ETH-Nuklearforscher behauptet
AKW machen Energiewende günstiger

Klimaneutrale Energieversorgung sei auch ohne AKW möglich, sagt der ETH-Nuklearforscher Andreas Pautz. Dennoch plädiert er weiterhin für Kernenergie – sorgt sich aber gleichzeitig um Nachwuchsforscher.
Publiziert: 24.07.2023 um 11:08 Uhr
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Aktualisiert: 25.07.2023 um 15:01 Uhr
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In der Schweiz dürfen keine neuen AKW gebaut werden.
Foto: Keystone

In der Schweiz könnten die bestehenden Kernkraftwerke problemlos 60 Jahre oder gar noch länger sicher in Betrieb bleiben. Das sagt Andreas Pautz, Leiter des Forschungsbereichs Nukleare Energie und Sicherheit am Paul-Scherrer-Institut (PSI), im Gespräch mit der «NZZ».

Gerade finanziell wäre dies eine interessante Option, erklärt Pautz: «Jede zehn Jahre Weiterbetrieb der bestehenden Kernkraftwerke machen die Energiestrategie des Bundes um gut zehn Prozent günstiger.»

Angst vor Fachkräftemangel

Ein Hindernis dabei könnten die fehlenden Fachkräfte sein. Zwar seien Studiengänge für Kerntechnologie beliebt, doch der Nachwuchs, der in der Schweiz ausgebildet werde, reiche nicht aus, um die AKW vollständig mit Personal zu versorgen, sagt Pautz. Bislang konnte die Schweiz jeweils von deutschen Fachkräften profitieren. «Aber diese Quelle versiegt nach und nach», sagt er zur «NZZ». Junge Fachleute würden es spannender finden, in Ländern zu arbeiten, wo neue Anlagen entwickelt werden.

In der Schweiz ist das nicht möglich. Der Bau von neuen Kernkraftwerken ist verboten. Bestehende AKW dürfen jedoch noch so lange im Betrieb bleiben, wie sie als sicher gelten. Eine Volksinitiative will das Neubauverbot für Kernkraftwerke aufheben. Zumindest ihr Sammelziel haben sie schon fast erreicht, schrieb der «Tages-Anzeiger» kürzlich.

AKW-Renaissance fraglich

Doch selbst wenn die gesetzlichen Grundlagen wieder gegeben wären: Ein grosses Interesse an Investitionen scheint es in der Branche nicht zu geben. Axpo-CEO Christoph Brand sagt gegenüber «CH Media», dass in den nächsten 20 Jahren keine neuen Kernkraftwerke ans Netz gehen würden. Aktuell gebe es keine Investoren und die Verfahren seien zu langsam. «Kernkraft alleine löst das Energieproblem der Schweiz bis 2050 nicht», sagt Brand.

Für Nuklearforscher Pautz könnten Subventionen und schlankere Verfahren helfen, AKW attraktiver zu machen. Sicherheitsbedenken hat er nicht. «Wenn ein Reaktortyp in Finnland und Frankreich genehmigt wurde, kann man davon ausgehen, dass der Reaktor auch in der Schweiz grundsätzlich genehmigungsfähig ist», sagt er zur «NZZ».

In der Bevölkerung sind AKW nicht sonderlich beliebt. Ein Neubau von Kernkraftwerken findet keine Mehrheit. Zu diesem Schluss kommt eine Studie von GFS Bern im Auftrag des Verbands Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen aus dem Mai. 65 Prozent der Schweizerinnen und Schweizern wollen kein neues Atomkraftwerk, selbst wenn es zahlreiche andere Kraftwerke verhindern würde, also Windräder, Solaranlagen in den Bergen oder Staumauern. (bro)

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