Gegenvorschlag zur SP-Prämien-Initiative
Nationalrat will Milliardenpaket für Prämienverbilligungen

Die Prämien auf einen Zehntel des Einkommens zu deckeln, wie das die SP per Initiative verlangt, war dem Nationalrat zu teuer. Er zeigt sich im Gegenentwurf aber grosszügig: Er will jährlich über zwei Milliarden Franken zusätzlich in Prämienverbilligungen stecken.
Publiziert: 16.06.2022 um 09:23 Uhr
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Prämien als Stein um den Hals der Steuerzahler: Die SP verlangt per Initiative mehr Prämienverbilligungen. Im Bild die SP-Nationalratsmitglieder Barbara Gysi und Angelo Barrile bei der Lancierung.
Foto: Keystone
Gianna Blum

Albert Rösti (54) kam ziemlich ins Schwitzen – und das nicht wegen der hohen Temperaturen in Bern. In der Debatte um die Prämien-Initiative der SP musste der Berner am Mittwoch kurzfristig einspringen, weil Fraktionspräsident Thomas Aeschi (43) nicht auffindbar war. Mehr schlecht als recht kämpfte sich Rösti durch die Anträge, die die SVP beim Gegenvorschlag zur Prämien-Initiative der SP eingereicht hatte. Er hoffe, dass das Protokoll seine Rede eleganter aufnehmen werde, sagte ein verlegener Rösti zum Schluss, «nicht dass ich ein Leben lang mit diesem Gestaggel aufgeführt werde!»

Es blieb ein frommer Wunsch: Das Protokoll hat brav jedes «Ahem» aufgeführt. Fromme Wünsche blieben auch die Anträge der SVP, die sich gegen die zusätzlichen Ausgaben wehrten. Die Prämien fix auf zehn Prozent des Einkommens zu deckeln, war zwar auch einer Mehrheit des Gesamtrats zu teuer. Im Gegenvorschlag zur Initiative schnürte er aber nach mehrstündiger Debatte am Donnerstagmorgen schliesslich ein 2,2-Milliarden-Paket. Den Ausschlag gab eine Mehrheit aus Mitte-Links und Teilen der FDP.

Milliardenpaket für Prämienverbilligungen

Wie vom Bundesrat vorgeschlagen, will auch der Nationalrat einen Mechanismus einbauen, bei dem die Kantone zu einem grösseren Beitrag an die Prämienverbilligungen gezwungen werden, je höher die Prämien insgesamt in ihrem Gebiet sind. Wesentlicher Unterschied zum Bundesrat ist, dass jene Zuschüsse, die an AHV- und IV-Bezüger gehen, separat finanziert werden. Statt gar keine Mehrkosten, wie das der Bundesrat gewollt hatte, steigt der jährliche Anteil des Bundes damit um 1,3 Milliarden Franken. Der Anteil der Kantone, die Verlustscheine aus nicht bezahlten Prämien aus ihrem Anteil noch abziehen dürfen, steigt um 800 Millionen Franken jährlich.

Der Entwurf ist auch ein Schuss vor den Bug mancher Kantone. Denn über die Jahre ist ein immer grösserer Teil des Betrags für die Prämienverbilligungen an Empfänger von Ergänzungsleistungen geflossen. Je höher deren Anzahl, desto weniger vom Verbilligungstopf bleibt für untere und mittlere Einkommen. Eine Zweckentfremdung, kritisierte SP-Gesundheitspolitikerin Flavia Wasserfallen (43), die es «dringend zu stoppen» gelte.

Kantone müssen eigenes Ziel definieren

Wie schon die Kommission zuvor hat sich auch der Rat entschieden, ein «Sozialziel» ins Gesetz zu schreiben. Der von der SP geforderte Zehn-Prozent-Deckel fällt dabei zwar weg, jeder Kanton muss dabei für sich definieren, wie viel Prozent des Einkommens die Prämien maximal kosten dürfen. Es sei «eine Kröte, die wir schlucken müssen», wie es die Grüne Manuela Weichelt (54) ausdrückte, da der übliche föderale Flickenteppich aus 26 verschiedene Sozialzielen drohe. Der Gedanke dahinter ist, dass die Kantone sich an die einmal definierten Ziele dann auch halten müssen.

Das Paket geht nun an den Ständerat, der die Initiative gemeinsam mit der Kosten-Bremse-Initiative der Mitte behandeln wird.

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