Auf einen Blick
- Bundesanwalt warnt vor organisierter Kriminalität in der Schweiz
- Stefan Blättler will Bandenzoffs wie in Belgien und Schweden verhindern
- Bundesermittler sind stark ausgelastet, wichtige Ermittlungen bleiben liegen
«Es darf nicht sein, dass sich rivalisierende Banden aus dem organisierten Verbrechen auf offener Strasse bekämpfen»: Mit eindringlichen Worten warnt Bundesanwalt Stefan Blättler (66) vor den Gefahren der organisierten Kriminalität in der Schweiz.
Blättler betont, dass die hiesigen Behörden aktiv gegen Bandenkriminalität vorgehen müssten, um Verhältnisse wie in anderen Ländern Europas zu verhindern. «Ich sage es nicht gerne», so Blättler in einem Interview mit der «SonntagsZeitung». «Aber wir müssen aufpassen, dass wir nicht irgendwann Verhältnisse haben wie in den Vororten in Belgien oder Schweden, wo die Spuren von Bandenkriminalität jetzt deutlich sichtbar geworden sind – mit Schiessereien, Dutzenden Toten und Schutzgelderpressung.»
Grosse Probleme in Belgien und Schweden
Das Problem ist in beiden Ländern gross. Belgien kämpft vor allem mit den Folgen des Kokainhandels. Die Stadt Antwerpen ist ein zentraler Umschlagplatz für Drogen, was zu einer Eskalation der Gewalt zwischen rivalisierenden Gruppen führte. Die Probleme verlagern sich zunehmend in die Vororte Brüssels.
Auch Schweden hat seit Jahren mit ausufernder Bandenkriminalität zu kämpfen. In dem skandinavischen Land gibt es regelrechte Problemviertel. In Schweden werden überdurchschnittlich viele Menschen durch Schusswaffen getötet.
Aktuell werden in der Schweiz 120 Terrorverfahren geführt. Wie Bundesanwalt Stefan Blätter im Interview mit der «SonntagsZeitung» sagt, entspricht dies einer Verdoppelung der Fälle gegenüber dem Jahr 2022. Die meisten hätten einen dschihadistischen Hintergrund.
Es gehe dabei um Terrorpropaganda im Internet, um Geld, das aus der Schweiz an terroristische Organisationen fliesse und um Personen, die in den Dschihad reisen. «Wir müssen damit rechnen, dass die terroristischen Aktivitäten in der Schweiz zunehmen», so Blättler. Der Eindruck, dass die Schweiz im Vergleich zu anderen Ländern wie Deutschland oder Frankreich bislang verschont geblieben ist, trüge.
Aktuell werden in der Schweiz 120 Terrorverfahren geführt. Wie Bundesanwalt Stefan Blätter im Interview mit der «SonntagsZeitung» sagt, entspricht dies einer Verdoppelung der Fälle gegenüber dem Jahr 2022. Die meisten hätten einen dschihadistischen Hintergrund.
Es gehe dabei um Terrorpropaganda im Internet, um Geld, das aus der Schweiz an terroristische Organisationen fliesse und um Personen, die in den Dschihad reisen. «Wir müssen damit rechnen, dass die terroristischen Aktivitäten in der Schweiz zunehmen», so Blättler. Der Eindruck, dass die Schweiz im Vergleich zu anderen Ländern wie Deutschland oder Frankreich bislang verschont geblieben ist, trüge.
Selbst das Schweizer Aussendepartement weist Touristen in seinen Reisehinweisen darauf hin, dass sie in gewissen Gebieten Belgiens und Schwedens vorsichtig sein sollten. «In einzelnen Stadtteilen kommt es häufig zu Auseinandersetzungen mit Schusswaffen zwischen verschiedenen kriminellen Banden», heisst es beispielsweise für die schwedischen Städte Malmö, Stockholm und Göteborg.
Bund habe innere Sicherheit vernachlässigt
Bundesanwalt Blättler vergleicht kriminelle Organisationen mit Konzernen, die via Joint Ventures untereinander vernetzt seien. In solchen Fällen zu ermitteln, sei sehr aufwendig, erklärt er in der «SonntagsZeitung». «Es dauert Jahre, um nur schon die Vernetzungen aufzudecken. Dazu fehlen uns manchmal die Ermittler. Das ist ein Missstand.»
Laut Blättler sind Bundesanwaltschaft und Bundeskriminalpolizei derzeit stark ausgelastet, so dass wichtige Ermittlungen in diesem Bereich auf der Strecke bleiben. «Ich habe einzelne Dossiers in der Schublade, die wir nicht sofort bearbeiten können – schlicht weil das Personal fehlt.»
Blättler fordert eine stärkere Priorisierung der inneren Sicherheit. Diese sei vom Bund lange Zeit vernachlässigt worden. Immerhin: Die Botschaft sei inzwischen in der Politik angekommen.
Der Bundesanwalt ist nicht der erste Warner: Schon früher schlugen kantonale Polizeikorps Alarm. Kriminelle Clans und dubiose Akteure breiteten sich zunehmend aus und profitierten vielerorts vom chronischen Ressourcenmangel der Polizei, zeigte ein Bericht der SRF-«Rundschau» im vergangenen Frühjahr.