Heisse Abstimmungs-Konstellation am 25. September
Amherd hätte lieber nur AHV gebracht

Vier Vorlagen kommen Ende September an die Urne. Und diese könnten das linke Lager stärker mobilisieren und die AHV-Vorlage gefährden. Ein reiner AHV-Abstimmungssonntag wäre dem Verteidigungsdepartement von Viola Amherd darum lieber gewesen.
Publiziert: 28.06.2022 um 11:01 Uhr
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Vier Vorlagen auf einmal oder splitten? Bundeskanzler Walter Thurnherr brachte zwei Varianten ins Spiel.
Foto: keystone-sda.ch
Ruedi Studer

Gleich vier Vorlagen kommen am 25. September vors Volk. Die AHV-Reform und die dazugehörige Erhöhung der Mehrwertsteuer, die Verrechnungssteuer sowie die Massentierhaltungs-Initiative. Dass ein solches Abstimmungspaket an die Urne kommt, entspricht der üblichen Praxis, abstimmungsreife Vorlagen den Stimmberechtigten rasch zum Entscheid vorzulegen.

Wobei: Über ein Aufsplittung hat die Bundeskanzlei trotzdem nachgedacht. Das zeigen Dokumente, die Blick gestützt auf das Öffentlichkeitsgesetz erhalten hat. So schickte Mitte-Bundeskanzler Walter Thurnherr (58) ursprünglich zwei Varianten bei den Generalsekretariaten der Departemente in die Ämterkonsultation.

Alles bringen oder splitten?

Gemäss erster Variante sollten die vier Vorlagen auf den 25. September terminiert werden. Allerdings würde damit der 27. November als eidgenössischer Abstimmungstermin entfallen, weil derzeit keine Initiativen oder Referenden abstimmungsreif sind, erläuterte Thurnherr. Das würde auch jene Kantone entlasten, die für den November keine kantonalen Vorlagen parat haben. Und der Bund könnte damit «kleinere Einsparungen im Zusammenhang mit dem Druck der Abstimmungsunterlagen» verzeichnen.

Die zweite Variante sah eine gestaffelte Abstimmung vor: Während die AHV-Vorlagen im September an die Urne gekommen wären, hätte die Bevölkerung im November über Verrechnungssteuer und Massentierhaltung entscheiden können. Einen Vorteil ortete die Bundeskanzlei hier in einem «konstanten Abstimmungsrhythmus». Zudem würden kantonale Vorlagen von einem Mobilisierungseffekt durch die eidgenössische Abstimmung profitieren.

AHV im Sog der Verrechnungssteuer

Offiziell beurteilte die Bundeskanzlei beide Varianten als «gleichwertig» – wobei der Aspekt einer möglichen Inkraftsetzung per 2023 «eher» für die erste Variante sprechen würden.

Hinter den Kulissen soll es aber auch anderweitige Überlegungen gegeben haben: Nach dem Steuerstempel-Debakel droht den Bürgerlichen bei der Verrechnungssteuer-Abstimmung ein weiteres Fiasko. In dessen Sog könnte auch die AHV-Reform scheitern. Die Linke wird nämlich die Frage in den Fokus rücken, weshalb man bei den Frauen sparen soll, während sich der Bund gleichzeitig Steuergeschenke leisten kann. Abstimmungstaktisch wäre also ein reiner AHV-Sonntag aus bürgerlicher Sicht besser.

Amherd wünschte Fokussierung auf AHV

In diese Richtung deutet denn auch die Rückmeldung aus dem Verteidigungsdepartement von Mitte-Bundesrätin Viola Amherd (60). Das VBS könne zwar mit beiden Varianten leben, habe aber gewisse Präferenzen für die zweite Variante, welche die «Fokussierung der Abstimmungsdiskussion auf die politisch wichtige/zentrale Vorlage der AHV-Reform» ermögliche.

Das Wirtschaftsdepartement von SVP-Bundesrat Guy Parmelin (62) dagegen gab «aus Gründen der Effizienz» der ersten Variante den Vorzug. Ebenso das Finanzdepartement von SVP-Bundesrat Ueli Maurer (71) und das Aussendepartement von FDP-Magistrat Ignazio Cassis (61). Das Innendepartement von Alain Berset (50) hatte sich schon im Vorfeld dafür ausgesprochen «seine» drei Vorlagen – also AHV, Mehrwertsteuer und Massentierhaltung – am gleichen Tag zu bringen.

FDP-Silberschmidt hofft auf hohe Mobilisierung

Aufgrund des klaren Resultats kommt es nun zu einem einzigen Urnengang für die vier Vorlagen. «Es gewinnt die Seite, die besser mobilisieren kann», spricht FDP-Nationalrat Andri Silberschmidt (28, ZH) bereits von einem «Super-Sonntag». Im Gegensatz zu anderen Bürgerlichen sieht er aber keinen Nachteil in der Konstellation. «Ich gehe davon aus, dass eine hohe Mobilisierung der AHV-Vorlage hilft», zeigt er sich zuversichtlich, da «in breiten Teilen der Bevölkerung der Handlungsbedarf erkannt wird».

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