Menschen tanzen, singen und küssen sich. Nachtclubs sind ein regelrechtes Paradies für jedes Virus. Dennoch dürfen Clubs in der Schweiz seit knapp vier Wochen wieder Nachtschwärmer empfangen – ganz im Unterschied zu den Nachbarländern.
«Dass man die Clubs ohne zusätzliche Auflagen offen lässt, ist völlig absurd», sagt FDP-Nationalrat Marcel Dobler (39, SG). Es brauche dringend Restriktionen, «ausser man nimmt in Kauf, dass jedes Wochenende wegen einer positiven Person 500 Menschen in Quarantäne müssen». Aber das sei sicher nicht im Interesse der Arbeitgeber und der Steuerzahler.
Partys werden zu Corona-Hotspots
In den vergangenen Tagen gaben verschiedene Partys zu reden: Etwa die Techno-Nacht vor der Berner Reitschule, der erste Superspreader im Zürcher Club Flamingo, der Corona-Hotspot in Spreitenbach oder die Party-Rückkehrer aus Serbien in den Bündner Bergen.
Dobler kann nicht verstehen, weshalb man die Clubtüren offen lässt, im ÖV aber neu eine Maskenpflicht gilt. «In einem Club verhält man sich ganz anders als im Zug», sagt Dobler.
Er vermutet hinter der ÖV-Maskenpflicht ein «Buebetrickli» des Bundesrats: «Ich kann mir vorstellen, dass er damit die Akzeptanz der Masken in der Bevölkerung kurzfristig erhöhen will, um dann in einem zweiten Schritt eine generelle Maskenpflicht einzuführen.» Die Wirksamkeit dieser Einzelmassnahme könnten wir allerdings erst in zwei Wochen beurteilen.
Maskenpflicht in Clubs nicht möglich
Bräuchte es auch eine Maskenpflicht in Clubs? Das könne sie sich beim besten Willen nicht vorstellen, sagt SVP-Nationalrätin Martina Bircher (36, AG). «Entweder man lässt die Clubs offen oder man schliesst sie.»
Sie findet allerdings, dass die Clubs eine zweite Chance verdient hätten: «Falls wir dieses Wochenende sehen, dass das Tracing wieder nicht funktioniert, müssen wir die Clubs schliessen.»
Bundesrat in der Pflicht
Bundesrat Alain Berset (48) hatte Anfang Woche betont, es sei an den Kantonen, den Betrieb in den Clubs notfalls einzustellen. Das lässt Bircher nicht gelten: «Der Bundesrat gibt hier die heisse Kartoffel weiter.» Es sei klar, dass die Clubszene nicht an der Kantonsgrenze Halt mache.
«Die Jungen gehen nach Zürich, Basel oder Luzern in den Ausgang – und bringen das Virus im schlimmsten Fall nach Hause zurück.» So passierte es vermutlich auch in Spreitenbach (AG), wo sich 20 Personen in einer Bar ansteckten. Die Behörden vermuten, dass die Infektionskette nach Zürich führt.
Hotspots «absehbar»
Birchers Partei – die SVP – machte sich diese Woche lautstark für einen Partystopp stark. Dies, obwohl die Partei zu denjenigen gehörte, die zu Beginn an vorderster Front für die Lockerungen kämpften.
Es sei absehbar gewesen, dass es in Clubs und Bars zu Ansteckungen komme, sagt SP-Nationalrat Fabian Molina (29, ZH). «Wenn man ausgeht, geht man ein Risiko ein – doch das gilt genauso für den ÖV.» Molina plädiert ebenfalls dafür, dieses Wochenende abzuwarten und erst dann über allfällige Club-Schliessungen zu entscheiden.
Was sicher nichts bringe, sei eine Wiedereinführung der Polizeistunde: «Das Virus orientiert sich nicht an der Uhrzeit. Es kann sich vor Mitternacht genauso gut in Clubs verbreiten.»