Erstmals ist die Zahl der neu vermeldeten Corona-Infektionen am Mittwoch auf über 10’000 gestiegen. Und in den Spitälern wird der Platz eng. Doch trotzdem ist es in so manchem Kanton noch möglich, medizinische Behandlungen durchführen, die nicht absolut dringlich sind. Für Gesundheitsminister Alain Berset (48) «nicht akzeptabel» und «unverständlich», wie er vor den Medien kritisiert.
«Wir bieten doch nicht die Armee auf, damit Spitäler Wahleingriffe durchführen können», so Berset. Er ortet zudem einen «Koordinationsmangel» bei der Verteilung der Intensivplätze. Gemeinsam mit der Gesundheitsdirektorenkonferenz GDK hat Berset nun den Kantonen einen Brief geschrieben – offenbar um sie mit klaren Worten an ihre Verantwortung zu erinnern.
Wie lange reicht der Platz?
Weniger klar ist, wie lange der Platz auf den Intensivstationen noch reicht. «Die Kapazitäten können noch ausgebaut werden», sagt Berset. Doch andere warnten längst davor, dass bereits am Sonntag die Überlastung da sein könnte – zuletzt selbst das Bundesamt für Gesundheit (BAG).
Und der von Berset so nachdrücklich geforderte Verzicht auf Wahleingriffe würde laut Taskforce-Chef Martin Ackermann gerade einmal einen Zeitgewinn von 32 Stunden bedeuten. Ein Tropfen auf dem heissen Stein.
Armee hilft aus
Deutlich ist also nur, dass es ernst gilt. Dazu passt auch, dass der Bundesrat erneut den Assistenzdienst der Armee aufbietet, um bei Personalengpässen auszuhelfen. Laut Verteidigungsministerin Viola Amherd werden in bis zu 2500 Armeeangehörige bereitgestellt. Zum Einsatz kommen sollen dieses Mal vor allem Freiwillige mit Erfahrung im Gesundheitswesen. Einen entsprechenden Aufruf hat die Armee bereits gestartet.
Freiburg, Genf, Wallis und Jura haben beim Bund in den vergangenen Tagen Armee-Unterstützung angefordert. Der Bundesrat machte aber klar, dass das Militär nur einspringe, wenn alle anderen Mittel ausgeschöpft sind. Dazu gehört aus Sicht Bersets auch, dass die Kantone einander gegenseitig unter die Arme greifen. Bis jetzt wurde noch kein Gesuch der Kantone bewilligt.
Unterstützung hat Amherd auch den darbenden Sportclubs in Aussicht gestellt, die dank des Veranstaltungsverbots von mehr als 50 Personen «de facto Geisterspiele» durchführen müssen.
Härtefall-Regelung steht
Ebenfalls auf Unterstützung hoffen können Corona-gebeutelte Unternehmen. Laut SVP-Finanzminister Ueli Maurer (69) steht ein Vorschlag für die entsprechende Härtefallregelung. Er warnte aber: «Wir werden nicht jeden Betrieb retten können».
Wie angekündigt, ist eine Aufteilung der Kosten von je 50 Prozent zwischen Bund und Kantonen vorgesehen. Laut Plan des Bundesrats sollen beide Seiten 200 Millionen Franken bereitstellen, die für Darlehen, Bürgschaften oder à-fonds-perdu-Beiträge eingesetzt werden können. Mindestens. Denn Maurer kündigte an, dass der Beitrag auch höher ausfallen kann – und man auch noch einmal über die Kostenverteilung zwischen Bund und Kantonen sprechen könne.
Ebenfalls noch nicht in Stein gemeisselt ist, welche Unternehmen unter die Härtefallregelung fallen. An angesichts der jetzigen Lage ist der Bundesrat bereit, die Definition noch einmal zu überarbeiten. Die Kantone haben nun zehn Tage Zeit, konkrete Änderungsvorschläge zu machen. Danach wird der Bundesrat definitiv entscheiden.