Es deutet einiges darauf hin, dass der Parteiwechslerin Isabel Garcia (59) schon vor den Zürcher Wahlen klar war, dass sie den Grünliberalen (GLP) den Rücken kehrt – während sie noch für die Partei kandidierte. FDP-Mitglieder des Zürcher Gemeinderats hatten sich nämlich schon am Freitag vor dem Urnengang bei Mitgliedern anderer Parteien erkundigt, wie denn ein Parteiwechsel grundsätzlich ankäme.
Dabei wurden einzelne Gemeinderätinnen und Gemeinderäte offenbar gefragt, wie sie 2019 etwa den Parteiübertritt von Chantal Galladé (50) von der SP zur GLP oder im selben Jahr denjenigen von Claudia Frei-Wyssen (44) – ebenfalls von der SP zur GLP – empfunden haben. So erzählen es Zürcher Politikerinnen und Politiker.
Parteiwechsel brauchen Vorlaufzeit
Garcias Täuschung der Wählerschaft wäre noch grösser, sollte sich bestätigen, dass die Freisinnigen den Parteiwechsel schon aufgleisten, während sie die Bürgerinnen und Bürger noch als Grünliberale auf den Wahlzettel schrieben.
Zumindest ist es höchst fraglich, dass der Wechsel tatsächlich erst eine Woche nach der Wahl bei einem Treffen zwischen Garcia und der FDP, nämlich am Sonntag, 19. Februar, fixiert wurde. Schliesslich wisse man von der Causa Galladé, ein solcher Parteiwechsel brauche mindestens zwei bis drei Wochen Vorbereitung, in Wahl- und Ferienzeiten eher noch mehr, sagt ein Zürcher Politiker.
Isabel Garcia war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Bei der Stadtzürcher FDP-Parteileitung heisst es auf Anfrage dazu: Ob Isabel Garcia innerlich bereits vor den Wahlen entschieden habe, die Partei wechseln zu wollen, sei die grosse Frage. Man habe sich am 19. Februar wegen diverser Ferien-Abwesenheiten in einer Video-Konferenz dazu ausgetauscht. Die FDP habe aber nach Garcias Entscheid dazu entschlossen, sie in der Partei aufzunehmen und den Übertritt rasch durchzuziehen. Man wolle transparent sein bei der Aufstellung des Kantonsrates, heisst es weiter.
Entscheid mit weitreichenden Folgen
Fest steht heute: Am 12. Februar wurde Garcia für die Grünliberalen in den Zürcher Kantonsrat gewählt. Nur gerade elf Tage später gab sie ihren Austritt aus der Partei bekannt. Per sofort politisiert sie für die freisinnige Konkurrenz. Sie nimmt den Sitz im Kantonsrat mit zu den Freisinnigen. Ein Affront für viele Wähler – gerade auch für die Ökofraktion und die Linke. Denn der Entscheid hat weitreichende Folgen. So verliert beispielsweise die Klimaallianz aus SP, Grünen und GLP die absolute Mehrheit im Zürcher Kantonsrat.
Der öffentliche Druck auf Isabel Garcia nimmt seit Bekanntwerden ihres Parteiwechsels zu. Im Internet wurde eine Petition gestartet, die ihren sofortigen Rücktritt fordert. Und: Unbekannte haben in der Stadt Zürich Plakate mit Rücktrittsforderungen aufgehängt. Ein Vorgehen, das die FDP scharf kritisiert: Eine solche Hetzjagd sei neu. Da würden jegliche Grenzen überschritten. Ironischerweise kämen diese aus linken Kreisen, vermutet die FDP, die stets Massnahmen gegen Hass im Netz fordern würden.