Gegenvorschlag des Nationalrats zur Biodiversitätsinitiative
Keine Flächenziele für Biodiversität

Der Nationalrat sagt als Erstrat Ja zum indirekten Gegenvorschlag zur Biodiversitätsinitiative. Das Volksbegehren selbst empfiehlt er zur Ablehnung. Konkrete Flächenziele hat er aus der Vorlage gestrichen. Er setzt auf einen qualitativen Ansatz.
Publiziert: 21.09.2022 um 09:56 Uhr
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Aktualisiert: 21.09.2022 um 10:13 Uhr
Aktivisten von Naturschutzorganisationen bei der Einreichung der Biodiversitätsinitiative im September 2020 in Bern. Ihr Begehren hat der Nationalrat abgelehnt. Er will der Initiative mit einem indirekten Gegenvorschlag den Wind aus den Segeln nehmen. (Archivbild)
Foto: ALESSANDRO DELLA VALLE

Die grosse Kammer hat am Mittwoch die Detailberatung beendet. In der Gesamtabstimmung hat sie der Änderung des Bundesgesetzes über den Natur- und Heimatschutz (NHG) und damit zusammenhängenden Erlassen mit 104 zu 83 Stimmen bei 5 Enthaltungen zugestimmt. Sie bilden die Grundlage für den indirekten Gegenvorschlag des Bundesrates.

Abgelehnt wurde dieser Gegenvorschlag von der SVP und teilweise auch von Mitgliedern der Mitte und der FDP. Die Ratslinke, die Grünliberalen sowie Teile von Mitte und FDP stellten sich dahinter.

Initiative zur Ablehnung empfohlen

Die Volksinitiative empfiehlt der Nationalrat dagegen mit 101 zu 72 Stimmen bei 19 Enthaltungen zur Ablehnung. Parteipolitisch waren die Verhältnisse ähnlich wie beim Gegenvorschlag. Die Vorlage geht nun in den Ständerat.

Zum Abschluss der Detailberatung beschloss der Rat, dass auch regionale und lokale Biotope in den ökologischen Leistungsnachweis aufgenommen werden sollen. Der entsprechende Passus im Landwirtschaftsgesetz kam allerdings nur mit dem Stichentscheid der grünen Ratspräsidentin Irène Kälin (AG) zustande (97 zu 96 Stimmen).

Grüne Korridore sollen verbinden

Weiter hat der Nationalrat im indirekten Gegenvorschlag verankert, dass die Schutzgebiete untereinander vernetzt werden sollen. Insbesondere die SVP wehrte sich vergeblich gegen die Schaffung dieser grünen Korridore.

Es gehe vor allem darum, die Qualität der bereits ausgeschiedenen Flächen zu verbessern, sagte Gabriela Suter (SP/AG). Diesbezüglich liege die Verantwortung nicht nur bei der Landwirtschaft, sondern auch bei den Siedlungsgebieten und Agglomerationen. «Wenn es summt und brummt, dann wächst es auch», brachte Beat Flach (GLP/AG) den Sinn der Vernetzung auf den Punkt.

Wiederherstellungspflicht bei Schäden

Ferner hat der Rat eine Wiederherstellungspflicht befürwortet, wenn jemand die Ufervegetation in Biotopen beschädigt. Schliesslich sollen auch private Stellen für den Vollzug und die Erfolgskontrolle der Massnahmen herangezogen werden können.

Bereits am Dienstag hatte die grosse Kammer das vom Bundesrat vorgeschlagenen Flächenziel von 17 Prozent Biodiversitätsflächen bis ins Jahr 2030 aus der Vorlage gestrichen. Er will der Biodiversität in der Schweiz über einen qualitativen Ansatz zu mehr Gewicht verhelfen, der auch den Kantonen ein Mitspracherecht einräumen will bei der Ausscheidung der Flächen.

Baukultur wird anderswo behandelt

Ganz aus der Vorlage ausgegliedert wurde Förderung der Baukultur von hoher Qualität. Sie soll im Rahmen der Kulturbotschaft behandelt werden. Dies beschloss der Nationalrat am Mittwoch noch formal mit 114 zu 74 Stimmen bei 3 Enthaltungen.

Jenen, die durch die Massnahmen einen weiteren Kulturlandverlust für die Nahrungsmittelproduktion befürchteten, versicherte Sommaruga schon am Dienstag, man werde sich beim Ausbau der Flächen immer innerhalb des bereits bestehenden Rahmens bewegen.

Qualität statt Quantität

Auf den bereits ausgeschiedenen 192'000 Hektaren für Biodiversität gebe es viele Aufwertungsmöglichkeiten. «Der Bundesrat sieht nicht vor, dass mit dem indirekten Gegenvorschlag in der Summe mehr Biodiversitätsförderflächen dazukommen.» Der Bundesrat wolle die Qualität fördern. Es werde auch niemand enteignet.

In der Eintretensdebatte am Montag und Dienstag war es zu einem regelrechten Redemarathon gekommen, an dem sich Dutzende von Nationalrätinnen und -räte beteiligten. Die bundesrätliche Vorlage wollte ursprünglich zusätzlich zum bestehenden Schutzgebiet etwa die Fläche des Kantons Luzern neu unter Schutz stellen lassen. Dies ist nun vorerst vom Tisch.

(SDA)

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