Der Flughafen Zürich will die Piste 28 um 400 Meter nach Westen verlängern, die Piste 32 um 280 Meter nach Norden. «Damit sollen die Sicherheitsmargen erhöht und die betrieblichen Abläufe verbessert werden, was insgesamt zu einem zuverlässigeren und stabileren Betrieb mit weniger Verspätungen führt», schreibt der Zürcher Regierungsrat, der das Vorhaben unterstützt.
Pistenverlängerung kommt vors Volk
Das kantonale Parlament hat die Pläne abgesegnet, doch links-grüne Parteien sowie Fluglärmgegner ergriffen das Referendum. Sie glauben nicht, dass der Flughafen die Pisten wegen der Sicherheit ausbauen will, sondern um längerfristig die Kapazität ausbauen zu können. «Die Ausbaupläne sind eine Mogelpackung», sagt Urs Dietschi (69), Vizepräsident der Bürgerorganisation «Fair in Air» und Kantonsrat der Grünen.
Am 3.März 2024 kommt die Vorlage vors Volk. Das Abstimmungsbüchlein, das der Zürcher Regierungsrat diese Woche publiziert hat, sorgt jedoch für rote Köpfe. Das Referendumskomitee wirft dem Kanton vor, wichtige Informationen, die gegen einen Ausbau sprechen, herausgestrichen zu haben. Dietschi: «Unsere Stellungnahme wurde eigenmächtig und ohne Rücksprache gekürzt, sodass nun fast die Hälfte der Seite, die für Nein-Argumente vorgesehen wäre, leer ist.»
Regierung weist Vorwürfe von sich
Die Flughafen-Gegner vermuten, dass der Regierungsrat und allen voran FDP-Volkswirtschaftsdirektorin Carmen Walker Späh (65) – sie gehört zu den Befürwortern des Pistenausbau – bewusst wichtige Informationen herausgestrichen haben, um die Wahrscheinlichkeit einer Annahme der Vorlage zu steigern.
Regierungssprecher Andreas Melchior weist diese Vorwürfe vehement zurück: «Dies ist eine bösartige Unterstellung des Referendumskomitees, die nicht zutrifft.» Der Regierungsrat habe die Abstimmungszeitung auf Antrag der Staatskanzlei genehmigt.
Die Tatsache, dass die Stellungnahme der Gegner auf eine halbe Seite gekürzt worden ist, erklärt Melchior so: «Es konnte mit dem Referendumskomitee keine fristgerechte Einigung über einen Text mit allfälligen Grafiken erzielt werden, der in inhaltlicher und formaler Hinsicht den gesetzlichen Bestimmungen gemäss GPR (Gesetz über die politischen Rechte, Anm. der Redaktion) und den Vorgaben der Staatskanzlei des Kantons Zürich entspricht.» Dies trotz intensivem Dialog, Hilfestellungen von Seiten der Staatskanzlei und einer Verlängerung der Eingabefrist.
Im GPR ist festgehalten, dass die «wahlleitenden Behörde» «ehrverletzende, offensichtlich wahrheitswidrige oder zu lange Äusserungen» in der Stellungnahme eines Referendumskomitees ändern oder zurückweisen kann.
Was schaffte es nicht ins Abstimmungsbüchlein?
Blick liegt die ursprünglich eingereichte Stellungnahme des Referendumskomitees vor. Demnach haben es unter anderem folgende Sätze nicht ins Abstimmungsbüchlein geschafft:
- «Bereits heute ist der Flugverkehr für 27 Prozent des menschengemachten Klimaeffekts in der Schweiz verantwortlich.»
- «Mit Erhöhung der Passagierzahlen auf 50 Mio. durch einen Pistenausbau würde die Lärm- und Schadstoffbelastung (...) für alle Himmelsrichtungen steigen.»
- «Gemäss Bericht des Flughafens wird jede Nacht die Nachtruhe verletzt mit Flugverkehr nach 23 und vor 6 Uhr.»
- «Zwischen 2010 und 2015 konnten rund 800 von 25 000 untersuchten Todesfällen in der Nähe des Flughafens Zürich auf ein Herz-Kreislauf-Versagen zurückgeführt werden, deren Ursache der nächtliche Fluglärm war (Empa/Schweizerisches Tropen- und Public Health-Institut, 2020).»
- «Dass die Sicherheit uneingeschränkt gegeben ist, bestätigten die Flughafenzuständigen an ihrer Medienkonferenz selbst.»
Anfragen werden ausweichend beantwortet
Auf die Frage von Blick, welche dieser Aussagen nach Ansicht von Staatskanzlei und Regierungsrat gegen das GPR verstossen, wollte Regierungssprecher Melchior nicht eingehen. Stattdessen liess er am Freitag ausrichten, dass dem Referendumskomitee eine Rechtsmittelmöglichkeit offen stehe und in letzter Instanz das Bundesgericht entscheide.
Gestern Nachmittag haben sich die Flughafen-Gegner entschieden, von diesem Recht Gebrauch zu machen. «Wir haben beim Regierungsrat eine Stimmrechtsbeschwerde eingereicht», sagt Dietschi von der Bürgerorganisation «Fair in Air». Mit der Stimmrechtsbeschwerde kann in der Schweiz die Verletzung von politischen Rechten bei Wahlen und Abstimmungen beim Bundesgericht gerügt werden.