Die Bauernproteste gehen weiter – dabei haben die Landwirte am Freitag einen weiteren Erfolg erzielt. Der Milchpreis steigt ab Juli um drei Rappen auf 82 Rappen pro Kilo. Was für Laien nach wenig klingen mag, ist aus Sicht des Zürcher Bauernverbands-Präsidenten Martin Haab (61) «ein starkes Zeichen». Denn die Landwirte haben zwar vier Rappen mehr gefordert, und das bereits ab April – aber eigentlich bereits mit einer Nullrunde gerechnet.
In Erwartung der Niederlage hatten die Zürcher Bauern für Freitagabend zu Protestmärschen aufgerufen. Und diese fanden dann auch statt, ungeachtet des gefundenen Kompromisses am Verhandlungstisch. Denn zufrieden ist man immer noch nicht. In Affoltern am Albis, Bülach und Hinwil fanden «Mahnmärsche» statt und es wurden Feuer entzündet. Mehrere Hundert Bauern versammelten sich an den drei Kundgebungen. Der Zürcher Bauernverband (ZBV) hatte über 1000 Teilnehmende erwartet.
Protest richtet sich gegen Grossverteiler
Es solle ein «sympathischer, friedlicher Auftritt» werden, lautete die Ansage des Bauernverbands an seine Mitglieder. Traktoren waren explizit unerwünscht. Man wollte auf keinen Fall die Bevölkerung gegen sich aufbringen.
Die Wut der Bauern richtet sich, anders als bei den Bauernprotesten in anderen Ländern, nicht primär gegen die Politik, sondern vor allem gegen die Grossverteiler. Die Landwirte werfen ihnen vor, auf ihrem Buckel überrissene Margen abzuschöpfen. Der Bauernverband fordert, dass die Landwirte fünf bis zehn Prozent mehr für Getreide, Schlachtvieh oder eben Milch erhalten.
Schon der zweite Sieg
Die Forderung nach höheren Produzentenpreisen ist nicht neu. Ebenso wie der Ärger der Landwirte über die stetig steigende Zahl an neuen Vorschriften. Was Letzteres betrifft, haben die Bauern diese Woche ebenfalls einen überraschenden Sieg verbuchen können. Der Nationalrat sprach sich dafür aus, eine neue Öko-Vorschrift für Äcker zu kippen, noch bevor sie überhaupt in Kraft getreten ist.
Bauernverbandspräsident Markus Ritter (56) ist überzeugt, dass die Bauernproteste der vergangenen Wochen den Ausschlag gegeben haben. Und auch den überraschenden Kompromiss beim Milchpreis dürfte, glaubt der Zürcher Milchbauer Martin Haab, auf die Proteste zurückzuführen sein. So hatten sich am Vorabend der Verhandlungen schweizweit Hunderte Bauern mit ihren Traktoren versammelt, um – unter anderem – höhere Milchpreise zu fordern. «Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass der Druck der Basis dazu beigetragen hat, dass wir nun bald mehr Geld für unsere Milch bekommen.»