Auf einen Blick
- Bund schliesst Asylzentren wegen sinkender Asylzahlen
- Schliessung betrifft neun Zentren, darunter Steckborn TG und Bure JU
- Rückgang von 1700 Unterbringungsplätzen in der Schweiz
- 200 Mitarbeitende werden abgebaut, um Kosten zu sparen
- SEM behält Mietverträge möglichst, falls Asylzahlen wieder steigen
Es ist noch nicht lange her, da gingen in Steckborn TG die Wogen hoch. In der Ortschaft am Untersee eröffnete das Staatssekretariat für Migration (SEM) temporär ein Bundesasylzentrum. Wegen der hohen Asylzahlen.
Im Februar wurden die Steckborner Stimmberechtigten an eine ausserordentliche Gemeindeversammlung aufgeboten, nachdem ein Teil der Bevölkerung erfolgreich für die Stilllegung des Asylheims Unterschriften gesammelt hatte. Doch die Mehrheit der Anwesenden sprach sich für das Weiterführen der Unterkunft aus. Für die unterirdische Anlage zahlte der Bund der Stadt Steckborn bisher jährlich 200'000 Franken.
Nun können die Gegner des Zentrums trotzdem aufatmen. Das SEM schliesst die Unterkunft per Ende Januar 2025. Und auch acht weitere im ganzen Land. Grund dafür sind rückläufige Asylzahlen. Abgebaut werden so gut 1700 Unterbringungsplätze in der ganzen Schweiz. Darunter befindet sich auch die Kaserne in Bure JU mit insgesamt 580 Plätzen, die Mehrzweckhalle in Dübendorf ZH mit 200 Unterbringungen oder diejenige in Bremgarten AG mit 120 Betten.
Mietverträge laufen weiter
Das SEM unter Federführung von Justizminister Beat Jans (60) hat angekündigt, dass nicht nur Asylzentren abgebaut werden sollen, sondern auch 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die für die Betreuung und Sicherheit nicht mehr benötigt werden. Mit der Schliessung der Zentren will der Bund Kosten einsparen. Er schätzt, dass der Bedarf um einen zweistelligen Millionenbetrag sinken wird.
Doch das SEM will vorbereitet sein, sollten die Zahlen wieder ansteigen. Darum schliesst es die betroffenen Asylzentren nicht definitiv. Wie die «Thurgauer Zeitung» berichtete, behält das SEM den Mietvertrag in Steckborn weiter am Laufen.
«Soweit möglich» würden dies auch bei den weiteren acht Anlagen zutreffen, «wenn die Eigentümerschaft bereit ist», sagt SEM-Sprecherin Magdalena Rast auf Anfrage. Unter Umständen sei man beim Bund froh, wenn die Anlagen bei Bedarf rasch wieder in Betrieb genommen werden können. Was dies für Kosten verursacht, teilte das SEM auf Nachfrage nicht mit.
Weniger Asylgesuche als im Vorjahr
Im September gab es rund 1600 Asylgesuche weniger als im selben Monat des Vorjahres. Im August 2024 gingen knapp 800 Gesuche weniger ein als im August 2023. Die irreguläre Migration nach Europa sowie die Weiterwanderung in andere Länder falle in diesem Herbst geringer aus als in den Vorjahren, heisst es beim SEM.
Auch bei den Kantonen ist die Lage weniger angespannt als auch schon. Die Konferenz der kantonalen Sozialdirektorinnen und Sozialdirektoren (Sodk) erkundigt sich bei den Kantonen regelmässig über die Lage im Asylbereich. Die Stände antworten in Farben: grün (Situation gut), orange (herausfordernde, angespannte Situation) und rot (kaum mehr bewältigbar, es braucht «kreative» Lösungen).
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In der ersten Oktoberwoche leuchtete die Ampel bei 12 Kantonen grün, bei 9 orange und lediglich bei einem rot. Vier Kantone nahmen nicht an der Umfrage teil. Bei welchem Kanton die Lage prekär ist, wird nicht kommuniziert.
Noch im Juli berichtete die «Aargauer Zeitung», dass bezüglich Unterbringungskapazitäten und der Betreuungssituation die Ampeln damals bei sechs Kantonen auf Rot und bei 11 auf Orange standen. Die Lage hat sich offenbar verbessert.
Asylnotlage besteht im Aarau weiter
Doch einige Kantone sind weiterhin besorgt. Anders als der Bund nehmen sie Personen in ihren Zentren aus dem Asylbereich langfristig auf. Wenn jetzt weniger Asylgesuche gestellt werden, merken die Kantone das erst später.
So gilt im Aargau noch immer die Asylnotlage. Mitte Oktober waren die Männerunterkünfte dort noch immer übervoll, teilte eine Sprecherin der «NZZ» mit. Freie Plätze bestünden fast nur in den unterirdischen Unterkünften.