Fragen zum EU-Rahmenvertrag
Cassis lässt Parlament auflaufen

Wie soll es mit der EU nach dem Scheitern des Rahmenabkommens weitergehen? Das Parlament hat Klärungsbedarf. Der Bundesrat aber liess die Fragen am Montag mehrheitlich unbeantwortet.
Publiziert: 07.06.2021 um 19:24 Uhr
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Aktualisiert: 08.06.2021 um 07:33 Uhr
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Wie soll es zwischen der Schweiz und der EU weitergehen? Das Parlament hat viele Fragen an den Bundesrat.
Foto: Keystone

Der Bundesrat hat gesagt, was zu sagen ist. Nach dem Abbruch der Verhandlungen zum EU-Rahmenabkommen sieht die Regierung offensichtlich keinen weiteren Klärungsbedarf. Der Bundesrat habe bereits «ausführlich dargelegt, wieso die Voraussetzungen für den Abschluss des institutionellen Abkommens seines Erachtens nicht gegeben waren», erklärte Aussenminister Ignazio Cassis (60) am Montag im Nationalrat.

Das sieht das Parlament ganz anders. Rund ein Dutzend Anfragen hat der Nationalrat für die Fragestunde eingereicht. Auch eine dringliche Debatte ist noch vorgesehen. Der Nationalrat will etwa wissen, wie der Bundesrat den bilateralen Weg denn nun festigen und weiterentwickeln will. Wie er dazu komme, sich mit dem Abbruch über gültige Bundesbeschlüsse hinwegzusetzen. Oder mit welchen Folgen nun zu rechnen sei und ob der Bundesrat bereit sei, die relevanten Unterlagen dazu offenzulegen.

Auf Forderungen gar nicht erst eingegangen

«Der Entscheid, das Abkommen nicht zu unterzeichnen, ist das Ergebnis einer Interessenabwägung», erklärte Cassis. Darin seien auch die Nachteile einbezogen. Das war alles, was der Tessiner Bundesrat dazu zu sagen hatte. Einmal mehr. Auf die Forderung nach weiteren Informationen ging der Aussenminister gar nicht erst ein.

Schon in den vergangenen Tagen und Wochen hatte sich der Bundesrat standhaft geweigert, der Aussenpolitischen Kommission des Nationalrats (APK-N) sein Geheimpapier zu den möglichen Folgen des Abbruchs herauszurücken. Nun muss das Nationalratspräsidium im Machtkampf zwischen Bundesrat und Parlament entscheiden.

Nichts Neues zu Plan B

Auch sonst liess sich Cassis nicht tiefer in die Karten blicken. Zum weiteren Vorgehen wiederholte er einzig hinlänglich Bekanntes. Um bei der EU wieder die Wogen zu glätten, setzt sich der Bundesrat dafür ein, möglichst rasch die blockierte Kohäsionsmilliarde freizugeben. Parallel dazu soll Justizministerin Karin Keller-Sutter (57) prüfen, wo Schweizer Recht einseitig an EU-Recht angepasst werden kann.

Auch vom Vorwurf, der Bundesrat habe sich über gültige Bundesbeschlüsse etwa in der Legislatur- oder Jahresplanung hinweggesetzt, wollte Cassis nichts wissen. «Der Bundesrat darf von einem solchen Entscheid abweichen, sofern er dies begründet», argumentierte der FDP-Magistrat. Mit seinem Bericht sei er dem nachgekommen.

Sowieso sei es Sache des Bundesrats, Verträge zu unterzeichnen – oder eben nicht. Gleichzeitig habe er vorgängig die Aussenpolitischen Kommissionen und die Kantone konsultiert. Die Mitwirkungsrechte seien damit eingehalten worden, betonte Cassis. Erwähnt hat er allerdings nicht, dass sich die Befragten allesamt gegen einen Verhandlungsabbruch ausgesprochen haben. (dba)

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