In Sparfuchs-Falle getappt
Wann klaut endlich jemand mein Schrottvelo?

Ein Schnäppchen für 200 Franken ist das neue City-Bike der Beobachter-Juristin. Sie greift zu, auch wenn sie weiss: Billig ist nicht gleich gut.
Publiziert: 15:50 Uhr
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Aktualisiert: 17:20 Uhr
Konsum-Beraterin Norina Meyer hat genug: Das Velo soll weg! (Symbolbild)
Foto: Shutterstock

Darum gehts

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Norina Meyer
Beobachter

Qualität ist mein Mantra – na ja, zumindest bis mein innerer Sparfuchs das Ruder übernimmt. So etwa, als ich mein altes Damenvelo gegen ein fabrikneues City-Bike eintauschen will. Ein besonders attraktives Angebot kitzelt die Schnäppchenjägerin in mir: ein nigelnagelneues Fahrrad in Braun – aktuell meine Lieblingsfarbe – für nur 200 Franken.

Klar, greife ich zu. Vor meinem geistigen Auge gleite ich damit im Sommerkleid und mit frischem Marktgemüse im Körbchen der südfranzösischen Sonne entgegen. 

Schon bald kehrt Trübsal ein

Doch kosten Wunder wirklich nur 200 Franken? Wo wurde es hergestellt? Habe ich ein Rückgaberecht? Ist mir alles egal. Denn mit solch juristischen Prüderien befasse ich mich ja schon beruflich.

Artikel aus dem «Beobachter»

Das ist ein Beitrag aus dem «Beobachter». Das Magazin berichtet ohne Scheuklappen – und hilft Ihnen, Zeit, Geld und Nerven zu sparen.

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Doch die Realität schlägt schneller zu, als ich in die Pedale treten kann. Schon nach zwei verregneten Fahrten ins graue Grossraumbüro – bonjour tristesse – löst sich das Plastik an den Pedalen. Den Dynamo habe ich längst aufgegeben – ihn einzuschalten, ist ein zu grosser Kraftakt für ein so dürftiges Lichtlein. Und die Reifen? Sie verlieren schon beim Anblick einer rauen Strasse die Luft.

«Macht nichts», sage ich mir, «ich werde den Gaul einfach wieder los!» Schliesslich habe ich im Wirtschaftsunterricht gelernt, dass man alles zu Geld machen kann, wenn man es nur gut genug anpreist. Also fotografiere ich das Teil aus den bestmöglichen Winkeln und stelle die Bilder online. 80 Franken lassen sich bei der Auktion schon wieder rausholen, schätze ich.

Tatsächlich buhlen mehrere Kaufinteressenten um das Stück und überbieten sich gegenseitig. Doch meine Zuversicht entpuppt sich als kurzes Aufflackern am Horizont der Ernüchterung: Die Auktion endet mit einem Kaufpreis von läppischen 36 Franken. Zähneknirschend kontaktiere ich die Käuferin, um eine Abholung zu vereinbaren. Doch sie meldet sich nie mehr. Alle meine Nachrichten verhallen im digitalen Nirwana.

Wann kommt endlich ein Dieb?

Also biete ich den Göppel ein weiteres Mal feil, nun für einen symbolischen Franken. Zumindest ein sparsamer Velofahrer mit einem blinden Fleck für Qualität wird sich in diesem Land wohl finden. Irrtum. Nicht einmal für einen lausigen Franken will auch nur eine Seele dieses Höllengefährt haben.

Ich habe den ganzen Aufwand satt – jetzt kann nur noch die «kalte Entsorgung» helfen: Ich stelle das Ding unabgeschlossen an den Strassenrand. Jeden Tag spähe ich aus dem Fenster, voller Erwartung, dass es verschwunden sein könnte. Doch es bleibt stehen, scheint plötzlich zum Mobiliar meiner Strasse zu gehören – wie ein Mahnmal für mein Versagen auf dem freien Markt.

Erst nach zehn Tagen erbarmt sich ein «Dieb». Ich bin erlöst. Die Moral der Geschichte: Ein echtes Schnäppchen erkennt man nicht am Preis, sondern daran, ob man am Ende eher lacht oder weint.

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