Auf einen Blick
- Ständeratskommission entscheidet über Aufhebung der Immunität von SVP-Politikern
- Handgemenge, islamkritischer Tweet und Wahlkampagne führten zu Anzeigen
- Vier aktive und ehemalige SVP-Parlamentarier betroffen
Das Gerangel mit Bundespolizisten im Bundeshaus bleibt für die SVP-Nationalräte Thomas Aeschi (46) und Michael Graber (43) juristisch ohne Folgen. Die zuständige Ständeratskommission hat letztinstanzlich entschieden, dass die beiden parlamentarische Immunität geniessen.
Aeschi und Graber hatten sich während des Besuches des ukrainischen Parlamentspräsidenten Ruslan Stefantschuk (49) im Juni 2024 ein Handgemenge mit der Polizei geliefert. Die Bundesanwaltschaft wollte deswegen gegen sie ermitteln.
So weit kommt es nun nicht. Die Rechtskommission des Ständerats hat mit 11 zu 1 Stimmen bei einer Enthaltung entschieden, die Immunität von Aeschi nicht aufzuheben, wie Kommissionspräsident Daniel Jositsch (59) am Dienstag in Bern vor den Medien sagte. Auch Grabers Immunität bleibt geschützt. Dies beschloss die Kommission mit 9 zu 3 Stimmen bei einer Enthaltung.
Weil beide zuständigen Parlamentskommissionen auf gleicher Linie sind, ist der Entscheid definitiv. Die Immunität von Aeschi und Graber wird nicht aufgehoben. Eine Strafverfolgung gegen die beiden ist nicht möglich.
Bei Glarner ist man uneinig
Anders sieht es bei der Immunität von Andreas Glarner aus. Er wurde wegen eines islamkritischen Tweets angezeigt, den er nach den Messerattacken von Mannheim und Solingen (D) verfasst hatte. Nun will die Berner Staatsanwaltschaft ein Verfahren wegen möglicher Rassendiskriminierung einleiten. Die Immunitätskommission des Nationalrats sah keinen Zusammenhang von Glarners Tweet mit seinem Parlamentsmandat und ist gar nicht auf den Fall eingegangen. Damit hätten die Strafverfolger gegen Glarner vorgehen können.
Die Rechtspolitiker des Ständerates sehen das anders. «Die Äusserung auf Sozialen Medien ist gleich wie eine mündliche Äusserung im Fernsehen», erklärte Jositsch die Mehrheitsposition. Sie sind auf den Fall eingetreten, über die Frage der Immunität haben sie aber noch nicht entschieden. Zuerst muss nun die Immunitätskommission des Nationalrates erneut darüber befinden.
Auch alt Nationalrat Peter Keller (53) bleibt geschützt. Der Generalsekretär der SVP hatte die Wahlkampagne «neue Normalität» mitverantwortet. Wegen des Verdachts auf Diskriminierung und Aufruf zum Hass wurden er und der ehemalige SVP-Präsident Marco Chiesa (50) angezeigt. Das Immunitätsaufhebungsgesuch von Chiesa wurde bereits früher abgelehnt.
Als Parlamentarier geniessen National- und Ständeräte politische Immunität. Wenn die Polizei ein Ratsmitglied einer Straftat verdächtigt, muss sie ein Gesuch auf Aufhebung seiner Immunität einreichen. Dann entscheiden die zuständigen Kommissionen. Dabei geht es darum, ob der Sachverhalt überhaupt mit dem Amt zusammenhängt und ob das Interesse einer Strafverfolgung stärker ist, als jenes der Parlamentarier, indem sie ihr Mandat frei ausüben können.
Aeschi, Graber und Keller dürfen Immunität behalten
Nun beginnt Kommissionspräsident Daniel Jositsch die Medienkonferenz. Alt SVP-Nationalrat Peter Keller darf seine Immunität behalten.
Nun kommt Jositsch zum Fall Glarner. Die nationalrätliche Kommission war der Meinung, Äusserungen in den Sozialen Medien seien rein private Äusserungen. Die Rechtspolitiker des Ständerates teilen diese Ansicht nicht. Deshalb geht das Geschäft zurück an die Kommission des Nationalrates.
Zuletzt geht es um die Auseinandersetzungen von Thomas Aeschi und Michael Graber im Bundeshaus mit dem Sicherheitsdienst. Beide dürfen ihre Immunität behalten. Die Anweisen der Polizei seien «nicht besonders adequat» gewesen. «Man hätte das Problem auch etwas eleganter lösen können.» Selbst wenn man davon ausgehe, dass auch Aeschi und Graber nicht besonders elegant vorgegangen seien, wäre es nur ein geringes Delikt.
Damit ist auch die Medienkonferenz beendet.
Medienkonferenz um 13.30 Uhr
Um 13.30 Uhr informiert Daniel Jositsch, der Präsident der Rechtskommission des Ständerats, über die Immunität von vier SVP-Politikern.