Flughafenchef Lukas Brosi zu den Pistenverlängerungen, über die Zürich abstimmt
«Wir dürfen keine weiteren Starts einplanen»

Airport-CEO Lukas Brosi wehrt sich gegen den Vorwurf, mit längeren Flugpisten erhöhten sich die Kapazitäten des Flughafens Zürich. Für ihn steht der Ausbau der Sicherheitsmarge sowie eine höhere Pünktlichkeit im Vordergrund.
Publiziert: 16.02.2024 um 00:13 Uhr
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Aktualisiert: 16.02.2024 um 09:15 Uhr
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Flughafen-Chef Lukas Brosi erklärt, weshalb die Pistenverlängerung Sinn macht.
Foto: zVg

28,9 Millionen Passagiere sind im vergangenen Jahr über den Flughafen Zürich geflogen. Fluggäste zählen ihn zu den zehn besten Airports der Welt. Doch auch Zürich kann noch besser – und sicherer – werden. Dazu sollen zwei Flugpisten verlängert werden. Doch dazu braucht es Anfang März grünes Licht vom Zürcher Stimmvolk. Airport-Chef Lukas Brosi (45) empfängt den Blick gleich am Flughafen, um vor Ort darüber zu informieren, weshalb es den Pistenausbau aus seiner Sicht braucht.

Blick: Herr Brosi, im Abstimmungskampf bewerben Sie die Pistenverlängerung vor allem als Sicherheitsmassnahme. Heisst das, der Flughafen ist heute nicht sicher?
Lukas Brosi: Keineswegs! Die Luftfahrt und der Flughafen Zürich sind sicher. Aber es gibt Verbesserungspotenzial. Wir haben ein komplexes Betriebskonzept mit unterschiedlich langen, sich teilweise kreuzenden Pisten. Hier hilft die geplante Verlängerung. Darauf weist schon ein Bericht des Bundes von 2012 hin. Demnach ist die heutige Sicherheitsmarge zu gering. Wir müssen also Massnahmen ergreifen, um die Sicherheit zu erhöhen, den Flugbetrieb zu stabilisieren und uns weniger abhängig von Wind und Wetter zu machen. Das erhöht die Pünktlichkeit bei Landungen von Osten her und erleichtert die Einhaltung der Nachtruhe.

Wenn der Bund zusätzliche Sicherheitsmassnahmen für eine Infrastruktur von nationalem Interesse fordert, hat der Kanton Zürich tatsächlich noch eine Wahl?
Der Bund hat uns 30 Massnahmen empfohlen, die wir teilweise auch schon umgesetzt haben. Die kantonale Gesetzgebung regelt aber, dass der Kanton zustimmen muss, wenn Pisten bezüglich Lage und Länge angepasst werden sollen. Dies ist bei den Pistenverlängerungen der Fall. Und genau darüber stimmen wir am 3. März ab.

Was würde ein Nein an der Urne bedeuten?
Diesen demokratischen Entscheid hätten wir zu akzeptieren. Ein Nein wäre aber eine verpasste Chance zur Erhöhung der Sicherheit und Verbesserung der Abläufe, die ich persönlich sehr bedauern würde.

Schon lange bei der Flughafen-Crew

Lukas Brosi (45) kennt den Flughafen Zürich durch und durch. Schon seit 2009 ist der Betriebsökonom für den Flughafen Zürich tätig, ab 2017 war er Finanzchef und Mitglied der Geschäftsleitung. Dabei verantwortete er auch den Bereich Nachhaltigkeit und Umwelt. Der Flughafen hat sich zum Ziel gesetzt, seine Treibhausgas-Emissionen bis 2040 auf netto null zu senken. Auf Mai 2023 ist Brosi zum neuen Flughafen-Chef ernannt worden. Er lebt mit seiner Familie im Kanton Zürich.

Lukas Brosi (45) kennt den Flughafen Zürich durch und durch. Schon seit 2009 ist der Betriebsökonom für den Flughafen Zürich tätig, ab 2017 war er Finanzchef und Mitglied der Geschäftsleitung. Dabei verantwortete er auch den Bereich Nachhaltigkeit und Umwelt. Der Flughafen hat sich zum Ziel gesetzt, seine Treibhausgas-Emissionen bis 2040 auf netto null zu senken. Auf Mai 2023 ist Brosi zum neuen Flughafen-Chef ernannt worden. Er lebt mit seiner Familie im Kanton Zürich.

Hand aufs Herz: Garantieren Sie, dank der Pistenverlängerungen die Nachtruhe stets einzuhalten?
Was wir garantieren können, ist, dass die Massnahme der Verbesserung der Sicherheit und Pünktlichkeit zugutekommt – und keinen Kapazitätsausbau darstellt. Dass abends gar keine verspäteten Flüge mehr stattfinden, können wir hingegen schlicht nicht garantieren. Es wird auch in Zukunft Situationen geben wie Wind oder kurzfristige Probleme, die zu Verspätungen führen. Ich möchte aber betonen, dass wir in Zürich um 23.30 Uhr Betriebsschluss haben, nicht um 23 Uhr.

Aber warum ist dann immer von 23 Uhr die Rede?
In der letzten halben Stunde dürfen wir in Zürich einfach keine Flüge mehr einplanen. Doch wenn sich über den Tag Verspätungen aufgebaut haben, können wir diese bis um 23.30 Uhr abbauen, ohne dass wir dazu eine Ausnahmebewilligung brauchen.

Die Gegner der längeren Pisten glauben Ihnen nicht, dass Sie keinen Kapazitätsausbau anstreben. Schliesslich will die Flughafen Zürich AG wachsen.
Wir sollten die Dinge nicht vermischen. Bei der Abstimmung über den Pistenausbau geht es in keiner Weise um die Steigerung der Kapazitäten. Nur weil eine Piste länger wird, kann darauf kein einziges zusätzliches Flugzeug starten oder landen. Zudem besagen die Lärmschutzvorgaben des Bundes, dass wir am Abend, also bei Anwendung des Ostkonzepts, gar keine weiteren Starts und Landungen einplanen dürfen. Aufgrund der Pistenverlängerungen kann es nicht zu einem Kapazitätsausbau kommen.

Aber wenn die längeren Pisten die Abläufe auf dem Flughafen reibungsloser machen und die Flugzeuge rascher starten und landen können, entsteht doch Platz für weitere Flüge. Nicht?
Schon heute ist es so, dass wir tagsüber mehr Flüge durchführen könnten – unabhängig von den geplanten Pistenverlängerungen. Und nochmals: Die Verlängerungen wirken sich nur aufs Ostkonzept aus, das vor allem am Abend geflogen wird, wo die Starts und Landungen, wie gesagt, begrenzt sind.

Abstimmung am 3. März

Der Flughafen Zürich verfügt über drei unterschiedlich lange und sich kreuzende Pisten. Nach einer Sicherheitsüberprüfung 2012 wird empfohlen, die Pisten 28 und 32 zu verlängern. Dies erhöht die Sicherheitsmarge beim Ostkonzept, bei dem von Osten her auf Piste 28 gelandet wird. Das Konzept kommt abends und bei Westwind zur Anwendung. Die Flugpiste 28 ist die kürzeste Zürcher Piste. Dank einer Erweiterung um 400 auf 2900 Meter sinkt die Gefahr, dass Flugzeuge bei Startabbruch oder der Landung überschiessen. Auch die Piste 32 soll um 280 Meter auf neu 3580 Meter wachsen. Am 3. März stimmen die Zürcherinnen und Zürcher darüber ab.

Der Flughafen Zürich verfügt über drei unterschiedlich lange und sich kreuzende Pisten. Nach einer Sicherheitsüberprüfung 2012 wird empfohlen, die Pisten 28 und 32 zu verlängern. Dies erhöht die Sicherheitsmarge beim Ostkonzept, bei dem von Osten her auf Piste 28 gelandet wird. Das Konzept kommt abends und bei Westwind zur Anwendung. Die Flugpiste 28 ist die kürzeste Zürcher Piste. Dank einer Erweiterung um 400 auf 2900 Meter sinkt die Gefahr, dass Flugzeuge bei Startabbruch oder der Landung überschiessen. Auch die Piste 32 soll um 280 Meter auf neu 3580 Meter wachsen. Am 3. März stimmen die Zürcherinnen und Zürcher darüber ab.

Ein Wachstum ist aus ökologischen Gründen nicht zu begrüssen.
Wenn es gelingt, den Treibhausgasausstoss dennoch zu senken, kann man das auch anders sehen. Die Luftfahrtindustrie investiert viel in die Dekarbonisierung. Effizientere Maschinen, höhere Auslastungen und der schrittweise Ersatz des fossilen Kerosins durch synthetische Treibstoffe sind der Weg dazu. Zuständig sind in der Luft die Flugzeughersteller und Airlines. Als Flughafenbetreiberin wollen wir bis 2040 Nettonull erreichen. Dafür investieren wir am Flughafen Zürich einen dreistelligen Millionenbetrag.

Wenn dem herkömmlichen Kerosin immer mehr nachhaltiger Treibstoff beigemischt werden muss, verteuert das das Fliegen. Das freut Sie kaum, oder?
Das Fliegen nachhaltiger zu machen, ist unsere Verantwortung. Darum kommen wir nicht herum. Wir haben nach der Pandemie gesehen, dass die Leute weiterhin reisen wollen. Auch unsere Kinder möchten später die Welt sehen. Deshalb ist es wichtig, die Transformation der Luftfahrt in Richtung Nettonull zu unterstützen – das ist Teil der Lösung.

Es kann Ihnen doch nicht egal sein, wenn hohe Flugpreise die Leute vom Fliegen abhalten!
Schon heute sind die Flugpreise etwa ein Drittel höher als vor der Pandemie – und dennoch nähern wir uns bei den Passagierzahlen dem Vor-Corona-Niveau an. Bei Passagieren, die aus familiären Gründen reisen, sind wir bereits wieder auf diesem Niveau. Menschen wollen reisen und die Bevölkerung in der Schweiz wächst. Dies generiert eine erhöhte Nachfrage nach Mobilität, auch für die Strasse und Schiene. Auch Ferienreisen werden stark nachgefragt. Fluggäste sind nicht so preissensibel, wie man denkt. Selbst die Zahl der Geschäftsreisenden erhöht sich wieder.

Wie oft fliegen Sie selbst?
Geschäftlich einmal im Quartal. Und für Ferien mit der Familie ein- bis zweimal im Jahr – natürlich immer ab Zürich.

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