Kennzeichnungspflicht für retuschierte Fotos gefordert
SPlerin will Influencer zu mehr Ehrlichkeit zwingen

In Norwegen müssen Influencer seit kurzem Fotos kennzeichnen, die retuschiert sind. Nun fordert SP-Nationalrätin Sandra Locher Benguerel, dass auch die Schweiz diese Massnahmen prüft.
Publiziert: 20.09.2022 um 15:26 Uhr
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Achtung, retuschierte Person! In Norwegen müssen bearbeitete Bilder seit 1. Juli gekennzeichnet werden.
Foto: forbrukertilsynet.no
Lea Hartmann

Ein paar Falten loswerden, Fettpölsterchen verschwinden lassen oder die Oberschenkel straffen? Kein Problem. Mit der richtigen App ist das im Handumdrehen getan. Viele Fotos und Videos, die auf Social-Media-Plattformen wie Instagram und Tiktok geteilt werden, sind kräftig retuschiert oder mit Filtern bearbeitet.

SP-Nationalrätin Sandra Locher Benguerel (47) bereitet das Sorgen. Die Bündnerin arbeitet seit 26 Jahren als Primarlehrerin. «Dabei sehe ich, welchen massiven Einfluss die sozialen Medien auf die Jugendlichen haben», sagt sie. Sie würden von den idealisierten Bildern geprägt und unter Druck gesetzt – auch ganz unbewusst. Die Folge können beispielsweise Essstörungen sein.

Sensibilisieren reiche nicht

Locher Benguerel will nun politisch aktiv werden – und nimmt sich dabei Norwegen zum Vorbild. Dort müssen bearbeitete Bilder seit dem 1. Juli explizit als solche gekennzeichnet werden. Die Regelung betrifft Fotos, bei denen die Körpergrösse, Körperbau oder Haut verändert worden ist. Sie müssen mit einem auffälligen Label, auf dem «retuschierte Person» steht, versehen werden. Das Gesetz betrifft einerseits Werbung, andererseits werden aber auch Influencerinnen und Influencer auf Social-Media-Plattformen zu mehr Ehrlichkeit und Transparenz gezwungen.

«Das neue Gesetz in Norwegen hat mich hellhörig gemacht», sagt Locher Benguerel. «An den Schulen geht man auf das Thema ein. Aber das reicht nicht. Wir müssen uns überlegen, auch auf regulatorischer Ebene tätig zu werden.» In einem Vorstoss fordert sie den Bundesrat deshalb auf, ein Gesetz wie in Norwegen zu prüfen. Mehrere SP-Nationalrätinnen und -Nationalräte haben den Vorstoss mitunterzeichnet.

«Am sinnvollsten wäre eine europäische Regelung», sagt Locher Benguerel. Das heisst für sie aber nicht, dass man in der Schweiz nicht vorwärtsmachen soll. In je mehr Staaten eine Diskussion darüber geführt werde, desto wahrscheinlicher werde eine länderübergreifende Regulierung.

«Es braucht definitiv mehr Realität»

Auch unter Influencern sieht man Handlungsbedarf. Morena Diaz (29) hat auf Instagram rund 60'000 Followerinnen und Follower. Sie ist wie Locher Benguerel ausgebildete Lehrerin und engagiert sich als Influencerin dafür, seinen Körper so zu mögen, wie er ist. Diaz würde eine Kennzeichnungspflicht für bearbeitete Fotos und Videos befürworten. «Wir alle sind täglich Tausenden Bildern ausgesetzt sind, gerade auch durch Social Media. Unser Hirn schafft es bei dieser Menge nicht mehr, real von retuschiert zu unterscheiden», sagt sie.

Für Diaz selbst würde sich mit einer Hinweispflicht nichts ändern. Sie verwende höchstens einen Filter, «der den Ton insgesamt wärmer macht». Körper oder Gesicht bearbeite sie nicht nach, sagt sie.

Viele andere Influencer haben da weniger Hemmungen. Laut Morena Diaz wird besonders auf Instagram gern der Retuschierpinsel gezückt. Dort brauche es «definitiv mehr Realität», findet sie. Bei der Video-Plattform Tiktok hingegen habe sie das Gefühl, dass diese «weniger perfekt» sei. «Das ist so wichtig, um bei allen Usern den Druck rauszunehmen – insbesondere bei den ganz jungen.»

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