Er nutzt das N-Wort und findet es «hübsch»
Berner Polizist schreibt umstrittenes Buch – Kapo ist empört

Ein Berner Polizist schrieb ein Buch über seine Arbeit. Darin rechtfertigt er fragwürdige polizeiliche Praktiken – und verteidigt das N-Wort. Das sorgt für Entrüstung bei der Kantonspolizei und der Anti-Rassismus-Kommission.
Publiziert: 00:38 Uhr
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Aktualisiert: 08:27 Uhr
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Ein Berner Polizist hat ein Buch über seine Arbeit verfasst, darin verwendet er auch das rassistische N-Wort. (Symbolbild)
Foto: Keystone

Auf einen Blick

  • Berner Polizist veröffentlichte umstrittenes Buch über seine Arbeit
  • Autor verwendet N-Wort und rechtfertigt fragwürdige polizeiliche Praktiken
  • Kantonspolizei Bern distanziert sich von den Aussagen des Autors
  • Der Autor verteidigt sich: «Ich bin kein Rassist»
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Sophie ReinhardtRedaktorin Politik

In seinem Arbeitsleben hat der Berner Polizist André L.* die eine oder andere Räubergeschichte erlebt. Doch diese einfach für sich zu behalten, fällt dem Berner offenbar schwer. Deshalb hat er Ende 2018 ein Buch über seine Arbeit auf Streife publiziert.

Das Buch, das lange unbeachtet blieb, wirft unfreiwillig kein gutes Licht auf die Kantonspolizei Bern.

Schon im Vorwort philosophiert der Berner etwa über das N-Wort, welches er offensichtlich ohne Verlegenheit nutzt. So schreibt er: «Ich persönlich finde das Wort Neger ganz hübsch und assoziiere damit kein negatives Gedankengut, dies, weil ich mitunter in einer anderen Zeit aufgewachsen bin.»

Er sei «nun mal der Geradeaustyp, der sich gerne so ausdrückt, wie er denkt». Er habe das Buch «in der Wortwahl so ausgedrückt, wie es zur Situation passt und meinem Naturell entspricht».

In einem eigenen Kapitel über Rassismus schreibt der Autor: «Polizisten sind keine Rassisten. Oftmals nur gebrannte Kinder.» Er beschreibt zudem, dass seine Kollegen offenbar auch mal zur Selbstjustiz griffen, wenn ein schwarzer Dealer die Kollegen mit dem «Du-Idiot-was-willst-du-eigentlich-Blick anschauten».

Dies habe den einen oder anderen Polizisten zur Weissglut gebracht, «bis seine Hand ausrutschte». Dieses Gefühl sei durch eine «Kuscheljustiz» gefördert worden, welche Drogendealer zu sanft anfasste, schreibt er. Immerhin kommt der Autor auch zur Einsicht, dass die ausgeführte Selbstjustiz «keine zum Ziel führende Lösung» sei.

«Aussage widerspricht unseren Werten»

Jahrelang blieb das Buch unter dem Radar. Erst die Anfrage von Blick macht die Kantonspolizei auf die befremdlichen Aussagen des Werkes aufmerksam. Und diese ist nun sichtlich unzufrieden über das Bild, welche die Publikation von der Kantonspolizei Bern abgibt.

Als Blick die Polizei auf die entsprechenden Passagen anspricht, reagiert man dort deutlich: «Die vom Autor im erwähnten Buch gemachten Aussagen widerspiegeln in keiner Art und Weise die Werte der Kantonspolizei Bern, weshalb wir uns ganz klar davon distanzieren», heisst es auf Anfrage.

L. hatte die damalige Leitung der Kantonspolizei sogar über sein Buchprojekt informiert. Brisant: An der Spitze der Kapo stand Kommandant Stefan Blättler (65), der heutige Bundesanwalt. «Eine eigentliche Freigabe des ganzen Buches durch die Leitung der Kantonspolizei Bern erfolgte aber nicht», heisst es bei der Medienstelle der Kapo.

Bis heute ist der Autor bei der Kantonspolizei Bern im Dienst tätig. Nun will die Polizei aber genauer hinschauen: «Da diese Aussagen klar gegen unsere Werte sprechen, werden wir selbstverständlich das Gespräch mit dem betreffenden Mitarbeiter suchen.» Weiter werde man sich aber nicht äussern, da es sich um eine personalrechtliche Angelegenheit handle.

Gegenüber Blick verteidigt sich der Autor: «Ich bin kein Rassist.» Er möge alle Menschen und sei sehr weltoffen. Man müsse verstehen, dass der Text einige Jahre alt sei. Distanzieren könne und wolle er sich vom Buch aber nicht. Zudem betont er, dass es heute keineswegs mehr geduldet würde, wenn einem Polizisten im Dienst die Hand ausrutsche. «Wenn das heute einer macht, ist er sofort weg.»

Bewusst die emotionale Bedeutung

Bei der eidgenössischen Kommission gegen Rassismus ist man sich sicher, dass das N-Wort keinesfalls mehr in den Mund eines Polizisten gehöre. So könne der Autor nicht selbst definieren, was rassistisch gelte und was nicht: «Für die Einschätzung des N-Wortes ist es belanglos, ob eine Einzelperson dieses Wort unbedenklich und hübsch findet», sagt Ursula Schneider Schüttel (63), Präsidentin der eidgenössischen Kommission gegen Rassismus, auf den Fall hingewiesen.

Tatsache sei, dass das Wort in kolonialen Kontexten verwendet worden sei, um schwarze Menschen als minderwertig darzustellen. «Im 19. und 20. Jahrhundert wurde der Begriff in pseudowissenschaftlichen Rassentheorien verwendet, um vermeintliche Minderwertigkeit von Schwarzen zu betonen und ihre Diskriminierung zu rechtfertigen», so Schneider Schüttel.

«Das N-Wort ist in seiner Konnotation untrennbar mit rassistischen Ideen und Strukturen verbunden.» Wer das Wort verwendet, ignoriere bewusst die historische und emotionale Bedeutung, die es für viele habe.

*Name geändert

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