Sie haben es wieder getan. Die Landwirtschaftskammer des Bauernverbands hat die Ja-Parole zum Stromgesetz gefasst. Sie stellen sich damit gegen die SVP, deren Delegierten kürzlich die Nein-Parole beschlossen haben.
Die Bauern spielen bei Klima- und Energiefragen eine wichtige Rolle. 2021 gab der Bauernverband beim CO₂-Gesetz die Ja-Parole heraus – gegen den Willen der SVP. Doch das Gesetz wurde abgelehnt – wohl auch weil am gleichen Tag noch zwei Agrar-Initiativen scheiterten. Auch beim Klimaschutzgesetz verkündete der Bauernverband die Ja-Parole – das Gesetz kam durch, obwohl die SVP dagegen war.
«Wir Bauern benötigen viel Strom»
SVP-Landwirt und Nationalrat Alois Huber (61) ist für das Stromgesetz. «Wir Bauern benötigen viel Strom. Zum Beispiel haben viele Betriebe mittlerweile 24 Stunden lang einen Melkrobotor im Einsatz.» Gerade im vergangenen Jahr seien die Strompreise stark gestiegen. «Wir bezahlen für unseren Hof 10'000 Franken mehr. Wenn die Schweiz mehr Strom produziert, sinken längerfristig auch die Preise.»
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Das Gesetz sieht auch eine Solarpflicht für grosse Gebäude – zum Beispiel Ställe vor. «Das kann eine Einnahmequelle für die Bauern sein», sagt Huber. «Schon jetzt haben viele Bauern Solarpanels auf den Dächern.» Dazu seien auch Ausnahmen bei der Solarpflicht möglich, wenn die Anlage zum Beispiel technisch unmöglich sei.
Angst vor einer Retourkutsche der SVP gegen die Bauern hat Huber nicht. «Die Bauern haben der SVP schon oft geholfen. Und schliesslich war auch die SVP nicht einstimmig gegen das Stromgesetz.» Tatsächlich ist die SVP gespalten. Die Energiepolitiker, die das Geschäft in den Kommissionen vorbereitet haben, sind teilweise sogar im Ja-Komitee zu finden.
«Bauernverband ist in der Energiepolitik schon öfters falschgelegen»
SVP-Präsident Marcel Dettling (43) – ebenfalls Bauer – gibt sich ob des Entscheids der Landwirte nur wenig überrascht. «Der Bauernverband ist in der Energiepolitik schon öfters falschgelegen.» Das Stromgesetz bedeute höhere Preise – gerade für die Bauern. «Spätestens wenn das Netz ausgebaut werden muss, explodieren die Preise.» Aktuell plant der Bundesrat einen Ausbau des Stromnetzes, damit der zusätzliche Strom auch fliessen kann.
Mit dem neuen Gesetz gibt es keine neuen Abgaben oder Steuern. Das neue Stromgesetz führe aber zu extremen Kosten, sagt Dettling. «Erst im vergangenen Jahr wurde der Netzzuschlag vorübergehend erhöht – diese Erhöhung wird jetzt zementiert.»
Eine Retourkutsche der SVP müssen die Bauern nicht fürchten. «Das würde nichts bringen. In den meisten anderen Themen stimmen wir überein.»