Wegen der Ehe für alle wird in der Schweiz das Sperma knapp. Samenbanken berichten von einem regelrechten Ansturm lesbischer Paare, seit ihnen seit dem 1. Juli nicht nur die Ehe, sondern auch die Samenspende offen steht.
«2021 hatten wir 80 Paare in Behandlung, jetzt sind auf einen Schlag 40 weitere dazugekommen», sagt Peter Fehr von der Zürcher Klinik OVA IVF. Dies stelle die Samenbank vor eine enorme Herausforderung. Bisher bestand der Spenderpool aus rund 45 Männern, das reicht nicht mehr aus. Zu den fünf bis zehn Spendern, die man jedes Jahr neu suche, weil man Sperma nur fünf Jahre aufbewahren darf, habe man nun zusätzlich 15 neue Spender rekrutieren müssen, um den gesteigerten Bedarf abzudecken. «Und wir brauchen noch mehr», sagt der Arzt. In Zürich gibt es eine Warteliste für Paare mit Kinderwunsch.
Per Anzeige auf Spendersuche
Aktiv um Spender werben, das muss die Klinik nicht. Es meldeten sich immer wieder Männer, die sich vorstellen können, Samenspender zu werden, erzählt Fehr. Durch die Abstimmung über die Ehe für alle seien viele Männer aufs Thema aufmerksam geworden und die Zahl der Anfragen habe stark zugenommen. «Auf diese Liste greifen wir jetzt zurück.»
Anders in der Westschweiz. Man suche Spender beispielsweise auch über Anzeigen, sagt Daniel Wirthner des Zentrums CPMA Lausanne. Dort hat sich die Zahl der Anfragen nach Samenspenden seit dem 1. Juli verdoppelt. Spendersperma von Samenbanken aus dem Ausland kommt weder bei der Zürcher noch der Lausanner Klinik zum Einsatz.
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Ein Spender kostet über 10'000 Franken
Samenspender kann in der Schweiz nicht jeder werden. Samenbanken wählen ihre Spender ganz genau aus – entscheidend sind die Qualität des Spermas, die Gesundheit, aber auch das Aussehen, die Bildung und die Motivation des Spenders. Einen neuen Spender zu rekrutieren, koste weit über 10'000 Franken, sagt Fehr von der Zürcher Klinik OVA IVF. Darum achte man genau darauf, welche Männer in Bezug auf Körpergrösse, Haarfarbe oder Augenfarbe ins Portfolio passen.
In Zürich werden interessierte Männer bewusst erst einmal etwas warten gelassen, um zu schauen, ob sie auch nach ein paar Monaten noch Interesse daran haben, Samenspender zu werden. Sind sie weiterhin gewillt und weisen die Voraussetzungen auf, die gerade gesucht sind, werden sie zu einem Infogespräch eingeladen. Was folgt, ist ein sogenanntes Spermiogramm, das zeigt, wie viele Samenzellen ein Mann hat und wie beweglich diese sind.
Nicht selten müsse dann einem Spendewilligen eröffnet werden, dass für das Einfrieren zu wenig bewegliche Samenzellen vorhanden seien, schreibt die Klinik auf einer Infoseite.
Auch Blut und Gene werden untersucht
Wessen Sperma die Qualitätsanforderungen erfüllt, der wird nach durchgemachten Krankheiten und Operationen befragt und untersucht. Auch das Blut wird analysiert und eine genetische Untersuchung durchgeführt, um auszuschliessen, dass jemand Träger einer Erbkrankheit ist. Nur wer all diese Tests besteht, kommt als Spender infrage.
Die Spender erhalten für das ganze Prozedere eine Entschädigung, in Zürich sind es rund 2000 Franken. Einen Lohn gibt es nicht, das ist in der Schweiz verboten. Niemand soll aus finanziellen Gründen Spender werden – sondern rein aus Grosszügigkeit.