«Gibt wirklich nichts zu verteidigen»
SP-Jositsch liest Berset wegen Flug-Affäre die Leviten

Die SP-Spitze zieht es vor, über den peinlichen Flug-Zwischenfall Bersets zu schweigen. Nicht so SP-Ständerat Jositsch. Er kritisiert das Verhalten seines Bundesrats gleich in mehrfacher Hinsicht.
Publiziert: 18.07.2022 um 09:58 Uhr
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Aktualisiert: 18.07.2022 um 11:11 Uhr
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Alain Berset hielt in seinen Frankreich-Ferien die dortige Luftwaffe auf Trab.
Foto: keystone-sda.ch

Der Zwischenfall ist peinlich – nicht nur für Alain Berset, sondern auch für seine Partei. Jahrelang hat der SP-Bundesrat seine Leidenschaft fürs Fliegen für sich behalten. Wegen eines Flugfehlers, der zum Einsatz der französischen Luftwaffe führte, weiss nun die ganze Schweiz davon.

Berset tut den Vorfall als «Privatsache» ab und will sich darum nicht persönlich zum Vorfall äussern. Und auch die SP-Spitze zieht es vor zu schweigen.

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Keine Privatsache, findet Jositsch

Nun aber wird auch Kritik aus den eigenen Reihen laut. Der Zürcher SP-Ständerat Daniel Jositsch (57) liest seinem Bundesrat im «Sonntalk» der CH-Media-Sender die Leviten. «Es gibt da wirklich nichts zu verteidigen», sagt das SP-Schwergewicht angesprochen auf die Flug-Affäre.

Er findet es angesichts der aktuellen Energiekrise und dem Klimaschutz unverständlich, dass Berset in seiner Freizeit mit einem Privatflieger durch die Gegend fliegt. «Und wie der Zwischenfall entstanden ist, das kommt noch dazu», so Jositsch.

Er widerspricht zudem dem Bundesrat, dass der Vorfall die Öffentlichkeit nicht zu interessieren habe. «Wenn ein Bundesrat oder irgendein Schweizer mit einem Flugzeug im Ausland einen Militäreinsatz provoziert, dann ist das eine öffentliche Sache», findet der Ständerat. Rücktrittsforderungen, wie sie nun nach der jüngsten Berset-Affäre aufgekommen sind, hält er allerdings für übertrieben. «Wir sollten aufpassen, dass wir Bundesräte an ihren politischen Leistungen messen», sagt Jositsch. Kritik sei ok, doch deswegen den Abgang zu fordern, sei nicht sinnvoll.

«Ich habe null Vertrauen in diese Person»

Jositsch wählt deutliche Worte an die Adresse seines eigenen Bundesrats. Noch deutlicher wird allerdings SVP-Nationalrätin Monika Rüegger (54). Sie wirft Berset im «Sonntalk» Doppelmoral vor – und nicht nur das. «Es scheint, dass der Bundesrat sein Amt missbraucht für persönliche Profilierungen», so der Vorwurf der Obwaldnerin. Für sie sei Berset inzwischen «untragbar» geworden. Sie wisse nicht, wie der SPler das Jahr als Bundespräsident, das 2023 für ihn ansteht, überstehen wolle. «Ich habe null Vertrauen mehr in diese Person.»

Zurückhaltender, aber ebenfalls äusserst kritisch äussert sich der Luzerner FDP-Ständerat Damian Müller. Angesichts der Häufung der Skandale um seine Person fürchte er, dass Berset allmählich den Boden unter den Füssen verliere. Er erwarte, dass Berset nun reinen Tisch mit sich selbst macht. «Hat er überhaupt noch genügend Energie, um die Dossiers, die bei ihm auf dem Tisch liegen, zu bewältigen?» Diesen Tatbeweis müsse der Innenminister in den nächsten Wochen liefern. Müller spricht damit auf die AHV-Abstimmung an, die im September ansteht. Und bei der dem Hobbypiloten eine Bruchlandung droht. (lha)

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