Gegenspieler, Freunde, Familie
Das Machtnetz rund um Asylminister Beat Jans

Die Karriere des politischen Spätzünders in der SP war steil. Nun muss er den Rank auch mit politischen Gegnern finden.
Publiziert: 18.01.2024 um 10:30 Uhr
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Aktualisiert: 18.01.2024 um 14:41 Uhr
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Beat Jans, überzeugter Sozialdemokrat und neuer Asylminister der Schweiz.
Foto: keystone-sda.ch
Erich Bürgler und Iris Kuhn-Spogat
Bilanz

Beat Jans, bis vor kurzem Basler Regierungspräsident, stand mit dem Bündner SP-Nationalrat Jon Pult auf dem Ticket der SP als Ersatz für Alain Berset. Er hat das Rennen gewonnen: Im dritten Wahlgang wurde er mit 134 Stimmen gewählt. Der 59-jährige Jans ist in einfachen Verhältnissen aufgewachsen. Das, wofür er sich starkmacht, kennt er – im Gegensatz zu vielen seiner Genossen – aus eigener Erfahrung. Vielleicht ist das der Grund, dass er – im Gegensatz zu vielen seiner Genossen – nicht verbohrt wirkt? Jans, sehr wohl strategisch und machtbewusst unterwegs, ist ein Politiker, der heraussticht als einer, dem es mehr um die Sache als um sein Ego geht. Er hat Führungs- und Regierungserfahrung, ein facettenreiches Curriculum, gilt als konsensorientiert, als eloquent und dossierfest, sein Auftritt ist souverän, und er kann Englisch.

Artikel aus der «Bilanz»

Dieser Artikel wurde erstmals in der «Bilanz» publiziert. Weitere spannende Artikel findest du unter bilanz.ch.

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Last but not least: Jans ist ein Städter. Er ist der erste Bundesrat der Basler – nach 50 Jahren, was Balsam ist für viele Bebbi. Jans, der sich selbst als überzeugten Sozialdemokraten bezeichnet, ist die Stelle am 1. Januar 2024 angetreten und hat das Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) mit dem Asyldossier, das seine Parteikollegin Elisabeth Baume-Schneider nach nur einem Jahr und ohne nennenswerte Erfolge wieder loswerden wollte zugunsten des Departements des Innern (EDI), übernommen.

Die Familie

Beat Jans ist verheiratet mit der gebürtigen US-Amerikanerin Tracy Jans, einer Zahlenakrobatin: Die 51-Jährige ist Expertin in medizinischer Statistik und leitet am Schweizerischen Tropen- und Public-Health-Institut in Basel ein zehnköpfiges Team. Offenbar hatte für das Paar die Familie trotz Karriere immer Priorität: Beat Jans hat sich am Haushalt beteiligt, an der Kinderbetreuung und kann dem Vernehmen nach sogar kochen.

Die Familie mit Ehefrau Tracy Jans-Glass und den Kindern Zoe und Mia spielt eine wichtige Rolle.
Foto: keystone-sda.ch

Sie sind die Eltern von Mia (15) und Zoé (18), beide am Gymnasium. Heimisch sind die Jans im Multikulti-Kleinbasel, und da wollen sie auch in Zukunft wohnen bleiben. Anderes hingegen dürfte künftig von Grund auf anders werden: Jans hat 24/7 erreichbar zu sein.

Das Wahlkampfteam

Im Vorfeld der Bundesratswahlen überliess Beat Jans nichts dem Zufall. Ein professionelles Wahlkampfteam rückte die «Marke Jans» ins rechte Licht. Im Lead war Kommunikationsprofi Stefan Batzli. Er ist Geschäftsleitungsmitglied der Berner Kommunikationsagentur CRK und in der Bundesstadt bestens vernetzt. Egal ob Reden, Interviews oder öffentliche Auftritte: Die Fäden liefen bei Batzli zusammen. Die beiden kennen sich schon seit 15 Jahren. Batzli strich im Wahlkampf die «Lebenserfahrung» von Jans heraus und machte dabei klar, dass Konkurrent Jon Pult als Nationalratsmitglied im Vergleich zu seinem Kunden eher ein Neuling ist. Lobbyistin Fabienne Thomas und Sibylle Schürch waren weitere wichtige Mitglieder des Teams von Jans.

Die grössten Herausforderungen im neuen Amt

Die Politberaterin Schürch wird auch nach der Wahl zu seinem engsten Kreis gehören. «Wenn Beat eine Zweitmeinung braucht, ruft er mich an», sagte sie in einem Interview mit dem «Tages-Anzeiger». Sie sei Beraterin, Unterstützerin, Wahlkämpferin und Ansprechpartnerin in Krisen. Die Familien Jans und Schürch sind auch privat befreundet. Fabienne Thomas wiederum war Jans’ Trumpf, wenn es darum ging, angesichts der dicken Luft zwischen Jans und der Bauernlobby das Raumklima zu verbessern. Thomas hat vier Jahre beim Schweizer Bauernverband gearbeitet. Ihr Beziehungsnetz war hilfreich. Vertreter des Bauernverbands liessen kurz vor der Wahl jedenfalls durchblicken, dass man Jans gegenüber Pult bevorzuge. Das Image als Bauernschreck konnte er im letzten Moment ablegen.

Die Karriere

Nach der Matura wählte Beat Jans einen ungewöhnlichen Weg: Er machte eine Bauernlehre. Warum? «Nach dem Gymi hatte ich sehr viel Energie und keine Lust, weiter die Schulbank zu drücken. Ich wollte raus, mal richtig arbeiten», sagte er in einem «Blick»-Interview. Als Politiker war der 59-Jährige ein Spätzünder. Erst mit 34 trat er der SP bei. Dass er sich für die Sozialdemokraten entscheiden würde, war für Jans nicht selbstverständlich. Er nahm vor seinem Entscheid, in die Politik einzutreten, mit allen grossen Parteien Kontakt auf. Die damalige SP-Präsidentin Ursula Koch überzeugte ihn mit einem persönlichen Schreiben.

Davor hatte ihn seine Arbeit in der Entwicklungshilfe geprägt. Er lebte mehrere Jahre in Paraguay und Haiti. Diese Zeit habe ihn politisiert, sagt Jans. Als Sohn einer Verkäuferin und eines Metallbauschlossers erhielt er ein Stipendium für ein Studium der Naturwissenschaften an der ETH. Danach sass er unter anderem mehrere Jahre in der Geschäftsleitung der Naturschutzorganisation Pro Natura. Dort setzte er sich zusammen mit dem heutigen Geschäftsleiter Urs Leugger-Eggimann für den Lebensraum der Biber ein. Später machte er sich als Berater selbstständig. Der SP trat Jans 1998 bei. Bereits zwei Jahre später wurde er Präsident der Kantonalpartei. Ab 2021 war er Regierungspräsident des Kantons.

Die Gegenspieler

Beat Jans muss nun im Bundesrat mit den beiden SVP-Bundesräten Guy Parmelin und Albert Rösti den Rank finden, insbesondere in der Landwirtschaftspolitik. Dies gilt auch für den machthungrigen Bauernpräsidenten Markus Ritter.

Auch wird Jans zugunsten des Konsenses im Bundesrat seine eigene Meinung zurückstecken und zwangsläufig ab und zu gegen die eigene Partei antreten, namentlich gegen SP-Co-Präsident Cédric Wermuth, der einen forschen EU-Kurs fordert, oder gegen SP-Vizepräsidentin Barbara Gysi, welche die Zehn-Prozent-Deckelung der Krankenkassenprämien via Volksinitiative ansteuert. Der stoische Daniel Jositsch schliesslich hat bereits klargemacht, dass er einspringen werde, sollte Jans vor der Zeit abspringen.

Die Mitstreiter

Eva Herzog wollte selbst Bundesrätin werden und galt lange als parteiinterne Gegenspielerin von Jans. So wollten 2018 beide die Nachfolge von Anita Fetz im Ständerat antreten. Erst nach internen Querelen verzichtete Jans. Zuvor standen die beiden schon in Sachen Steuerpolitik auf verschiedenen Seiten.

Eva Herzog wurde von der Gegenspielerin zur Verbündeten von Beat Jans.
Foto: keystone-sda.ch

Trotzdem war Ständeratspräsidentin Eva Herzog zuletzt eine der Wegbereiterinnen für Jans. Sie setzte sich innerhalb der SP stark dafür ein, dass er aufs Bundesratsticket kam. Zum Basler Support gehören auch Nationalratspräsident Eric Nussbaumer und alt Ständerätin Anita Fetz. Sie ist mit Jans befreundet und hat in der SP immer noch grossen Einfluss.

Auf Zustimmung kann Jans auch ausserhalb seiner Partei zählen. Vorschusslorbeeren erhielt er jedenfalls von der Grünen-Politikerin Florence Brenzikofer, die nach seiner Wahl sagte: «Beat Jans kanns.» Dies, obwohl derzeit die Stimmung zwischen der SP und den Grünen äusserst angespannt ist, nachdem die Genossinnen und Genossen dem Grünen Bundesrats-Sprengkandidaten Gerhard Andrey die Unterstützung versagt haben. Von der Mitte kommen ebenfalls freundliche Worte in Richtung Jans. Lukas Engelberger zeigte sich überzeugt, dass der frisch gewählte Bundesrat seinen Job «sehr gut machen» werde.

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