Die Einbürgerungsdebatte gewinnt an Fahrt! Die Grünliberalen wollen die Einbürgerungsfrist auf sieben Jahre beschränken, eine neue Volksinitiative gar auf fünf Jahre, und der Nationalrat will die Einbürgerungskriterien für die dritte Ausländergeneration lockern.
Die Grünen setzen nun noch eins obendrauf. Sie wollen die Einbürgerungspolitik grundsätzlich ändern. «Wir führen das Geburtsortsprinzip ein: Wer hier geboren wurde, erhält den Schweizer Pass», steht im neuen Wahlprogramm, das die Delegiertenversammlung am Samstag absegnen sollen.
Das bedeutet ein Wechsel vom heutigen Abstammungsprinzip («ius sanguinis») zum Geburtsortsprinzip («ius soli»), wie es etwa Frankreich oder die USA kennen. «Menschen, die in der Schweiz geboren sind, sollen ihre Integration nicht zuerst beweisen müssen, nur weil ihre Eltern keinen Schweizer Pass haben», heisst es im grünen Wahlprogramm.
Einbürgerung nach drei Jahren
Das Geburtsortsprinzip ist aber nicht die einzige Lockerung, die die Grünen vorschlagen. Sie wollen auch die Wartefrist nochmals deutlich verkürzen. Im Wahlprogramm heisst es dazu: «Wir verankern das Recht auf Einbürgerung für alle, die seit über drei Jahren in einem geregelten Status in der Schweiz leben.»
Ein Anspruch auf Einbürgerung also – für Niedergelassene ebenso wie für Asylsuchende oder vorläufig Aufgenommene, wenn sie die Einbürgerungskriterien erfüllen.
Trede fordert Einbürgerungs-Offensive
«Es braucht eine Einbürgerungs-Offensive», sagt Grünen-Fraktionschefin Aline Trede (39) zu Blick. Jährlich werden zwar rund 40'000 Personen eingebürgert, doch der Ausländeranteil steigt trotzdem – und lag Ende 2021 bei 25,7 Prozent.
«Die Lücke zwischen jenen, die im Land mitbestimmen können, und jenen, die nichts zu sagen haben, wird immer grösser», sagt Trede. «Das ist für eine Demokratie ein Problem.»
Wer seit drei Jahren hier lebt, soll deshalb den Schweizer Pass erhalten. «Die Erfahrung zeigt: Wer drei Jahre in der Schweiz ist, bleibt in der Regel auch weiterhin hier – und diese Menschen sollen mitbestimmen können», so Trede.
Und bei in der Schweiz Geborenen handle es sich meist um Kinder der zweiten oder dritten Ausländergeneration. «Es ist absurd, dass diese den Schweizer Pass nicht von Beginn weg erhalten.» Wobei Trede klarmacht, dass dem «ius soli» auch gewisse Grenzen gesetzt werden sollen. «Einen Gebärtourismus, nur um den roten Pass zu bekommen, wollen wir auch nicht. Es braucht gewisse Kriterien.»
Hohe Hürden
Allerdings, die Hürden für die Umsetzung der grünen Ideen sind hoch. In der laufenden Legislatur sind Vorstösse für die Lockerung der Einbürgerungskriterien mehrfach gescheitert.
2021 fiel ein Vorstoss zum «ius soli» des damaligen SP-Ständerats Paul Rechsteiner (70, SG) im Parlament durch. Ebenso ein Vorstoss der linken Nationalrätin Stefania Prezioso Batou (53, GE), wonach in der Schweiz geborene und hier lebende Kinder ausländischer Eltern mit 18 Jahren automatisch das Schweizer Bürgerrecht erhalten sollten.
Trede lässt sich davon nicht beirren. «Für gesellschaftspolitische Veränderungen braucht es manchmal mehrere Anläufe», sagt sie. «Davon lassen wir uns nicht abschrecken.»