Jetzt geht es nicht nur um Leben und Tod, sondern auch um die Karriere von Beamten bei verschiedenen Behörden in den USA, etwa beim Federal Bureau of Investigation (FBI). «Wir müssen jetzt Geld finden, mit dem die Terroristen der Hamas finanziert werden.» Diesen Satz dürfte der eine oder andere Mitarbeiter beim FBI zu hören bekommen haben.
«Die Suche nach Geldern, die Terroristen finanzieren, ist nach den Anschlägen in Israel sicher intensiviert worden», sagt Kenneth Rijock (75), Geldwäschereiexperte und Autor des Buches «The Laundry Man». Rijock ist überzeugt, dass die US-Behörden schnell auch auf dem Schweizer Finanzplatz suchen und fündig werden dürften. Denn Banken und andere Finanzintermediäre würden viel zu wenig genau hinschauen. Das gelte nicht nur in der Schweiz, sondern weltweit. Er kenne mehr als zwanzig Methoden, mit denen man Terrorgeld bei Banken deponieren könne, ohne dass dies bemerkt würde.
Dass Rijock weiss, wovon er spricht, liegt an ihm und seiner Vergangenheit: Er ist eine schillernde Persönlichkeit, wusch früher selbst Geld. In den 1980ern war er für kolumbianische Drogenhändler tätig. Der damals junge Anwalt in Florida schmuggelte das Geld seiner Auftraggeber mit Privatjets in Steueroasen in der Karibik. Von dort hat er das Geld über Trusts und andere Konstrukte weitertransferiert, bis die kriminelle Herkunft nicht mehr nachvollziehbar war. Dann wurden die Vermögen auf Bankkonten in Europa deponiert, wo die Drogenbarone wieder auf das gewaschene Geld zugreifen konnten.
Ehemaliger Geldwäscher hilft heute Banken und Behörden
Das ging so lange gut, bis Rijock aufflog. Er wurde wegen Geldwäscherei und Mitwirkung an organisierter Kriminalität zu vier Jahren Gefängnis verurteilt. Während seiner Zeit hinter Gittern wechselte er die Seiten und fing an, den Strafbehörden bei ihren Ermittlungen gegen Geldwäscherei zu helfen.
Heute ist er auch als Berater für Banken und die gesamte Branche der Finanzintermediäre tätig. Zudem hält er Vorträge. Unter anderem auch bald für ein Schweizer Publikum. Das Compliance-Beratungsunternehmen Aviolo hat ihn für einen virtuellen Auftritt vor Schweizer Publikum gewinnen können, am 24. Oktober um 17 Uhr. Dort wird er Einblicke in Geldwäschemethoden geben.
Dieser Artikel wurde erstmals in der «Handelszeitung» publiziert. Weitere spannende Artikel findest du auf www.handelszeitung.ch.
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Rijock sagt, Schweizer Finanzintermediäre sollten damit aufhören, so zu tun, als ob alles in Ordnung wäre. Sie müssten jetzt handeln, weil sonst die Schlagzeilen gegen Schweizer Banken vorprogrammiert seien. Wie damals im Nachgang der Anschläge auf die Twin Towers in New York im Jahr 2001 drohten Banken weltweit wieder hohe Bussen. In der Schweiz kam etwa besonders der Genfer Ableger der Bank HSBC wegen Terrorfinanzierung unter die Räder. Aber auch andere Schweizer Banken mussten feststellen, dass sie nicht ohne Fehl und Tadel waren.
Gewaschene Terrorgelder bei Schweizer Banken
Das droht nun gemäss Rijock wieder. Die Hamas sei im Drogen- und im Menschenhandel aktiv, sagt er. Diese Gelder würden gewaschen und dann unter anderem auch auf dem Schweizer Finanzplatz deponiert. Das gehe, ohne dass Banken das merkten. Weil sie die Methoden der Geldwäscher nicht genau kennen oder nicht genau genug hinschauen würden.
Um einen möglichen Waschvorgang zu erläutern, muss Rijock etwas ausholen: Es gibt Lebensversicherungspolicen für Schlüsselpersonen in Unternehmen, also etwa den CEO. Falls der einen Autounfall hat, dann hätte die Firma dank der Versicherung Geld, um zu reagieren. Wenn nun der CEO pensioniert werde, habe er noch immer die Versicherungspolice. Er könne diese dann auf seine Familie umschreiben lassen, aber merke dann schnell, wie hoch die Prämien dafür seien. Deswegen habe sich ein Sekundärmarkt für solche Policen etabliert. Dort kann der CEO seine Police verkaufen, allerdings mit einem grossen Abschlag. Die Käufer dieser Police erhalten dann die Versicherungssumme, wenn der CEO stirbt.
Wer die Käufer dieser Policen seien, werde nicht so genau geprüft, darum könne Geld gewaschen werden. Wenn die Käufer das Geld dann bei einer Bank einzahlen wollten, würde natürlich gefragt, woher die Mittel stammten. Dann könnte der Käufer oder die Käuferin die Versicherung benennen, von der er oder sie das Geld habe. Das seien gute, saubere Adressen, die bei den Bankern kaum Fragen aufwerfen würden. Schon sei das Geld gewaschen.
Zwanzig Methoden der Geldwäscherei
In seinem Blog beschreibt Rijock insgesamt zwanzig Geldwaschmethoden. Darunter natürlich auch die sehr beliebte und lukrative Methode über Immobilienkäufe. Diese hat Geldwäschereiexperte Fabian Teichmann erst kürzlich gegenüber dem «Handelszeitung»-Magazin «Millionär» erklärt.
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Es gibt spielerischere Methoden als jene mit Immobilien. Rijock erwähnt die Methode mit Lotterien und anderen Gewinnspielen. Dabei würden Geldwäscher dafür sorgen, dass sich herumspricht, dass sie Lotteriegewinnern ihre Gewinne inklusive Prämie abkaufen würden. Sie kaufen den Gewinnern ihre Lottozettel ab und haben mit ihren Gewinnlosen sauberes Geld von der Lotteriegesellschaft.
Zudem beschreibt Rijock auch, wie Ländersanktionen umgangen, indem Staatsbürgerschaften gekauft würden. In karibischen Staaten wie St. Kitts, Antigua und Barbuda, Dominica, St. Lucia und Grenada kann die Staatsbürgerschaft erworben werden, wenn man bestimmte Summen investiert. Auch der EU-Staat Malta kennt ein sogenanntes «Citizenship by Investment Program».
Diese Programme seien ein Geschenk des Himmels. Sie ermöglichten es den Inhabern, ein anonymes Alias anzunehmen und einen Geburtsort anzugeben, der mit dem Land des Passes übereinstimme. Auch die Änderung des Geburtsdatums sei angesichts der grassierenden Korruption im Zusammenhang mit diesen Pass-Programmen möglich. So könne eine völlig neue Identität zum Vorteil eines Geldwäschers geschaffen werden.
Vorsicht vor Kunden mit maltesischem Pass
In seinem Blog nennt Rijock auch noch Geldwäscherei im Bereich der Filmindustrie sowie Kunst und Antiquitäten. Letzteres etwa sei sehr simpel, indem angegeben wird, dass eine teure Antiquität im Keller gefunden worden sei. Natürlich wurde sie vorher unter der Hand gekauft und dann offiziell verkauft, an eine möglichst seriöse Person oder Institution, die die erhaltenen Gelder legitimiert.
Alle diese Methoden seien von Banken heute schwer zu identifizieren, weil sie sich zu wenig damit beschäftigten. Wenn nun aber die Bemühungen der Behörden im Nachgang der Anschläge in Israel intensiviert würden, könnte das eben zu bösen Schlagzeilen für den Schweizer Finanzplatz führen.
Banken, die etwa Kunden mit maltesischem Pass hätten, müssten jetzt dringend genauer hinschauen. Denn dort würden Behörden jetzt aktiv, da Verbindungen zur Hamas vermutet würden. In Malta gäbe es eine grosse arabische Gemeinschaft, die der Hamas treu sei. Sie stehe seit langem im Verdacht, Terrorismus zu finanzieren und dabei vor allem Kryptowährungen zu verwenden.
In seinem Blog schreibt er auch, dass Suha Arafat, die Witwe von Jassir Arafat, dem ehemaligen Vorsitzenden der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO), einen maltesischen Pass bekommen habe. Genauso wie ihre Tochter. Sie lebten von den Millionen, die Jassir von EU-Geldern abgezwackt hatte, die eigentlich für das palästinensische Volk vorgesehen gewesen seien, behauptet Rijock.