Auf einen Blick
- Bund vergibt 150-Millionen-Auftrag an Microsoft ohne Ausschreibung
- Kritik an Abhängigkeit von IT-Firmen und fehlendem Wettbewerb
- Grünen-Nationalrat fordert Alternativen mit Open-Source-Technologien
Der Auftrag ist lukrativ: Für 150 Millionen Franken erwirbt der Bund dreijährige Software-Lizenzen für Büroprogramme. Kurz vor Weihnachten publizierte er die Vergabe. Sie ging an Microsoft.
«Was für ein fettes Weihnachtsgeschenk von uns Steuerzahlenden», schreibt Matthias Stürmer (44), Professor für Digitalisierung an der Berner Hochschule auf LinkedIn. «Alles natürlich ohne Ausschreibung, ohne Wettbewerb, aus reiner Abhängigkeit.»
Tatsächlich ist etwas auffällig: Damit Microsoft den 150 Millionen schweren Auftrag erhielt, musste sich der IT-Gigant nämlich nicht wettbewerblich durchsetzen. Das Bundesamt für Bauten und Logistik (BBL) hat den Auftrag einfach freihändig vergeben.
Vergabe ohne Wettbewerb
Eigentlich liegt das Auftragsvolumen ein Vielfaches über dem Schwellenwert für eine öffentliche Ausschreibung: Dienstleistungen ab dem Betrag von 230'000 Franken müssten gemäss Gesetz öffentlich ausgeschrieben werden. Das soll zu einem Wettbewerb zum Vorteil der Steuerzahlenden führen. Ausnahmen sind nur in wenigen Fällen erlaubt – etwa, wenn nur ein einziger Anbieter infrage kommt.
So begründet das BBL den Freihänder auch: Aufgrund der «tiefen Integration in die bestehende Systemlandschaft, sowie den vielschichtigen Abhängigkeiten bei den Fachanwendungen» gebe es zurzeit keine andere Möglichkeit, mit der ein lückenloser Betrieb sichergestellt werden könne.
Illegal ist das Vorgehen nicht. Aber: «Solche Aufträge freihändig zu vergeben, sollte eine Ausnahme sein», sagt Stürmer zu Blick. «In der Informatik gibt es aber einen sehr hohen Anteil an freihändigen Vergaben. Sie gehen nicht nur an Microsoft, sondern auch an SAP oder Adobe.» Zudem habe ihn der Auftrag an Microsoft speziell erstaunt. «Der Umfang ist riesig und wurde nur kurz vor Weihnachten publiziert. Da haben die wenigsten Leute die Möglichkeit, Beschwerde einzureichen.»
Microsoft-Vergabe beschäftigte schon das Gericht
Es ist nicht das erste Mal, dass ein Behördenauftrag unter der Hand an Microsoft geht. Für grosses Aufsehen sorgte ein Fall im Jahr 2009. Damals vergab der Bund einen dreijährigen Auftrag an Microsoft in der Höhe von 42 Millionen Franken ohne öffentliche Ausschreibung.
Mehrere Anbieter von Open-Source-Software reichten darauf Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht ein. Dieses stoppte den Auftrag mit einer superprovisorischen Verfügung. Die Beschwerde wurde später allerdings abgewiesen, weil die Open-Source-Anbieter laut dem Gericht keine Legitimation als Beschwerdeführer hatten.
«Der Bund ist fremdbestimmt»
Grünen-Nationalrat Gerhard Andrey (49) kritisiert die Abhängigkeit des Bundes gegenüber grossen IT-Anbietern. Es gebe nämlich mittlerweile sehr gute Alternativen auch aus der Schweiz, zum Beispiel im Office-Bereich. «Die grossen Digitalkonzerne sind aber sehr gut darin, sich als vermeintlich alternativlos zu platzieren. Sie bauen durch die Hintertür ständig neue Produkte ein und der Bund ist gezwungen, diese zu erwerben. Damit wird er fremdbestimmt.»
Laut Andrey muss der Bund nun vorwärtsmachen, um den IT-Giganten etwas gegenüberzustellen und damit unabhängiger zu werden. Speziell hofft er auf die Swiss Government Cloud, die gerade im Aufbau ist. Die Cloud soll eine zentrale IT-Infrastruktur für Behörden bieten und gemäss Auftrag des Parlaments mit Schweizer Unternehmen und Open-Source-Software aufgebaut werden. Der Quellcode solcher Software ist für jedermann frei nutzbar und kann vor Ort weiterentwickelt werden.
Auch der Bund ist sich offenbar des Problems bewusst. «Es gibt bereits Bestrebungen, Abhängigkeiten von einzelnen Anbietern zu reduzieren», erklärt das BBL auf Anfrage. Der Einsatz von Open-Source-Software soll aktiv gefördert werden. Dieses Jahr will man sich dafür verstärkt international austauschen.