Bei der 13. AHV-Rente kommt es zur spektakulären Kehrtwende: Für die «Dreizehnte» sollen keine Lohnbeiträge beigezogen werden, stattdessen soll der Rentenzustupf einzig über eine höhere Mehrwertsteuer finanziert werden.
Um wie viel die Mehrwertsteuer erhöht werden soll, will der Bundesrat im Herbst entscheiden. Bis dann muss SP-Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider (60) ihre Botschaft präsentieren. Allerdings soll die Erhöhung nur so stark ausfallen, dass im Jahr 2030 ein Fondsstand von 100 Prozent erreicht wird. Einen konkreten Wert wollte Baume-Schneider vor den Medien in Bern nicht nennen. Sie sagte lediglich: «Das Ziel ist klar, wir wollen die finanzielle Stabilität der AHV sicherstellen.» Mit der vorgeschlagenen Variante dürfte eine Erhöhung der Mehrwertsteuer um die 0,6 Prozentpunkte realistisch sein.
In der Vernehmlassung hatte die Sozialministerin noch ganz andere Varianten präsentiert. Als Linke lag ihre Präferenz bei zusätzlichen Lohnprozenten, weil hier hohe Einkommen besonders stark mitzahlen. Allenfalls kombiniert mit einer Mehrwertsteuer-Erhöhung.
Gegen zusätzliche Lohnprozente gingen insbesondere SVP, FDP und Wirtschaftsverbände auf die Barrikaden. Nicht nur Erwerbstätige sollten die 13. AHV-Rente finanzieren, auch die Rentner müssten über die Mehrwertsteuer ihr Scherflein beitragen.
Bürgerliche Bundesräte machen Druck
Im Bundesrat wurde Baume-Schneiders Lieblingslösung vom Tisch gewischt und die Kombilösung gleich mit. Auf Druck der bürgerlichen Bundesräte kommt nun die reine Mehrwertsteuer-Variante zum Zug. Jene, die Baume-Schneider am wenigsten wollte. Das zeigen auch verwaltungsinterne Unterlagen, die Blick vorliegen.
Bereits früher hatte sich nämlich das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) im Departement von SVP-Bundesrat Guy Parmelin (64) dafür starkgemacht, dass eine reine Mehrwertsteuer-Variante auf den Tisch kommt. Um die 13. AHV-Rente vollständig über die Konsumsteuer zu finanzieren, müsste sie um gut 1 Prozentpunkt erhöht werden – das entspricht gegen vier Milliarden Franken.
Baume-Schneider stellte sich damals aber noch dagegen. Auf die Mehrwertsteuer zugunsten der AHV sei bisher «immer aus demografischen Gründen» zurückgegriffen worden, heisst es in den Unterlagen. Mit Blick auf die 13. AHV-Rente sei diese Option aber weniger gerechtfertigt, ziele die Initiative doch darauf ab, den Kaufkraft-Verlust der Rentner zu bekämpfen. Mit einer höheren Konsumsteuer würden zudem die Preise steigen und insbesondere Einkommensschwache an Kaufkraft verlieren. Und sowieso dürfte bei der nächsten AHV-Reform aus demografischen Gründen eine weitere Mehrwertsteuer-Erhöhung zugunsten der AHV erforderlich sein.
Ihr Widerstand war dem Vernehmen nicht allzu gross. Ihre Lieblingsvariante war chancenlos. Und die Kombi-Lösung hätte für die Wirtschaft bei der Umsetzung einen übermässigen Aufwand bedeutet. Daher kann sie auch mit der Mehrwertsteuer-Variante leben. Hauptsache, die AHV erhält mehr Geld.
Einen Marschhalt, wie nach dem jüngst publik gewordenen AHV-Verrechner gefordert wurde, will sie nicht einlegen. Klar ist nämlich: Im Dezember 2026 wird die «Dreizehnte» erstmals ausbezahlt – und die kostet 4 bis 5 Milliarden Franken jährlich. Auch wenn die AHV bis 2033 um insgesamt 14 Milliarden Franken besser dasteht, als bisher gedacht, kehrt das Umlageergebnis schon ab 2026 ins Minus. Da will Baume-Schneider nicht länger zuwarten.
Bund soll weniger in die AHV zahlen
Der Sparkurs der Regierung schlägt auch bei der AHV-Finanzierung durch. Aktuell bezahlt der Bund jährlich 20,2 Prozent der AHV-Ausgaben aus der Bundeskasse – rund 10 Milliarden Franken im vergangenen Jahr. Durch die 13. Rente wird das Bundesbudget mit gegen 1 Milliarde Franken zusätzlich belastet.
Angesichts der klammen Kasse hat insbesondere Finanzministerin Karin Keller-Sutter (60) auf eine Gegenfinanzierung gedrängt. Ursprünglich sollte der Bundesbeitrag an die AHV ab 2026 temporär auf 18,7 Prozent sinken. Doch dass sich der Bund hier aus der Verantwortung schleichen will, stösst auf breiten Widerstand. Nun kommt der Bundesrat den Kritikern etwas entgegen: Der Bundesbeitrag soll nur noch auf 19,5 Prozent sinken. Im Jahr 2030 würde er damit 500 Millionen Franken an die «Dreizehnte» beitragen.
Bis im Herbst muss Baume-Schneider nun eine Botschaft ausarbeiten, sodass die beiden Räte die Vorlage in der diesjährigen Wintersession und der Frühlingssession 2025 beraten können. Geplant sind zwei separate Vorlagen: Einerseits, ab wann die 13. AHV-Rente ausbezahlt werden soll, andererseits für die Spezialfinanzierung. Eine Änderung der Mehrwertsteuer muss zwingend vors Volk.
Sollte diese von der Bevölkerung an der Urne versenkt werden, müsste schnell eine alternative Finanzierungsmöglichkeit gefunden werden, erklärte Baume-Schneider. Denn klar sei: «Das Volk hat die Auszahlung einer 13. AHV-Rente ab 2026 beschlossen – das gilt es zu respektieren.»