Verletzt die Regierung die Schweizer Neutralität?
Bundesrat soll im Geheimen über Nato-Bündnisfallübung beraten

Verletzt der Bundesrat die Neutralität? Verteidigungsministerin Viola Amherd soll ein als «geheim» klassifiziertes Aussprachepapier in die Regierung einbringen und wolle so die Teilnahme an einer Nato-Bündnisfallübung absegnen lassen. Das VBS dementiert – halbherzig.
Publiziert: 05.11.2024 um 17:59 Uhr
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Aktualisiert: 06.11.2024 um 18:24 Uhr
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Schon heute arbeiten die Schweiz, mit Verteidigungsministerin Viola Amherd, und die Nato, mit Generalsekretär Mark Rutte, zusammen.
Foto: AFP

Auf einen Blick

  • Amherd will Schweizer Offiziere an Nato-Übung teilnehmen lassen
  • Geheimes Aussprachepapier vor Bundesratssitzung übergeben, Teilnahme politisch umstritten
  • Nationalrat stimmte im Sommer für Verbot von Artikel-5-Übungen
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Daniel BallmerRedaktor Politik

Es wäre ein Affront gegenüber dem Parlament und dürfte gleichzeitig die Schweizer Neutralität mehr als nur ritzen. Schritt für Schritt rückt Verteidigungsministerin Viola Amherd (62) näher an die Nato. Der geplante Beitritt zum europäischen Luftverteidigungssystem Sky Shield ist nur ein Beispiel. Der Krieg in der Ukraine habe gezeigt, wie wichtig die internationale Zusammenarbeit sei, begründete Amherd.

Nun aber wolle Amherd noch einen Schritt weitergehen. Wie die «Plattform J» berichtet, habe ihr Verteidigungsdepartement VBS vor der Sitzung vom Mittwoch ein als geheim gekennzeichnetes Aussprachepapier an die Bundesratsmitglieder übergeben. Demnach wolle Amherd offenbar die Teilnahme von Offizieren der Schweizer Armee an einer reinen Nato-Bündnisfallübung durch den Gesamtbundesrat abstützen lassen.

VBS wollte Teilnahme explizit nicht ausschliessen

In verantwortlichen Armeekreisen soll wegen der geplanten Übungsteilnahme die Nervosität derzeit hoch sein. Man scheine sich im Klaren darüber, dass man bezüglich Nato-Kooperation weiter geht, als dies bisher gegenüber Parlament und Öffentlichkeit erklärt wurde. Das Thema ist politisch umstritten und neutralitätspolitisch hochbrisant. Der Nationalrat stimmte im Sommer sogar dafür, die Teilnahme an sogenannten Artikel-5-Übungen zu verbieten. Im September aber wollte der Ständerat dann doch nicht folgen.

Gegenüber Blick will das Verteidigungsdepartement das Thema weder bestätigen noch dementieren. «Wir äussern uns nicht dazu», sagt ein Sprecher. Erst nach Erscheinen dieses Artikels meldet sich das VBS nochmals und erklärt, diesen Mittwoch sei eine allfällige Teilnahme an einer Nato-Bündnisfallübung im Bundesrat kein Thema, ein entsprechendes Papier sei nicht verteilt worden. Gleichzeitig wollte das Verteidigungsdepartement die Teilnahme an Artikel-5-Übungen bisher explizit nicht ausschliessen.

Amherd selber hatte gegen ein Verbot gekämpft

Auch Amherd selber hatte im Parlament gegen ein Verbot von Nato-Bündnisfallübungen gekämpft. Gleichzeitig hatte sie im Sommer versichert, dass diese für die neutrale Schweiz kein Thema seien: «Ich will klar festhalten: Die Schweiz will sich nicht an der Bündnisverteidigung der Nato beteiligen, wir üben nicht die Verteidigung der Nato-Aussengrenzen», hatte sie damals erklärt.

Wie die «Plattform J» hingegen schreibt, soll es um eine Stabs-Übung gehen, also keine Volltruppen-Übung. Sie finde im Rahmen der «NATO Crisis Management Exercise» statt. Solche Übungen, auch mit Schweizer Beteiligung, finden seit Jahren statt. Seit dem Ukraine-Krieg rücken dabei aber militärische Bündnisfall-Übungen in den Mittelpunkt, also gemeinsame Verteidigungsübungen gegen ein attackierendes Russland.

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