Auf einen Blick
- Bundesrätin Viola Amherd kündigt überraschend Rücktritt an
- Amherd war bis 2024 Bundespräsidentin und einziges Mitte-Mitglied im Bundesrat
- 61-jährige Walliserin gehörte dem Gremium seit Anfang 2019 an
Es dauerte über 24 Minuten, bis Mitte-Bundesrätin Viola Amherd (62) die Bombe platzen liess. Zuvor referierte die Verteidigungsministerin in seelenruhig über ein neues Dienstpflichtmodell, nur um dann die Worte zu sagen, über die Bundesbern schon seit Monaten spekulierte. «Ich habe heute die Präsidenten von Nationalrat und Bundesrat über meinen Rücktritt per 31. März 2025 informiert.»
«Ich will nicht behaupten, alles war perfekt», zog sie kurz Bilanz. Wo gearbeitet werde, könne auch Fehler passieren. «Die Armee macht aber einen guten Job.» Das zeige sich unter anderem bei Covid oder den Waldbränden.
Mehr Geld für die Armee
Erst am Samstag hatte die SVP die Mitte-Bundesrätin zum Rücktritt aufgefordert. Die Juristin und ehemalige Stadtpräsidentin von Brig sagt jedoch, sie habe länger darüber nachgedacht. Nach über 30 Jahren in der Politik sei es Zeit, Platz zu machen für jemanden neues. Der Zeitpunkt des Rücktritts sei der einzige, den eine Bundesrätin selbst wählen könne.
Wichtig sei es gewesen, dass nun mehr Geld für die Armee zur Verfügung steht, wie das Parlament im Dezember entschieden hat. Als weiteren wichtigen Punkt in ihrer Amtszeit erwähnte sie unter anderem die Schaffung des Staatssekretariat für Sicherheitspolitik, aber auch Verbesserungen bei den Abläufen der Rüstungsbeschaffung oder die Stärkung der internationalen Zusammenarbeit.
In der nächsten Session wird also gewählt. Die Zeitspanne bis dahin ist nur kurz. «Die Abläufe sind klar», so Amherd. Wenn sich jemand interessiere, müsse die Person ihre Überlegungen so oder so machen. «Ob man eine Woche oder zehn Wochen Zeit hat... Es ist besser, wenn man nur eine Woche Zeit hat.» Die Wahl findet Mitte März statt.
Pfister als Favorit
Praktisch mit der Rücktrittsankündigung beginnt das Kandidatenkarrussell zu drehen. Im Fokus: Noch Mitte-Präsident Gerhard Pfister. Er hatte selbst erst vor wenigen Tagen seinen Rücktritt aus dem Parteiamt bekanntgegeben. Einen Wunschnachfolger gebe es nicht, so Amherd, sie sei «wunschlos glücklich» – nur aus der Mitte-Partei soll er kommen.
Auf Blick TV schätzt Politologin Sarah Bütikofer den Rücktritt ein: Er reihe sich ein in die Tradition von Mitte-Bundesräten ein, die öfters während der Session zurücktreten.
Die SVP hatte Amherd kürzlich zum Rücktritt aufgefordert. Ob das ein Zusammenhang hat, werde man wohl nie erfahren. Aber: «Natürlich sind auch Bundesräte am Abend allein Personen, die sich mit den Vorwürfen beschäftigen müssen», sagt Bütikofer.
Für Politologin Bütikofer ist noch nicht sicher, dass Mitte-Präsident Pfister ohne Probleme gewählt wird. Da gebe es bei der Mitte noch weitere Kandidaten. Zudem habe Pfister seinen Rücktritt erst per Sommer gegeben, Amherd will aber schon im März zurücktreten.
Die Mitte hatte lange Zeit eine Bundesrätin. Der Druck, wieder eine Frau aufzustellen, sei darum nicht so gross. Wenn nun aber ein Mann komme, werde die Geschlechterfrage bei der nächsten Vakanz wieder zum Thema werden.