«Das Wasser steht uns mehr als bis zum Hals»
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Härtefälle-Branchen:«Das Wasser steht uns mehr als bis zum Hals»

Härtefall-Branchen fordern Soforthilfe vom Bund
«Das Wasser steht uns mehr als bis zum Hals»

Der Bundesrat will besonders stark von der Corona-Krise betroffene Unternehmen mit insgesamt 400 Millionen Franken unterstützen. Das ist zu wenig. «Wenn jetzt keine wirkliche Hilfe komme, gibt es uns bald nicht mehr», warnen die betroffenen Branchen.
Publiziert: 13.11.2020 um 08:51 Uhr
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Aktualisiert: 19.11.2020 um 20:42 Uhr
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Schöne Aussichten für die Reisebranche? Das war einmal.
Foto: Gian Marco Castelberg & Maurice Haas
Ladina Triaca und Noa Dibbasey

Der Bundesrat will besonders stark von der Corona-Krise betroffene Unternehmen mit rund 200 Millionen Franken unterstützen. Derselbe Beitrag soll aus den Kassen der Kantone an die sogenannten Härtefälle fliessen. Doch der Plan, den die Landesregierung erst auf Druck des Parlaments ausgearbeitet hatte, stösst auf heftige Kritik.

Der Verband Hotelleriesuisse fordert allein schon 500 Millionen Franken für die Beherbergungsbranche. Und die Berner Regierung findet, dass allein die Bundesmittel auf mindestens eine Milliarde Franken aufgestockt werden müssten. «Die 200 Millionen werden ein Tropfen auf den heissen Stein sein», heisst es aus der Eventbranche.

Um die prekäre Lage, in der sie sich befindet aufzuzeigen, lud diese – zusammen mit der Reise- und Schaustellerbranche – am Freitag zu einer Medienkonferenz. «Das Wasser steht uns mehr als bis zum Hals», warnte André Lüthi, VR-Präsident von Globetrotter. Die Härtefallregelungen seien viel zu kompliziert und reichten finanziell bei Weitem nicht aus.

«Es braucht sicher eine Milliarde»

Die Forderungen der betroffenen Branchen sind klar: Eine unverzügliche Hilfeleistung sei wichtig. Veranstalter-Legende André Béchir forderte «ein finanziell angemessenes Hilfspaket vor Ende Jahr» – jede zeitliche Verzögerung fordere weitere zahlreiche Opfer.

Ausserdem sei klar, dass das vorgesehene Geld nicht ausreichen werde. Es brauche «sicher eine Milliarde», sagt Lüthi. Max Katz, Präsident des Schweizer Reiseverbands, verlangte je 600 Millionen vom Bund und den Kantonen.

«Der Bund muss den Lead übernehmen»

Ausserdem müsse der Bund den Lead übernehmen. «Ansonsten kann eine Gleichstellung aller Unternehmen auf nationaler Ebene nicht sichergestellt werden», warnt Christoph Kamber, Präsident EXPO EVENT Swiss LiveCom Association.

«Den Unternehmen muss echt und nicht nur scheinweise geholfen werden», kritisiert Kamber. Denn – und das wird in der Medienkonferenz einmal mehr klar – die Situation der Branchen ist katastrophal.

Keine Hilfe vom Bund wäre ein Todesurteil

Die Reisebranche klagt Umsatzeinbrüche von über 90 Prozent. 95 Prozent aller Chilbis und Jahrmärkte wurden abgesagt – für Schausteller ist das ein Todesurteil. «2021 ist keine einzige Veranstaltung gebucht oder in Planung», bemängelt Jörg Gantenbein, Präsident, Schweizer Verband technischer Bühnen und Veranstaltungsberufe.

Wenn jetzt nicht finanziell geholfen würde, müsse der Steuerzahler die Kosten einfach später tragen, warnen die Branchen. Es müsse dann für zahlreiche Arbeitslose aufgekommen werden – und wichtiges Know-How ginge verloren. «Helft uns jetzt und helft uns richtig, sonst fehlt nachher ein wichtiger Teil der Schweizer Kultur», rufen sie auf.

Für dritte und vierte Welle vorbereiten

Die grüne Nationalrätin Regula Rytz (58, BE) teilt die Forderungen der betroffenen Branchen. Die Härtefallregelung sei im Spätsommer erarbeitet worden, als die wirtschaftlichen Folgen der zweiten Corona-Welle noch nicht absehbar waren. «Umso mehr müssen wir das Gesetz jetzt so weitsichtig anpassen, dass sich die Unternehmen auch bei einer dritten oder vierten Welle über Wasser halten können», sagt sie.

Bereits nächste Woche ist Finanzminister Ueli Maurer (69, SVP) in der Wirtschaftskommission zu Gast. Rytz ist zuversichtlich: «Bundesrat Maurer hat bereits angekündigt, dass eine dringliche Änderung des Gesetzes in der Wintersession möglich sei – darauf zähle ich.»

Ticker: PK Schausteller, Event und Reisebranche


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