Der Bundesrat will besonders stark von der Corona-Krise betroffene Unternehmen nun doch stärker unterstützen. Statt nur 400 Millionen Franken sollen Bund und Kantone bis zu 1 Milliarde Franken für Härtefälle bereitstellen.
Dies in zwei Tranchen. Die ersten 400 Millionen sollen schon ab Dezember zu fliessen beginnen. Gestützt auf das aktuelle Covid-19-Gesetz wird der Zustupf von Bund und Kantonen je hälftig getragen.
In einer zweiten Tranche werden weitere 600 Millionen Franken folgen, von welchen der Bund 80 Prozent und die Kantone 20 Prozent übernehmen. Für diesen neuen Verteilschlüssel muss das Covid-19-Gesetz in der Wintersession angepasst werden.
Unter dem Strich zahlt der Bund 680, die Kantone 320 Millionen. Zudem wird die Liste der namentlich genannten Härtefall-Branchen um die Gastro- und Hotelleriebranche erweitert. In Frage kommen im Grundsatz aber nur Unternehmen, die einen Jahresumsatz-Rückgang von über 40 Prozent erlitten haben – und die vor der Corona-Krise profitabel oder zumindest überlebensfähig waren.
Kantonaler Flickenteppich
Die konkreten Details will der zuständige SVP-Finanzminister Ueli Maurer (69) in der Härtefallverordnung regeln, die der Bundesrat nächste Woche verabschieden soll. Klar ist aber jetzt schon, dass die Kantone einen gewissen Spielraum bei der Umsetzung erhalten. Nicht nur dass die Teilnahme der Kantone freiwillig ist. Auch die Ausgestaltung ist offen: Möglich sind etwa rückzahlbare Darlehen, Bürgschaften oder A-fonds-perdu-Beiträge, die nicht zurückbezahlt werden müssen.
Damit droht ein neuer Flickenteppich samt Wettbewerbsverzerrungen. «Es gibt unterschiedliche Probleme in den Kantonen, deshalb wird es auch unterschiedliche Lösungen geben, das nehmen wir in Kauf», sagt Maurer. «Wir beschreiten damit den Weg des Föderalismus, den wir auch andernorts gehen.» In solchen Situationen gebe es immer Abgrenzungsprobleme.
Maurer sieht die Kantone nun in besonderer Verantwortung. Sie müssten bei jedem Gesuch genau hinschauen. Er macht klar: «Die Kantone müssen auch mal Nein sagen. Nicht jeder Härtefall verdient die Unterstützung der Steuerzahler.»
Kantone am Drücker
Ab Dezember sind die Kantone am Drücker. Einige von ihnen haben schon im Frühjahr Hilfsfonds geäufnet, die noch nicht leer sind. Der Aargau etwa hat im Sommer 150 Millionen Franken gesprochen, von denen 125 Millionen noch übrig sind und nun für Härtefälle zur Verfügung stehen.
Luzern entscheidet im Dezember über ein 25-Millionen-Härtefallpaket. Das Wallis hat bereits ein neues 29-Millionen-Paket abgesegnet. Und Zug setzt für sein Härtefall-Programm 44 Millionen ein, die ab Dezember fliessen sollen.
Der Kanton Zürich wiederum will zwar 200 Millionen Franken sprechen, aber erst ab Februar 2021 auszahlen. Und Bern will am Donnerstag über sein Vorgehen informieren.
Auch beim Tempo lässt der Föderalismus grüssen.
«Tropfen auf den heissen Stein»
Ob die Härtefall-Milliarde ausreicht, ist offen. «Das ist im Vergleich mit den bisherigen Ausgaben kein hoher Betrag», sagt Adriel Jost (35), Geschäftsführer der Anlageberatung WPuls. «Das hilft nur einem sehr kleinen Teil der Wirtschaft, auch wenn das Härtefallgeld im Einzelfall einer Firma sehr viel bringen kann.»
Ähnlich tönt es bei Felix Brill (41), Anlagechef VP Bank: «Das ist zwar nur ein Tropfen auf den heissen Stein – vor allem in Anbetracht des Ausmasses der Krise», meint er. «Trotzdem: Eine Milliarde ist viel Geld, man darf jetzt nicht alle Massnahmen kleinreden.»
Kurzarbeit auch für Temporäre
Nicht nur bei den Härtefällen setzt der Bundesrat an, er schafft auch die gesetzliche Basis für eine Neuauflage der Corona-Notkredite – als Vorsichtsmassnahme, sollte es dereinst wieder zu Liquiditätsengpässen kommen.
Nachbessern will der Bundesrat auch bei der Kurzarbeit: Der Anspruch soll wieder auf befristete Arbeitsverhältnisse ausgedehnt werden. Geringverdiener lässt SVP-Wirtschaftsminister Guy Parmelin (61) aber weiterhin hängen. Von einem vollen Lohnausgleich für tiefe Einkommen will er nichts wissen.