Die neue Ständerätin des Kantons St. Gallen heisst Esther Friedli (45). Die Bernerin, die seit Langem im Toggenburg lebt und seit vier Jahren als SVP-Nationalrätin in Bern Erfahrungen gesammelt hat, hat den zweiten Wahlgang klar für sich entschieden: Mit 70'449 Stimmen hat sie deutlich mehr Stimmen gemacht als ihre Gegnerin Barbara Gysi (58), die 45'293 Stimmen holte. Die SP-Kandidatin konnte einzig in der Stadt St. Gallen und in Rorschach mehr Stimmen machen als Friedli.
Friedli erweist sich damit einmal mehr als gute Wahlkämpferin: Erst seit 2016 SVP-Mitglied (zuvor gehörte sie der damaligen CVP an) vertritt sie klar die offiziellen Parteipositionen. Davon abweichende Meinungen hört man von ihr kaum. Im Umgang ist sie freundlich, konziliant, zugänglich, hat für jeden ein offenes Ohr. Diese Mischung funktioniert im eher konservativen und ländlich geprägten St. Gallen gut.
Historischer Sieg
Friedli errang einen zweifachen Sieg von historischer Bedeutung: Erstens ist sie die erste SVP-Ständerätin überhaupt. Und zweitens ist es der SVP dank ihr zum ersten Mal gelungen, einen Ständeratssitz im Kanton St. Gallen zu erobern. Das hatte nicht einmal Friedlis Lebenspartner, Ex-SVP-Präsident Toni Brunner (48), geschafft. Versucht hat er es zweimal, beim letzten Mal trat er 2011 gegen SP-Urgestein Paul Rechsteiner (70) an und unterlag knapp.
Rechsteiners Rücktritt hat Friedli nun den Weg geebnet. Schon im ersten Wahlgang Mitte März hatte Friedli doppelt so viele Stimmen gemacht wie die erste Verfolgerin, Susanne Vincenz-Stauffacher (56, FDP). Ebenfalls angetreten war Franziska Ryser (31) von den Grünen. Vincenz-Stauffacher und Ryser hatten sich nach dem ersten Wahlgang zurückgezogen.
Noch Luft nach oben
Sie müsse das Wahlergebnis erst noch etwas sacken lassen, sagt Friedli am Sonntag gegenüber «20 Minuten». Dass der Sieg so deutlich sei, habe sie doch etwas überrascht. «Ich freue mich über die Wahl in den Ständerat, aber es erfüllt mich auch mit Demut.» Im Wahlkampf habe sie viele Anliegen der St. Gallerinnen und St. Galler aufgenommen, diese wolle sie künftig im Ständerat vertreten.
Ein politisches Schwergewicht ist Friedli noch nicht – obwohl sie in der einflussreichen Wirtschaftskommission sitzt, wird sie kaum wahrgenommen. Aus den Reihen der Kommission wird sie als solide und dossierfest beschrieben, aber ebenfalls nicht als Strippenzieherin, Brückenbauerin oder Macherin gesehen. Es wird interessant sein, zu beobachten, wie sie sich nun in der Kleinen Kammer entwickelt – wo man mehr das Wort ergreifen kann, eigenständige Haltungen wichtiger sind und Parteiparolen oft den Interessen des Heimatkantons weichen.
Sicher ist hingegen: Bauernpräsident Markus Ritter (56) hat mit Friedli eine zuverlässige Verbündete im Ständerat gefunden. Der Bauernverband hatte sich im Wahlkampf stark für Friedli engagiert – und das wird sie ihm verdanken.
Am Sonntag gab es noch eine weitere Ständeratswahl in der Ostschweiz: Der Innerrhoder Ständerat Daniel Fässler (62, Mitte) wurde an der Landsgemeinde in Appenzell mit grosser Mehrheit wiedergewählt.
Der Mitte-Politiker war der einzige offizielle Kandidat. Der Jurist und Politiker ist seit 2019 Innerrhoder Ständerat. Zuvor hatte er seinen Kanton während acht Jahren im Nationalrat vertreten. Von 2008 bis 2019 war Fässler zudem Mitglied der Innerrhoder Standeskommission (Regierung) und Landammann. (SDA/sf)
Am Sonntag gab es noch eine weitere Ständeratswahl in der Ostschweiz: Der Innerrhoder Ständerat Daniel Fässler (62, Mitte) wurde an der Landsgemeinde in Appenzell mit grosser Mehrheit wiedergewählt.
Der Mitte-Politiker war der einzige offizielle Kandidat. Der Jurist und Politiker ist seit 2019 Innerrhoder Ständerat. Zuvor hatte er seinen Kanton während acht Jahren im Nationalrat vertreten. Von 2008 bis 2019 war Fässler zudem Mitglied der Innerrhoder Standeskommission (Regierung) und Landammann. (SDA/sf)