Grenze bei 10 Gramm
Justiz darf Cannabis für Eigenkonsum nicht einziehen

Eine kleine Menge Cannabis, die für den Eigenkonsum bestimmt ist, darf nicht gerichtlich zur Vernichtung eingezogen werden. Dies hat das Bundesgericht entschieden. Die Grenze liegt bei 10 Gramm.
Publiziert: 24.07.2023 um 12:02 Uhr
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Aktualisiert: 24.07.2023 um 16:01 Uhr
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Im konkreten Fall war ein Mann 2019 vom Grenzwachtcorps am Bahnhof St. Margrethen kontrolliert worden.
Foto: AFP

Für eine Einziehung und Vernichtung fehlt es gemäss den Ausführungen des Bundesgerichts an der gesetzlichen Voraussetzung einer so genannten Anlasstat. Der Erwerb und der Besitz kleinster Mengen Cannabis sei legal. Dass zuvor mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit eine strafbare Handlung von einer Drittperson begangen wurde, reiche für den Nachweis der besagten Anlasstat nicht aus.

Im konkreten Fall war ein Mann 2019 vom Grenzwachtcorps am Bahnhof St. Margrethen kontrolliert worden. Er hatte 2,7 Gramm Marihuana und 0,6 Gramm Haschisch bei sich. Das Kreisgericht Rheintal sprach ihn vom Vorwurf des Verstosses gegen das Betäubungsmittelgesetz frei. Es ordnete aber die Vernichtung des Cannabis an. Das Kantonsgericht bestätigte diesen Entscheid.

Wie das Bundesgericht ausführt, wird nur der Konsum von Cannabis als Straftat angesehen und mit einer Ordnungsstrafe geahndet. Daraus folge, dass nur das Produkt beschlagnahmt werden könne, das zum Zeitpunkt der Straftat tatsächlich konsumiert wurde. Wenn der Straftäter nur eine kleine Menge des Betäubungsmittels besitze, sei dies nicht zulässig.

Vorbereitung nicht strafbar

Das Bundesgericht erinnert daran, dass es gemäss Betäubungsmittelgesetz nicht strafbar ist, Cannabis in kleinen Mengen für den Eigenkonsum zuzubereiten. Nach der Rechtsprechung gehören zu den straflosen Vorbereitungshandlungen insbesondere der Erwerb und der Besitz.

Das höchste Schweizer Gericht hat sich auch mit der Frage auseinandergesetzt, ob die Tat einer Drittperson als Anlasstat für die Einziehung dienen könnte – beispielsweise der Anbau, die Einfuhr, der Versand oder die Veräusserung von Cannabis-Produkten.

Zwar treffe es zu, dass dem legalen Erwerb oder Besitz von geringfügigen Mengen oftmals strafbare Handlungen von anderen Personen vorausgehen würden. Dies stehe aber nicht fest. Es wäre deshalb unhaltbar von der pauschalen Annahme auszugehen, dass immer eine strafbare vorgelagerte Handlung vorliegen würde. Lediglich eine gewisse Wahrscheinlichkeit reicht laut Bundesgericht für die Annahme einer Anlasstat nicht aus.

Unverhältnismässiger Aufwand

Ein entsprechender Nachweis wäre nur mit weiterführenden Ermittlungen möglich. Der Polizei kann nach Ansicht des Bundesgerichts an Ort und Stelle jedoch nicht prüfen, ob dem straflosen Besitz eine rechtswidrige Anlasstat von Dritten vorausgegangen ist.

Es entspreche kaum dem Willen des Gesetzgebers, wenn die Polizei in Bezug auf ein strafloses Verhalten weitere Untersuchungen tätigen und im Hinblick auf eine Einziehung an die zuständige Behörde rapportieren müsste. Ein solcher Aufwand wäre nicht verhältnismässig. (SDA)

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