Der Frust bei den Schweizer Stadtbewohnerinnen und Stadtbewohnern wächst: Wer eine neue Wohnung suchen muss, findet oft nur Frust. Und auf den Strassen herrscht ein Riesenpuff. Die Probleme sind nicht völlig neu, haben sich zuletzt aber nochmals verschärft.
Die Schweizer Bevölkerung ist im letzten Jahr um beinahe 200'000 Personen angewachsen und schreitet auf die 9-Millionen-Schwelle zu. Der Dichtestress nimmt zu. Und immer mehr Menschen stellen sich die Frage, ob nicht langsam eine Obergrenze erreicht ist. ETH-Forscherin Sibylle Wälty (45) findet nein. «Es passen gut auch 16 Millionen Menschen in die Schweiz», sagt die Expertin für Raumentwicklung im Gespräch mit «SRF». Und dies innerhalb des heutigen Siedlungsgebiets und bei gleichbleibender Lebensqualität.
Alles Wichtige in Fussdistanz
Ihr Zauberwort heisst Raum- und Stadtplanung. Die Zentren sollen nach einer sogenannten 10-Minuten-Nachbarschaft geplant werden. Das heisst, dass alle Infrastrukturen des täglichen Gebrauchs innerhalb dieser Zeit zu Fuss erreichbar sind. Egal ob Bäckerei, Coiffeurladen, Bahnhof, Restaurants, Grünflächen oder Kindergarten. «Und im Idealfall auch die Arbeit», sagt Wälty zu «SRF».
Wenn es nach der ETH-Forscherin geht, ist das alles andere als eine Utopie, sondern in einzelnen Quartieren bereits Realität. Sie nennt die Rue Dancet in Genf oder das Quartier rund um den Ida-Platz in Zürich. Das Genfer Quartier bietet 10'000 Arbeitsplätze und ist Wohnort für 21'000 Menschen.
Mindestens 10'000 Menschen in 500-Meter-Radius
Damit eine 10-Minuten-Nachbarschaft funktioniere, benötige es mindestens 10'000 Bewohnerinnen und Bewohner sowie 5000 Arbeitsplätze in einem Radius von 500 Metern. Dann hätte man quasi eine Stadt innerhalb der Stadt. «Je mehr Leute dort wohnen, desto mehr entsteht ein vielfältiges und von zureisenden Konsumentinnen und Konsumenten unabhängiges Angebot», sagt sie zu «SRF».
Was die Verdichtung für das Stadtbild heissen würde? Dafür müssten nicht etwa reihenweise Hochhäuser gebaut werden, so Wälty. Bereits sieben bis achtstöckige Wohnblöcke würden reichen. Auf Hochhäuser würde sie an Orten mit besonders knappen Platzverhältnissen setzen. (smt)