Ex-«Kassensturz»-Moderator Ueli Schmezer (61) soll nicht in den Nationalrat. Zumindest, wenn es nach SVP-Nationalrat Lukas Reimann (40) geht. Er hat einen Vorstoss eingereicht, der direkt auf Schmezer abzielt.
Schmezer ist nach seinem Abgang vom Schweizer Fernsehen der SP beigetreten. Für die Partei ein guter Fang. Beim SRF hat sich Schmezer nationale Bekanntheit erarbeitet. Ende August hat ihn die SP-Sektion Bern Ost auch gleich für ein Amt im Nationalrat nominiert.
Schmezer ist Auslöser
Die Kandidatur des bekannten Konsumentenschützers scheint Reimann ein Dorn im Auge. In der Motion ist Schmezer namentlich erwähnt.
Die Motion soll die SRG zwingen, eine Klausel in ihre Verträge aufzunehmen, die Mitarbeitern mit Medienauftritten, also vor der Kamera oder hinter dem Mikrofon, verbietet, auf nationaler Ebene für politische Ämter zu kandidieren.
Keine Moderatoren ins Parlament
Ein Moderator soll also nicht National- oder Ständerat werden dürfen. Ausser er ist schon vier Jahre nicht mehr beim SRF. Heute gibt der Gesamtarbeitsvertrag 2022 Mitarbeitenden sogar explizit das Recht, ein öffentliches Amt zu bekleiden.
«Wenn bekannte SRG-Persönlichkeiten die Seite wechseln und in die Politik einsteigen, so schwächt dies die Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit der SRG», begründet Reimann. Diese Person berichte so nicht unabhängig über Politik.
Wegen Gratiswerbung
Was Reimann mehr stört: Dass TV-Moderatoren über Jahre hinweg auf Kosten der Gebührenzahler Gratiswerbung erhalten, die sie dann für ihren Wahlkampf nutzen. Tatsächlich sind die Leutschenbach-Studios ein gutes Sprungbrett in die nationale Politik. Als Moderator sammelt man die Karriere lang Bekanntheit und Sympathien. So überflügelt man bei der Kandidatur leicht andere Polittalente.
Reimann fordert: Dies müsse aufhören, damit «der SRG-Job nicht für nationale Wahlkampagnen missbraucht werden kann».
Wählbarkeit ist in der Verfassung
Bei Staatsrechtlern stösst der Jurist Reimann allerdings auf Kopfschütteln. «Die Wählbarkeit ist abschliessend in der Bundesverfassung verankert», erklärt Markus Schefer (57), Professor für Staatsrecht an der Universität Basel. Diese gibt vor: Wenn jemand mindestens 18 Jahre alt und Schweizer ist sowie nicht unter umfassender Beistandschaft steht, kann er gewählt werden.
«Die Liste ist abschliessend. Es gibt keine weiteren Einschränkungen.» Sogar, wer wegen einer Straftat verurteilt sei, könne gewählt werden, selbst wenn er als Mörder im Gefängnis sässe. Die Idee dahinter sei, dass das Volk demokratisch entscheidet, wer gewählt wird. In autokratischen Regimes werde genau diese Wählbarkeit eingeschränkt. Wladimir Putin zum Beispiel habe dies perfektioniert, so Schefer.
Kandidatur verbieten geht nicht
Für den Staatsrechtler ist der Fall klar: «Wenn jemand nach Ende des Arbeitsverhältnisses mit der SRG kandidieren und gewählt werden würde, dann wäre die Wahl gültig. Selbst wenn die SRG eine solche Klausel in die Arbeitsverträge aufnehmen würde, würde dies die Wählbarkeit nicht tangieren.» Die SRG könnte Mitarbeitenden höchstens kündigen, wenn sie kandidieren. Verbieten kann sie die politische Kandidatur niemandem.
Schmezer ist wohl nicht der letzte SRF-Mitarbeiter, der den Sprung in die Politik wagt – und bei weitem nicht der erste. So haben beispielsweise der ehemalige LdU-Nationalrat Anton Schaller (77) und Ex-FDP-Nationalrat Filippo Leutenegger (69) eine Karriere bei der Medienanstalt hinter sich. Leutenegger gar als Chefredaktor.
Eigener Onkel machte es vor
Pikant: Reimanns Onkel Maximilian Reimann (80) nutzte für seinen Start in der Politik eben jene «Gratiswerbung», der sein Neffe jetzt ein Ende setzen will. Er wechselte direkt vom SRF für die SVP in den Nationalrat.
Bis zur Jahrhundertwende wechselten die Ex-Journalisten ausschliesslich ins bürgerliche Lager. Zuletzt hat sich das aber geändert. 2011 machte Matthias Aebischer (54) das Rennen. Der frühere «Tagesschau»- und «Kassensturz»-Moderator wurde Nationalrat für die SP.