«Müssen jetzt alles tun, um eine Mangellage zu verhindern»
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Bundesrat Guy Parmelin:«Müssen jetzt alles tun, um eine Mangellage zu verhindern»

Drohender Energiemangel im Winter
Wie der Bundesrat 15 Prozent Gas sparen will

Ein erster Schritt wäre freiwilliges Sparen, sollte es im Winter zur Gasmangellage kommen. Nützt das nichts, sind für den Bundesrat auch Verbrauchsverbote denkbar.
Publiziert: 24.08.2022 um 16:00 Uhr
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Aktualisiert: 25.08.2022 um 07:24 Uhr
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Es könnte kalt und dunkel werden. Der Schweiz droht im Winter eine Strommangellage.
Foto: imago/Christian Ohde

Nun braucht es einmal mehr die Solidarität von uns allen. Wirtschaftsminister Guy Parmelin (62) betonte es am Mittwoch vor den Medien gleich mehrfach. Denn auf die Schweiz könnten dunkle Zeiten zukommen. Schon im Winter könnten Strom und Gas knapp werden. Gerade auch, weil Russlands Präsident Wladimir Putin (69) Europa den Gashahn jederzeit zudrehen kann.

Der Bundesrat ergreift daher kurzfristige Massnahmen, damit es im nächsten Winter nicht zu Engpässen kommt. Mit einem mehrstufigen Notfallplan will der Bundesrat die drohende Mangellage vermeiden.

Stufe 1: Freiwillig sparen

Ab Anfang Oktober bis Ende März 2023 sollen Behörden, die Wirtschaft und auch Privathaushalte sparsamer mit Gas umgehen. «Die Bundesverwaltung soll dabei mit gutem Beispiel vorangehen», betonte Energieministerin Simonetta Sommaruga (62). Das freiwillige Sparziel von 15 Prozent entspricht jenem der EU. Das wäre auch ein Signal an unsere Nachbarstaaten. Denn die Schweiz ist beim Gas vollständig von Importen aus dem Ausland abhängig.

Das grösste Einsparpotenzial gibt es bei der Raumwärme. Ein Grad weniger heizen spart bis zu sechs Prozent Energie. Zudem bereitet der Bundesrat ein Sparprogramm für die Verwaltung vor. Es soll weniger geheizt werden und sparsamer mit dem Licht umgegangen werden. Auch sollen Computer, die nicht zwingend in Betrieb sein müssen, abgeschaltet werden. Parmelin sprach von «Selbstdisziplin und Genügsamkeit».

Im Visier hat der Bundesrat bis jetzt ausschliesslich Gas. Beim Strom bestehe derzeit deutlich weniger Dringlichkeit, erklärte SP-Bundesrätin Sommaruga. Die Stauseen würden ja derzeit gefüllt im Hinblick auf einen möglichen Strom-Engpass Ende Winter.

Stufe 2: Umschalten von Gas auf Öl

Im Fokus steht hier die Industrie. Mit einer freiwilligen Umschaltung von Zweistoffanlagen von Gas auf Öl könnten beträchtliche Gasmengen eingespart werden, zeigt sich der Bundesrat überzeugt. Laut Parmelin liegt hier das Sparpotenzial bei 25 Prozent. Gleichzeitig komme die Schweiz nicht um eine Absicherung mit Reservekraftwerken herum, die mit Öl statt Gas laufen, ergänzte Sommaruga. «Es wäre fahrlässig, darauf zu verzichten.»

Stufe 3: Luxus-Verbote

Nützt der freiwillige Sparappell zu wenig und das Gas wird dennoch knapp, dann könnte der Bundesrat auch Verbrauchsverbote erteilen. Denkbar wäre etwa das Verbot von Terrassen-Heizstrahlern oder die Schliessung von Sport- und Wellness-Bereichen. Die konkreten Verordnungsentwürfe sollen kommende Woche in die Konsultation gehen. Dann können sich die Kantone und andere betroffenen Kreise zu den Vorschlägen äussern. Erst danach werden die definitiven Massnahmen beschlossen.

Es sei aber nicht vorgesehen, dass der Bundesrat in privaten Wohnungen eine Absenkung der Raumtemperatur etwa auf 16 Grad anordnet, versicherte Parmelin. Man könne sich hingegen fragen, ob der private Swimmingpool noch geheizt werden darf, ergänzte Sommaruga. Hier gehe es um «kleinere Komforteinbussen».

Stufe 4: Kontingentierung

Wenn das alles nicht reicht, zieht der Bundesrat die Schraube noch weiter an. Mit Kontingentierungen könnte der Gasverbrauch weiter reduziert werden. Betroffen wären alle Verbraucher, mit Ausnahme der geschützten Kunden wie der Haushalte, Spitäler oder Blaulichtorganisationen. Die betroffenen Unternehmen hätten aber die Möglichkeit, nicht genutzte Kontingente über einen Pool zu erwerben. Der Bundesrat hofft, volkswirtschaftliche Schäden so verringern zu können.

Klar aber sei auch: Wenn die kalte Jahreszeit überstanden sei, sei das Problem damit längst nicht gelöst. Die Energiekrise sei ein Signal, jetzt vorwärtszumachen und mehr Energie in der Schweiz selber zu produzieren, betonte Sommaruga. Daher sei es dem Bundesrat ein grosses Anliegen, beim Ausbau der erneuerbaren Energien viel rascher vorwärtszumachen. so dürften etwa anstehende Wasserkraft-Projekte nicht weitere Jahre auf ihre Realisierung warten. Gleichzeitig aber müsse es auch das Ziel bleiben, Energie einzusparen. «Wir müssen aufhören, Energie zu verschwenden, auch das hilft, den Engpass zu vermeiden.»

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