SP-Prämien-Initiative am Mittwoch im Nationalrat
Wie teuer darf die Krankenkasse sein?

Niemand soll mehr als ein Zehntel seines Einkommens für die Krankenkassenprämien zahlen müssen. Das verlangt die Prämien-Entlastungs-Initiative der SP. Am Mittwoch streitet der Nationalrat nun über einen Gegenvorschlag.
Publiziert: 15.06.2022 um 00:05 Uhr
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Aktualisiert: 16.06.2022 um 09:27 Uhr
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Die Prämien steigen, während viele Kantone bei den Prämienverbilligungen sparen. Das sorgt immer wieder für Frust – hier etwa eine Kundgebung 2018 in Genf.
Foto: Keystone
Gianna Blum

Die Krankenkassen pfeifen es schon so lange von den Dächern, dass für die Spatzen gar nichts mehr übrig ist: Nächstes Jahr steigen die Prämien voraussichtlich happig. Die Rede ist von fünf bis zehn Prozent mehr.

Pünktlich aufs Wahljahr 2023 hin hat die SP eine Volksinitiative vorgelegt, die Abhilfe schaffen soll. Das Anliegen will die Prämien bei maximal zehn Prozent des verfügbaren Einkommens deckeln. Ist es mehr, müssen Prämienverbilligungen gezahlt werden. Zwei Drittel davon soll der Bund berappen, ein Drittel die Kantone.

Kantone zum Kostenbewusstsein zwingen

Obwohl die Prämien unbestritten problematisch hoch sind, hat das Anliegen nicht nur Freunde – allen voran im Bundesrat. Die hohen Kosten im Gesundheitswesen sind das Problem, nicht die Prämien, lautet das Mantra von SP-Gesundheitsminister Alain Berset (50). Auch die Bürgerlichen kritisieren das Anliegen als reine Symptombekämpfung. Berset warnt zudem, dass die Initiative ohne höhere Steuern auch kaum umsetzbar sei.

In seinem Gegenvorschlag will Berset die Kantone in die Pflicht nehmen. Ihr Beitrag an die Prämienverbilligungen soll um so höher sein, je mehr die Versicherten im Kanton insgesamt für Prämien ausgeben. Der Prozentsatz, nachdem dieser Topf berechnet wird, orientiert sich daran, wie stark die tiefsten Einkommen trotz Prämienverbilligungen belastet werden.

Bersets Kalkül: Damit hätten die Kantone einen Anreiz, die Kosten tief zu halten, da sie so weniger Verbilligungen auszahlen müssen. Und günstiger wäre es auch: Während die Initiative Mehrkosten von knapp fünf Milliarden Franken bei Bund und Kantonen verursachen würden, wären es bei der Bundesrats-Variante noch 500 Millionen, dies aber allein bei den Kantonen.

Kommission will 2-Milliarden-Paket

Grosszügiger ist die Gesundheitskommission des Nationalrats. Sie orientiert sich zwar am Bundesrat, will aber auch diesen zu einem Beitrag zwingen. Konkret sollen die Prämienverbilligungen all jener, die Ergänzungsleistungen (EL) – also AHV oder IV – beziehen, separat finanziert werden. Damit würde ein grösserer Teil vom Verbilligungskuchen für alle anderen übrig bleiben.

Unterm Strich käme diese Variante auf 2,2 Milliarden Franken Mehrkosten. Zu teuer fand das eine von der SVP angeführte Minderheit, die eine weitere, sehr stark abgespeckte Variante vorschlug. Einstimmig haben die Gesundheitspolitiker dagegen ein «Sozialziel» ins Gesetz geschrieben: Die Kantone sollen festlegen, wie viel Prozent des Einkommens die Prämien ausmachen dürfen. Allerdings bleibt die Höhe dieses Prozentsatzes ihr Entscheid – es droht ein Flickenteppich.

Mitte und Freisinn entscheidend

Im Nationalrat wird es vor allem auf die Stimmen von Mitte und Freisinn ankommen, ob das 2-Milliarden-Paket Gnade findet. In der Kommission gelang das erst im zweiten Anlauf. Der angekündigte Prämienschock dürfte dafür gesorgt haben, dass das Geld plötzlich lockerer sass: Ohne handfesten Gegenvorschlag, so die Befürchtung, dürfte die Initiative vor einem prämiengeplagten Volk durchaus Chancen haben.

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