Keine Bussen, aber auch keine finanzielle Unterstützung mehr
Das passiert, wenn das Volk das Covid-Gesetz ablehnt

Im Rekordtempo haben Corona-Skeptiker genügend Unterschriften für das Referendum gegen das Covid-Gesetz gesammelt. Was würde sich ändern, wenn die Bevölkerung das Gesetz an der Urne ablehnt? BLICK hat die Antworten.
Publiziert: 12.12.2020 um 15:24 Uhr
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Aktualisiert: 18.03.2021 um 16:26 Uhr
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Die Corona-Skeptiker haben genügend Unterschriften für das Referendum gegen das Covid-19-Gesetz gesammelt.
Foto: Keystone
Noa Dibbasey

In nur einem Monat hat der Verein «Freunde der Verfassung» ganze 50'000 Unterschriften für das Referendum gegen das Covid-19-Gesetz gesammelt. «Und das unter erschwerten Bedingungen», wie Sprecher Christoph Pfluger sagt. Da laufend weitere Unterschriftenbögen eintreffen, habe man zudem einen «Sicherheitspuffer», um allfällige ungültige Unterschriften auszugleichen.

Fest steht also: Die Schweiz stimmt über ein Gesetz ab, das bereits in Kraft getreten ist. Das Covid-19-Gesetz regelt zum Beispiel die Corona-Finanzhilfen für Unternehmen. Laut den sogenannten «Freunden der Verfassung» stellt es aber auch die Weichen für eine Impfpflicht. «Ausserdem haben wir den Verdacht, dass der Bundesrat das Gesetz verlängern will», sagt Pfluger.

Was passiert bei einem Nein?

Deswegen hoffen die Corona-Skeptiker auf die Unterstützung der Bevölkerung. Die Abstimmung über das Covid-Gesetz dürfte voraussichtlich im Juni 2021 stattfinden. Unterstützt wird das Referendum bisher allerdings von keiner Partei.

Und auch die Bundeskanzlei warnt eingehend vor einer Ablehnung. Das Gesetz müsste dann nämlich spätestens per 24. September 2021 ausser Kraft treten – und mit ihm auch sämtliche Verordnungen, die sich darauf abstützen. «Damit fiele die Grundlage für viele derzeit intensiv genutzte Massnahmen zur Eindämmung der Pandemie und ihrer Auswirkungen weg», sagt der Sprecher der Bundeskanzlei, Urs Bruderer.

Dazu gehören etwa die Entschädigung des Erwerbsausfalls von Menschen, die wegen Corona nicht mehr arbeiten können, die Unterstützung der Schweizer Kultur, die Übernahme von Zustellungskosten für Zeitungen oder die Meldepflicht für wichtige medizinische Güter, die Versorgungsengpässe in Spitälern verhindert.

Was ist mit den finanziellen Hilfen?

Am meisten Sorge bereitet der Bundeskanzlei aber die Einstellung der Härtefallregelung. Bei einem Sieg der Referendumsführer wäre die gesetzliche Grundlage für die Auszahlung der Gelder nämlich weg – der Bund könnte dann besonders stark von der Krise betroffenen Menschen keine finanzielle Unterstützung mehr bieten. Wie es bei den einzelnen Kantonen aussieht, kann Bruderer nicht sagen. Diese bezahlen aber nur rund einen Drittel der Härtefallgelder.

Beruhigend sei einzig, dass die Massnahmen nicht rückwirkend aufgehoben würden, sagt Bruderer. Das heisst, dass alle Gelder, die bis nächsten September gesprochen werden, bis zum Tag der Ausserkraftsetzung des Gesetzes rechtens wären.

Drei Monate ohne finanzielle Unterstützung

«Auch die Freunde der Verfassung unterstützen die Finanzhilfen», stellt Referendumsführer Pfluger klar. Sie fänden aber, dass man diese auch auf ordentlichem Weg gesetzlich verankern könne. «Dass sie Teil der dringlichen Verordnung waren, hat uns stutzig gemacht», sagt der Corona-Skeptiker.

Werde das Corona-Gesetz abgelehnt, könne man innerhalb von drei Monaten ein neues zimmern, behaupten die «Freunde der Verfassung». Das hiesse aber, dass die Betroffenen während dreier Monate keine Ergänzungsleistungen erhalten würden. «Sie müssen ja auch schon jetzt lange auf ihr Geld warten», meint Pfluger.

Gelten Corona-Bussen dann nicht mehr?

Und es sind nicht wenige, die diese Meinung vertreten: «Über 2000 sind wir seit kurzem», sagt Pfluger. Ein wichtiger Grund für den Mitgliederzuwachs sind die Corona-Bussen. «Mit dem Ja zu den Corona-Bussen, hat uns das Parlament ein verstecktes Weihnachtsgeschenk gemacht», sagt Pfluger.

Trotzdem sei man natürlich gegen die Bestrafung von Maskenverweigerern. Ironischerweise würde bei einem Nein zum Covid-Gesetz auch die Bussen nichtig. «Die Bestimmungen zu den Bussen würden nach einem Nein zum Grunderlass des Covid-19-Gesetzes ausser Kraft treten», bestätigt Urs Bruderer.

Verhindert das Referendum die Impfpflicht?

Die Corona-Skeptiker befürchten wegen des Covid-Gesetzes schliesslich die Zulassung von «schwach geprüften Impfstoffen». Aber auch Pfluger weiss: Es wird keine Impfpflicht geben. Doch gewisse Aussagen von Politikern lassen ihn und seine Mitstreiter aufhorchen: So sagte CVP-Nationalrätin Ruth Humbel (63) bei «TeleZüri» etwa: «Wer geimpft ist, hätte mehr Freiheiten» – so zum Beispiel der Besuch von Grossanlässen. «Solche Aussagen verletzen wesentliche Grundrechte», gibt Pfluger zu Bedenken.

Mit dem Covid-19-Gesetz habe das aber nichts zu tun, versichert die Bundeskanzlei: «Das Schweizer Recht sieht keinen Impfzwang vor und das Covid-19-Gesetz enthält keine Bestimmungen zum Impfen.» Für bestimmte Personengruppen könne eine Impfung zwar für obligatorisch erklärt werden, erklärt Bruderer. «Daran würde sich durch eine Ablehnung des Covid-19-Gesetzes aber nichts ändern – denn diese Bestimmung ist im Epidemiegesetz festgehalten.»

Freunde der Vernunft in Verhandlungsposition

Letztendlich geht es den «Freunden der Verfassung» aber vor allem ums Prinzip: Denn das Covid-19-Gesetz ist befristet und gilt sowieso nur bis Ende 2021. «Wenn der Bundesrat sich bereit erklärt, einen Schritt auf uns zuzumachen, besteht die Option, dass wir das Referendum zurückziehen», sagt Pfluger. Man sei froh um die Verhandlungsposition. «Wenn nicht, entscheidet im Juni das Volk.»

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