Auf einen Blick
- Philipp Kutter erwägt Bundesratskandidatur
- Kutter: Rollstuhl sollte keine Rolle spielen, aber tue es
- Seit 15 Jahren Stadtpräsident von Wädenswil und seit 2018 im Nationalrat
Kandidiert der Zürcher Mitte-Nationalrat Philipp Kutter (49) für den Bundesrat? Er hat sein Interesse am Sitz der abtretenden Bundesrätin Viola Amherd (62) bekräftigt. Zurzeit prüft er, ob er als Tetraplegiker, der im Rollstuhl sitzt und auf weitere Unterstützung angewiesen ist, für den Bundesrat kandidieren kann. «Der Rollstuhl darf eigentlich keine Rolle spielen», sagte Kutter in einem Interview mit der «NZZ». «Aber er spielt natürlich eine Rolle.»
Kutter wäre der erste Bundesrat im Rollstuhl. Er erlitt im Februar 2023 einen schweren Skiunfall. Seither ist er Tetraplegiker, also vom Hals an abwärts gelähmt. Er geht davon aus, dass der Alltag als Bundesrat für ihn allenfalls sogar einfacher zu organisieren wäre als ein normaler Bürojob. In einem solchen müsse ein Tetraplegiker ganz allein zurechtkommen.
«Ich brauche jemanden, der mich überallhin begleitet. Das erscheint auf den ersten Blick machbar», sagte Kutter. Schliesslich hätten Bundesräte ja immer persönliche Mitarbeiter. Jemand müsste ihm helfen, die Jacke anzuziehen, und ihm das Glas zum Trinken reichen.
«Ich will ernst genommen werden wie alle andern»
Die «NZZ» konfrontierte Kutter mit einem Zitat des früheren deutschen Spitzenpolitikers Wolfgang Schäuble (†81), der nach einem Attentat unterhalb des dritten Brustwirbels gelähmt war und im Rollstuhl sass. Er sagte einst: «Wer so ein hohes Amt hat, muss ertragen, dass diskutiert wird, ob er gesundheitlich, kräftemässig dazu in der Lage ist.» Er könne die Diskussion nachvollziehen, betonte Kutter. «Die Leute fragen sich natürlich: Kann er das? Hat er die körperliche Konstitution?»
Er stelle sich diese Frage selbst und versuche immer, zu belegen, dass es gehe. «Ich mache meine Parlamentsarbeit genau gleich wie alle anderen Parlamentarier. Ich bin präsent. Trotzdem wird diskutiert, das akzeptiere ich.»
Kutter möchte von der Bundesversammlung, die den Bundesrat wählt, unabhängig von seinem Rollstuhl beurteilt werden. «Ich will ernst genommen werden wie alle andern», sagte er. Der Historiker und PR-Berater ist verheiratet und hat zwei Töchter (10 und 12 Jahre).
Grundsätzlich denke er, dass er die nötigen politischen Fähigkeiten mitbringe. Kutter ist seit 15 Jahren Stadtpräsident von Wädenswil ZH, war Fraktionschef der damaligen CVP im Zürcher Kantonsrat und ist seit 2018 im Nationalrat.
Die Nachfolge von Viola Amherd wird im März bestimmt. Bei der Mitte-Partei haben sich zahlreiche politische Schwergewichte bereits aus dem Rennen genommen. Der abtretende Parteichef Gerhard Pfister (62) verzichtet ebenso auf eine Kandidatur wie Fraktionschef Philipp Matthias Bregy (46), Nationalrat Martin Candindas (44) oder die Ständeratsmitglieder Isabelle Chassot (59) und Benedikt Würth (56).