Kampf um Geldtöpfe
Endlich richtige Velostrassen – aber wer zahlt dafür?

Wird es in der Schweiz bald «echte» Velorouten geben? Der Bund arbeitet daran, doch der Velolobby geht das viel zu wenig weit. Und es gibt Streit um die Finanzierung. Die Hintergründe.
Publiziert: 10.04.2025 um 00:59 Uhr
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Aktualisiert: 11.04.2025 um 12:17 Uhr
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Der Dachverband Pro Velo fordert richtige Velostrassen.
Foto: Keystone

Darum gehts

  • Der Dachverband Pro Velo fordert echte Velostrassen mit eigenem Signal
  • Neues Veloweggesetz verspricht bessere Veloinfrastruktur in der Schweiz
  • Die Finanzierungsfrage bleibt weiterhin offen
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Nastasja HofmannRedaktorin Politik

Die ersten sonnigen Wochenenden des Jahres locken zu einem Ausflug auf dem Velosattel. Auch unter der Woche wird das Radfahren immer beliebter, vor allem in den Städten. Dort besitzen gemäss neuen Zahlen 67 Prozent der Bevölkerung ein Velo. Verbände und Organisationen fordern seit Jahren ein besser ausgebautes Velowegnetz.

Das neue Veloweggesetz, das seit 2023 in Kraft ist, verspricht den Velofahrenden viel. Um die Umsetzung des Gesetzes in den Kantonen und Gemeinden zu unterstützen, hat das Bundesamt für Strassen (Astra) ein «Handbuch Velobahnen» herausgegeben. Damit soll der Ausbau der Veloinfrastruktur nach dänischem oder niederländischem Vorbild gelingen. Die darin enthaltenen Empfehlungen gehen dem Dachverband Pro Velo aber nicht weit genug. Er will endlich «echte Velostrassen», wie er festhält.

Echte Velostrassen mit eigenem Signal

Velostrassen wurden vom Astra als teilweiser Ersatz für Velobahnen eingeführt. Der Grund: In Wohnquartieren ist eine «vom Motorfahrzeugverkehr getrennte Führung auf Radwegen meist nicht möglich und auch nicht erstrebenswert», wie es im Handbuch heisst. Das Astra empfiehlt auf diesen Velostrassen Tempo 30, wenig Motorfahrzeugverkehr und Vortritt für den Veloverkehr an Kreuzungen.

Der Velo-Dachverband findet diese Lösung «ungenügend». Er will ein eigenes Signal für Velostrassen. Dieses Signal soll für autofreie Velozonen mit Überholverbot für zugelassene Autos und Vortritt für Velofahrende stehen. Auch das Nebeneinanderfahren soll erlaubt sein. Damit will der Verband deutlich mehr, als bisher vom Astra vorgesehen ist.

Konfrontiert mit der Kritik schreibt das Astra: «Derzeit gibt es in der Schweiz keine Regelung ‹Velostrasse›. Entsprechend geht das Handbuch Velostrassen so weit, wie es heute rechtlich möglich ist.» Der Vorwurf von Pro Velo, die Velostrassen entsprächen nicht den Anforderungen des Veloweggesetzes, wird damit zurückgewiesen.

Zum Stand der Umsetzung des Gesetzes allgemein wird festgehalten, dass die Kantone auf gutem Weg seien. Praktisch alle Kantone geben demnach an, «dass sie bis zum Ablauf der 5-Jahres-Frist des Veloweggesetzes ihrer Planungspflicht nachgekommen sein werden».

Eine positive Dynamik der Kantone im Rahmen des Veloweggesetzes sieht auch SP-Nationalrat Hasan Candan (40), der Vizepräsident von Pro Velo. Allerdings nennen die Kantone gemäss einer Umfrage «mangelnde finanzielle und personelle Mittel als Probleme bei der Umsetzung», wie er festhält. In einem Punkt ist man sich jedenfalls einig: Die Veloinfrastruktur muss und soll verbessert werden. Die grosse Frage dreht sich dabei um das Geld.

Die Finanzierungsfrage gibt zu reden

Bisher bezahlen die Velofahrenden keinen direkten Beitrag an den Ausbau. Pro Velo fordert aber vom Bund, dass die Verkehrsausgaben für die Veloinfrastruktur aus dem Topf für Agglomerationsprogramme mindestens verdoppelt werden. Candan sieht auch die Notwendigkeit, Mechanismen wie die Zweckbindung der Verkehrsausgaben für neue Strassen zu hinterfragen. Bisher dürfen die Einnahmen aus der Mineralölsteuer oder der Autobahnvignette ausschliesslich für den Betrieb und den Ausbau des Strassennetzes verwendet werden.

Es scheint aber eher so zu sein, dass nach Wegen gesucht wird, nicht den Steuerzahlenden, sondern die Velofahrenden zur Kasse zu bitten. Wie Blick publik machte, prüft eine Studie zu «verursachergerechterer Finanzierung von Veloinfrastrukturen» mögliche Abgaben für Velofahrer. Ein neuer Vorstoss von SVP-Nationalrätin Nina Fehr Düsel (44) bringt zudem die Wiedereinführung einer Velovignette ins Spiel, nachdem diese unter anderem wegen zu hohem Verwaltungsaufwand abgeschafft wurde.

Velolobby will keine Finanzierung durch Radfahrende

Eine Mitfinanzierung des Ausbaus durch eine Velosteuer oder eine Vignette lehnt der Verband Pro Velo allerdings grundsätzlich ab. Hasan Candan argumentiert, dass bei verursachergerechter Finanzierung die externen Kosten wie der CO2-Austoss oder die Gesundheitsschäden miteinbezogen werden müssten: «Velofahren ist gesund, klimafreundlich und bringt der Allgemeinheit 25 Rappen pro gefahrenem Kilometer.» Er findet deshalb, dass Verkehrseinnahmen zu einem höheren Teil an die Veloinfrastruktur fliessen müssten. 

Wie die Finanzierungsfrage letztlich gelöst wird, ist offen. Eine Rückkehr zur Velovignette ist aber eher unwahrscheinlich. Vorschläge für verursachergerechte Finanzierungswege werden voraussichtlich erst nach Abschluss der Studie 2026 vorliegen.



 

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