Jede dritte Firma hat gemäss Studie bestochen
Diese Schweizer Unternehmen wurden wegen Korruption verurteilt

Über 30 Prozent der Schweizer Exportunternehmen geben zu, schon mal Schmiergelder gezahlt zu haben. Zu Verurteilungen kommt es selten. Die bekannten Fälle in der Übersicht.
Publiziert: 28.02.2024 um 17:39 Uhr
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Aktualisiert: 29.02.2024 um 10:45 Uhr
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Angestellte sollen Amtsträger bestochen haben, um hier mitzuverdienen: das südafrikanische Kohlekraftwerk Kusile.
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Jede dritte Schweizer Firma, die im Ausland geschäftet, hat schon Schmiergelder gezahlt. Das zeigt eine neue Untersuchung von Transparency International Schweiz und der Fachhochschule Graubünden.

Korruption ist verboten. Unternehmen machen sich seit 2003 strafbar, wenn sie nicht alle erforderlichen und zumutbaren organisatorischen Vorkehrungen getroffen haben, um Bestechung zu verhindern. Allerdings wurden seit dem Verbot kaum Unternehmen verurteilt – insgesamt elf waren es in den 20 Jahren, zehn sind namentlich bekannt. Blick lässt die Fälle Revue passieren.

1

Alstom Network Schweiz AG

Im November 2011 verurteilte die Bundesanwaltschaft (BA) die Alstom Network Schweiz AG zu einer Busse von 2,5 Millionen Franken und einer Schadenersatzzahlung von gut 36 Millionen Franken. Von Alstom eingesetzte Berater in Lettland, Tunesien und Malaysia hatten einen erheblichen Teil ihrer Erfolgshonorare an ausländische Entscheidungsträger weitergeleitet und diese damit, zugunsten von Alstom, beeinflusst.

2

Stanford Group Suisse

Ein besonders schillernder Fall: Im Februar 2014 verurteilte die Bundesanwaltschaft die Firma Stanford Group (Suisse) AG wegen qualifizierter Geldwäscherei zu einer Busse von 1 Million Franken. Die Firma gehörte zum Imperium des amerikanischen Betrügers Allen Stanford (73). Stanford, zu seiner Zeit einer der reichsten Amerikaner, hatte ein Pyramidensystem aufgebaut und zahlreiche Anleger während 20 Jahren um insgesamt 5,3 Milliarden Euro betrogen. 2012 wurde der Texaner zu 110 Jahren Haft verurteilt. Ein Teil des ergaunerten Geldes landete in der Schweiz – eben bei der Stanford Group (Suisse).

3

Nitrochem

Im Mai 2016 verurteilte die Bundesanwaltschaft die Firma Nitrochem zu einer Busse von 750'000 Franken wegen Bestechung fremder Amtsträger. Die Tochter des Basler Multis Ameropa hatte Schmiergelder in der Höhe von 1,5 Millionen Franken bezahlt, um einen hohen libyschen Beamten und Vertrauten von Machthaber Muammar al-Gaddafi (1942–2011) zu bestechen. Ziel war die Eröffnung einer Fabrik des norwegischen Düngemittellieferanten Yara in Libyen.

4

Odebrecht SA

Ende Dezember 2016 verurteilte die BA den Baukonzern Odebrecht SA und eine seiner Tochterfirmen im Zusammenhang mit dem gigantischen Petrobras-Skandal. Der Konzern soll Schweizer Konten für Schmiergelder im Zusammenhang mit Auftragsvergaben benutzt haben. Odebrecht musste eine Busse von 4,5 Millionen Franken und Schadenersatz von über 200 Millionen Franken zahlen.

5

KBA NotaSys

Das Banknotendruckunternehmen KBA NotaSys wurde 2017 zu einer symbolischen Geldstrafe von einem Franken verurteilt, weil es in Brasilien, Marokko, Nigeria und Kasachstan Bestechungsgelder gezahlt hatte. Die Strafe fiel so gering aus, weil sich das Unternehmen selbst angezeigt hatte. Nach der Verurteilung schuf das Unternehmen einen Integritätsfonds in der Höhe von fünf Millionen Franken und zahlte dem Bund 30 Millionen als Ersatz der unrechtmässig erzielten Gewinne.

6

Dredging International Services

Wegen der Zahlung von Bestechungsgeldern an Beamte der Nigerian Port Authority verurteilte die BA das Unternehmen Dredging International Services im Mai 2017 zu einer Busse von einer Million Franken und Schadenersatz in Höhe von 36 Millionen Franken. Bei der Bestechung ging es um Ausschreibungen für das Ausbaggern von schiffbaren Gewässern in Nigeria.

7

Gunvor

Im Oktober 2019 verurteilte die Bundesanwaltschaft den Genfer Rohstoffhändler Gunvor per Strafbefehl zur Zahlung von rund 94 Millionen Franken. Schwere Mängel in der internen Organisation der Genfer Niederlassung von Gunvor hätten die Bestechung von Amtsträgern in der Republik Kongo und der Elfenbeinküste ermöglicht. Dadurch wiederum habe sich das Unternehmen Zugang zu den dortigen Erdölmärkten verschafft. In diesem Zusammenhang hat die BA Ende September 2023 Anklage gegen einen ehemaligen Gunvor-Mitarbeiter erhoben.

8

SBM Offshore

Ebenfalls um Rohstoffe ging es beim Strafbefehl gegen drei Schweizer Tochtergesellschaften des multinationalen Konzerns SBM Offshore. Der Konzern rüstet die Öl- und Gasindustrie aus. Die Untersuchungen der BA ergaben, dass zwischen 2006 und 2012 Schmiergelder in der Höhe von insgesamt mehr als 22 Millionen US-Dollar und fast einer Million Euro zugunsten von Amtsträgern in Angola, in Äquatorialguinea und Nigeria geleistet wurden. Die BA sprach von einem «regelrechten System für massive Bestechungszahlungen». Laut Strafbefehl vom November 2021 muss der Konzern sieben Millionen Franken zahlen.

9

ABB

Ende 2022 verurteilte die BA den Schweizer Konzern ABB zu einer Busse von vier Millionen Franken. ABB-Mitarbeiter hatten seit 2013 ein Bestechungskonstrukt aufgebaut, um an Aufträge beim Bau eines Kohlekraftwerks in Südafrika zu kommen. Durch mindestens 1,3 Millionen Schmiergeld erhielt ABB Aufträge im Wert von mindestens 200 Millionen US-Dollar. Auch in den USA und Südafrika wurde ABB wegen des Korruptionsskandals verurteilt, zu Zahlungen von über 400 Millionen Dollar. Und noch ist es für ABB nicht vorbei: Bislang unveröffentlichte Dokumente sollen belegen, dass ABB die Strafermittler in die Irre geführt habe.

10

Sicpa

Im April 2023 verurteilte die Bundesanwaltschaft das Waadtländer Unternehmen Sicpa zur Zahlung von insgesamt 81 Millionen Franken wegen Bestechung von Amtsträgern in Brasilien, Kolumbien und Venezuela. Ausserdem wurde gegen einen ehemaligen Verkaufsleiter des Unternehmens eine bedingte Freiheitsstrafe von 170 Tagen verhängt. Die Sicpa stellt unter anderem Tinte für Banknoten her – das Management hat immer abgestritten, etwas von den illegalen Machenschaften von einem ihrer Mitarbeiter gewusst zu haben.

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