In Spanien künstlich befruchtet, weil es in der Schweiz illegal ist
Tasha Rumley hat ein Baby bekommen – ganz allein

Vom Partner verlassen, der Kinderwunsch immens: Die Single-Frau Tasha Rumley (42) liess sich in Spanien künstlich befruchten. Die Westschweizerin verstiess damit gegen das Schweizer Gesetz – für dessen Änderung sie nun kämpft.
Publiziert: 28.03.2025 um 20:34 Uhr
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Aktualisiert: 28.03.2025 um 20:36 Uhr
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Tasha Rumley musste viel Mut aufbringen, bis Joy auf der Welt war.
Foto: Julie de Tribolet

Darum gehts

  • Tasha Rumley bekam ihre Tochter Joy dank künstlicher Befruchtung in Spanien
  • Rumley kämpft für die Legalisierung künstlicher Befruchtung für Singles in der Schweiz
  • Die Behandlung kostete insgesamt 30'000 Franken
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Antoine Hürlimann
L'Illustré

Die Geschichte von Joy ist eine Geschichte der Liebe und des Mutes. Das kleine Mädchen kam am 19. Dezember 2024 zur Welt. Seine Mutter, Tasha Rumley, 42, hat sie mit einer Samenspende und dank künstlicher Befruchtung empfangen. Nicht in der Schweiz, wo dies alleinstehenden Frauen verboten ist, sondern in Spanien, wo liberalere Gesetze herrschen. Tasha Rumley hat damit ein Tabu gebrochen. Und sie will das Gesetz ändern, weil ihr nicht einleuchtet, warum Singlefrauen nicht die gleichen Rechte haben wie verheiratete heterosexuelle und lesbische Paare.

Tasha Rumley und ihre Tochter Joy, die heute drei Monate alt ist.
Foto: Julie de Tribolet

Tasha Rumley, heute Schriftstellerin, früher Journalistin und Mitarbeiterin humanitärer Organisationen, hat sich nach einer Trennung und einer anschliessenden Irrfahrt der Gefühle für die medizinisch unterstützte Fortpflanzung entschieden. «Alles begann mit meinem 35. Lebensjahr», sagt sie. «Damals hatte ich einen Partner, mit dem ich mein Leben verbringen wollte.»

Sie lächelt und bereitet sich darauf vor, ihren Säugling zu stillen: «Wir waren nicht verheiratet, aber sagten an einer Hippie-Hochzeit Ja zueinander.» Beide arbeiteten beim Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK), waren für vier Jahre getrennt. «Das verschlechterte unsere Beziehung. Er lernte jemanden kennen und ging. Für eine Frau ist es das schlimmste Szenario, zu diesem Zeitpunkt allein zu sein.» Der Verlust ihres Partners sei für sie «zerstörerisch» gewesen, es folgte eine Depression. «Als ich zwei Jahre später wieder auftauchte, liess ich meine Eizellen in Lausanne einfrieren.»

Einfach eine normale Familie

Ihr Traum war ganz konventionell: Kinder, die das Ergebnis einer grossen Liebe sind. Nie hatte sie daran gedacht, allein ein Baby zu bekommen. «Das fand und finde ich traurig. Aber meinen tief verankerten Wunsch aufzugeben, nur weil mein Partner gegangen war und ich keinen neuen finden konnte, war eine Ungerechtigkeit.»

Tasha versuchte sich mit Dating-Apps. «Ich habe mit Männern auf Tinder und Bumble gechattet und eine Katastrophe nach der anderen erlebt.» Lange hoffte sie, einen Mann zu finden, der wie sie eine Familie will. Aber das passierte nicht. Und Tasha Rumley wurde bewusst, dass der Kinderwunsch grösser war als der Wunsch nach einem Partner.

Tasha Rumley fotografierte sich vor dem Flugzeug, das sie nach Madrid brachte, um ihre künstliche Befruchtung durchführen zu lassen.
Foto: ZvG

Lesbische Freundinnen empfahlen ihr 2022 eine Klinik in Madrid. Nach eineinhalb Jahren emotionaler Achterbahnfahrt und 30'000 Franken Behandlungskosten war der vierte Versuch mit künstlicher Befruchtung im April vergangenen Jahres erfolgreich. Endlich erschienen die zwei Striche auf dem Schwangerschaftstest. «Es war unendlich schwer, aber es hat sich gelohnt. Trotz der bedingungslosen Unterstützung durch mein Umfeld war es eine schmerzhafte und einsame Erfahrung. Es wäre alles so viel einfacher gewesen, wenn ich die künstliche Befruchtung in Lausanne hätte machen können.»

«Ich bin nicht die Einzige»

Bereits mit Joy schwanger, hört Tasha Rumley von Mamansolo, einer Westschweizer Organisation für Mütter, die sich für ein Kind ohne Partner entschieden haben. «Ich merkte, dass ich kein Einzelfall war, wir haben fast 200 Mitglieder.» Einige von ihnen sind bereits alleinerziehende Mütter, andere befinden sich in der Phase der künstlichen Befruchtung, und wieder andere denken noch darüber nach. «Unser Ziel ist, uns gegenseitig zu beraten, zu unterstützen und unseren Kindern die Möglichkeit zu geben, andere zu treffen, die wie sie keinen Vater haben.»

Man sieht Joy als Embryo und das Ultraschallbild des Moments, in dem er in die Gebärmutter eingesetzt wird.
Foto: Julie de Tribolet

Tasha Rumley kämpft jetzt für eine Gesetzesänderung. «Wir könnten auch ohne Wissen eines Mannes Kinder zeugen oder Sperma im Internet kaufen. Aber die künstliche Befruchtung ist die ethische Alternative, ein Baby zu zeugen!» Auch die Nationale Ethikkommission habe bereits 2019 empfohlen, die künstliche Befruchtung für Singles zu legalisieren. Dank ihres Engagements und ihrer Interventionen wurden im März gleich von sechs Parlamentarierinnen und Parlamentariern gleichlautende Vorstösse eingereicht – ein sehr seltener Vorgang –, um das Gesetz rasch zu ändern.

Würde die Schweiz das Gesetz ändern, hätten zukünftige Kinder das Recht, ihre Herkunft zu kennen. Dies wird bei Joy nicht der Fall sein, da in Spanien auch anonyme Spenden erlaubt sind. «Ich wollte nicht, dass sie in der falschen Erwartung lebt, einen Vater zu finden, wenn sie volljährig ist, und dann tief enttäuscht ist», begründet Tasha Rumley. «Der Samenspender wird nie ihr Vater sein, aber sie wird andere Männer in ihrem Leben haben. Ich weiss nicht, ob meine Entscheidung richtig war, vielleicht wird sie mir böse sein. In diesem Fall werde ich mich bei ihr entschuldigen.» Und überhaupt: Hätte sich Tasha Rumley in der Schweiz ihren Kinderwunsch legal erfüllen können, wäre diese Frage nie aufgetaucht.

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