinder: 80 Kühe für die Milch-, 30 für die Fleischproduktion und 120 Kälber. Freymond zeigt grosses Verständnis für die Bauernproteste: «Die Bürokratie frisst uns auf. Wir brauchen weniger Vorgaben, weniger Verwaltung und faire Löhne.»
Die Branchenorganisation Milch (BOM) sagte am Freitag zu, drei Rappen mehr für jeden Liter Milch zu zahlen, allerdings erst ab Juli. Bauernvertreter hatten eine sofortige Preiserhöhung um vier Rappen gefordert. Freymond warnt vor einer Milchbüchleinrechnung: «Eigentlich bekommen wir nur einen halben Rappen mehr. Denn letztes Jahr wurden uns zwei Rappen gestrichen – und ein halber Rappen geht für die Butter drauf. Natürlich ist ein halber Rappen mehr besser als nichts, aber das kann nur der Anfang sein.» Freymond betont, Direktzahlungen seien kein Geschenk, sondern Kompensation für Gewässerschutz und ökologisches Arbeiten. Er ist überzeugt: Die Bauern verdienen mehr Wertschätzung und höhere Löhne.
Für kurzfristige Erhöhungen fehle die gesetzliche Grundlage
Markus Ritter (56), Präsident des Schweizer Bauernverbandes, fordert von den Protestierenden: Demos ja, aber bitte auf sympathische Art. Der Mitte-Nationalrat will den Klimakleber-Effekt verhindern: Mit militanten Aktionen verscherzten es sich die Aktivisten mit der Bevölkerung, obwohl die Mehrheit das Klima schützen will.
2022 kassierte Ritter 83'262 Franken Direktzahlungen. Mittlerweile hat er den Hof seinen Söhnen Adrian und Daniel übergeben, für 2023 sind daher keine Zahlen mehr verzeichnet. Ritter ist überzeugt: Die Drei-Rappen-Erhöhung sei «nur ein erster Schritt, um bei der Milch unsere Mehrkosten besser decken zu können. Weitere Schritte müssen folgen». Bei anderen Produkten, so Ritter, brauche es «fünf bis zehn Prozent höhere Preise. Die Verhandlungen dazu müssen nun intensiv geführt werden».
Die Branchenorganisation BOM rief am Freitag den Bund auf, auch die Verkäsungszulage um drei Rappen pro Kilogramm Milch zu erhöhen, «um die angespannte wirtschaftliche Situation der Milchproduzenten zu verbessern». Gegenüber Blick erteilt Bundesrat Guy Parmelin (64) dieser Forderung eine Absage. Für kurzfristige Erhöhungen fehle die gesetzliche Grundlage. Das Gesetz lege die Verkäsungszulage auf 15 Rappen fest.
«Bis zu einem Parlamentsentscheid über eine entsprechende Anpassung des Landwirtschaftsgesetzes kann die Verkäsungszulage nicht erhöht werden», sagt Parmelin. «Die Erhöhung der Verkäsungszulage um drei Rappen würde die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler geschätzte 50 bis 60 Millionen Franken zusätzlich kosten.» Der SVP-Bundesrat ist überzeugt: Mittelfristig hätte eine Erhöhung negative Auswirkungen auf das Gleichgewicht zwischen Käseproduktion und Butterversorgung. «Eine Erhöhung der Verkäsungszulage würde die inländische Butterproduktion schwächen. Die Versorgungssicherheit mit inländischer Butter wäre langfristig gefährdet.»