«Wir sind nicht 100 Prozent nachhaltig – aber 100 Prozent transparent»: So wirbt die Migros für ihr neues Nachhaltigkeits-Punkte-System «MCheck». Damit werden die hauseigenen Produkte mit ein bis fünf Sternen punkto Tierwohl und Umweltbelastung bewertet. Der Kunde kann so gleich auf der Verpackung die Nachhaltigkeit der Lebensmittel erkennen.
Zu wenig Transparenz für Junge Grünliberale
Die Jungen Grünliberalen fordern schon seit langem, dass Lebensmittelhändler mehr Transparenz zur Nachhaltigkeit der Produkte schaffen. «Die Aktion der Migros finden wir super», erklärt Co-Präsident Tobias Vögeli (25) denn auch – schiebt aber im selben Atemzug ein «eigentlich» hinterher. Leider nämlich nehme es die Migros mit der so prominent beworbenen Transparenz nicht so ernst.
Die Kriterien, mit denen der Lebensmittel-Gigant seine Produkte bewertet, sind aus Sicht der Jungen Grünliberalen undurchsichtig und werden nach Lust und Laune verschieden stark gewichtet. «Teils werden einige Kriterien viermal höher gewichtet als alle anderen», erklärt Vögeli.
Kunden würden in die Irre geleitet
Vor allem mit der Tierwohlbewertung hat der grünliberale Nachwuchs Mühe: So erhält das M-Budget-Poulet beispielsweise 4 von 5 Sternen – obwohl die Hühner in Stallhaltung aufwachsen, die als nicht tiergerecht gilt.
Der Trick: Das Kriterium Kontrolle – also in welchen Abständen die Betriebe kontrolliert werden – wird viel höher gewichtet als etwa die Tierhaltung. Bei anderen Produkten würden hingegen die Kriterien Medikamente oder Platz höher gewichtet als die Kontrolle – so entstehe eine Verzerrung. «Die Sternebewertung der Migros ist also nicht transparent, sondern undurchsichtig und willkürlich», bemängelt Vögeli. Käuferinnen und Käufer würden mit dem Punkte-System in die Irre geleitet.
WWF hat Punkte-System abgesegnet
Für den Kunden im Laden mag das stimmen – auf der MCheck-Website deklariert die Migros aber, dass die zehn Kategorien, die in die Tierwohl-Bewertung einfliessen, nicht alle gleich gewichtet werden. Dass gerade der Bereich Kontrolle eine vergleichsweise hohe Gewichtung hat, erklärt der Lebensmittel-Gigant damit, dass «griffige Kontrollen für die Durchsetzung der entsprechenden Produktionsrichtlinien matchentscheidend sind». Ohne diese würden Missstände in der Tierproduktion nämlich oft zu spät aufgedeckt.
Die Vorwürfe der Jungen GLP kommen für die Migros deswegen überraschend. «Wir haben viel Arbeit investiert, ein durchdachtes, wissenschaftliches Punkte-System zu entwickeln», erklärt Sprecher Patrick Stöpper gegenüber BLICK. Dieses sei mit der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL) ausgearbeitet worden, welche sich keine Willkür erlauben könne. Ausserdem hätten die Klimaorganisation Myclimate und der WWF das System ebenfalls überprüft.
So was gabs noch nie im Schweizer Detailhandel
«Uns ist klar, dass der MCheck Potenzial zur Weiterentwicklung hat – aber wir geben auch an, dass es sich dabei um einen ersten Schritt in die richtige Richtung handelt», führt Stöpper aus. Die Nachhaltigkeitsbewertungen der Migros seien aber durchaus ein Novum im Schweizer Detailhandel.