Erstes Hearing zum CS-Kollaps
Karin Keller-Sutter muss vor der PUK aussagen

Die Finanzministerin wird als erste Auskunftsperson ihre Sicht der dramatischen Tage um den 19. März darlegen. Die Erwartungen an die Parlamentarische Untersuchungskommission sind enorm.
Publiziert: 08.10.2023 um 01:15 Uhr
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Aktualisiert: 08.10.2023 um 11:15 Uhr
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Wie genau kam es zum Kollaps und zum Verkauf der Credit Suisse? Die PUK startet mit ihren Befragungen.
Foto: keystone-sda.ch
Beat Schmid*

Jetzt wird es ernst mit der Aufarbeitung der Ereignisse rund um den Zusammenbruch der Credit Suisse. Nächste Woche beginnt die Parlamentarische Untersuchungskommission (PUK) mit den ersten Einvernahmen. Bisher war das Gremium vor allem mit organisatorischen und konzeptionellen Vorarbeiten beschäftigt.

Am kommenden Donnerstag soll es losgehen. Wie der SonntagsBlick aus dem Umfeld der PUK erfahren hat, muss FDP-Bundesrätin Karin Keller-Sutter (59) am 11. Oktober als Auskunftsperson zum ersten Hearing der PUK erscheinen. Sie wird Fragen zu den Umständen des Zusammenbruchs, der Rettung und des Verkaufs der Credit Suisse an die UBS beantworten. Und muss wahrheitsgetreu Auskunft geben. Falsche Aussagen können strafrechtliche Folgen haben.

Keller-Sutter wird darlegen, wie die Gespräche zwischen Vertretern von UBS und Credit Suisse abliefen und welche Rolle das von ihr geführte Eidgenössische Finanzdepartement (EFD), die Schweizerische Nationalbank (SNB) und die Finanzmarktaufsicht (Finma) spielten.

Die Unabhängigkeit der Finma

Die wichtigsten Fragen: Warum wurde eine Sanierung der angeschlagenen Grossbank verworfen? War ein Verkauf tatsächlich alternativlos? War der Verkauf an die UBS die einzige Option? Warum wurde die UBS nicht gezwungen, die CS Schweiz als eigenständige Einheit abzuspalten und später an die Börse zu bringen?

Ein entscheidender Punkt: Wie frei war die Finma in den turbulenten Märztagen? Wurde auf sie Druck ausgeübt, von einer Sanierung abzusehen? Haben EFD oder UBS dahingehend auf die Behörde eingewirkt, die berüchtigten AT1-Anleihen abzuschreiben?

Die Frage nach der Unabhängigkeit der Aufsichtsbehörde ist deshalb so wichtig, weil die Finma laut Gesetz frei entscheiden muss. Niemand darf ihr dreinreden, wenn es darum geht, einer Bank die Lizenz zu entziehen oder – wie im Fall der Credit Suisse – eine Bank für klinisch tot zu erklären und deshalb Schuldpapiere im Umfang von 16 Milliarden Franken auf null abzuschreiben. Diesen Entscheid kann nur die Finma fällen und sie muss ihn unabhängig fällen.

Enorme Erwartungen

Die Erwartungen an die PUK sind enorm. Der Schlussbericht, der nicht vor Sommer 2024 vorliegen dürfte, soll Aufschluss darüber geben, in welche Richtung die künftige Grossbankenregulierung gehen soll und ob sich allenfalls die Pflichtenhefte von Finma und Nationalbank ändern müssen.

Durch das «Warten auf die Ergebnisse der PUK» werden notwendige Weichenstellungen verzögert. Offensichtlich wird dies bei der Finma, die sich in einem schlechten Zustand befindet. Trotz aktuellem Personalchaos bei der Finma will das EFD erst mal die Ergebnisse der PUK abwarten, bevor es sich über die Personalie der umstrittenen Präsidentin beugt.

Bahnbrechendes ist von der PUK aber ohnehin nicht zu erwarten. Glaubt man gut informierten Kreisen, wird das Ergebnis eher enttäuschend ausfallen – ähnlich wie bei der von Karin Keller-Sutter eingesetzten Expertenkommission. Es ist zu befürchten, dass am Ende ein Bericht herauskommt, der kaum neue Erkenntnisse bringt, sondern lediglich ein paar Empfehlungen für eine künftige Grossbankenregulierung auflistet, die so wohlwollend formuliert sind wie ein Vorschulzeugnis.

Das Finanzdepartement will Karin Keller-Sutters Termin auf Anfrage nicht kommentieren. «Die Beratungen der PUK sind geheim, weshalb wir uns nicht weiter äussern», schreibt eine Sprecherin. Auch Kommissionspräsidentin Isabelle Chassot (58) hält sich bedeckt. In einer E-Mail-Antwort verweist sie auf die Schweigepflicht, derentwegen ihre Kommission gegenüber Medien keine Fragen beantworte.

Selbst der Tagungsort ist geheim

Überhaupt: Isabelle Chassot scheint sehr darauf bedacht zu sein, dass nichts über die Arbeit der PUK nach aussen dringt. Manchmal scheint sie es mit der Diskretion etwas zu übertreiben. Amüsiert nehmen die Mitglieder der PUK zur Kenntnis, dass Chassot selbst aus dem Ort der Sitzungen ein Geheimnis macht. Der Tagungsort wird den PUK-Mitgliedern jeweils erst kurz vor Sitzungsbeginn bekannt gegeben.

Für die CS-Untersuchung wurde eigens ein Informations- und Kommunikationsreglement erlassen. Das vierseitige Papier regelt genau, was kommuniziert werden darf und was geheim bleiben muss. Begründet wurde dies mit dem grossen Medieninteresse. Indiskretionen würden die Arbeit der PUK erschweren und könnten negative Folgen für den Finanzplatz Schweiz haben, heisst es.

Es gilt eine umfassende Schweigepflicht, die deutlich strenger ist als im normalen politischen Alltag. Dies bedeutet, dass «alle an den Sitzungen teilnehmenden Personen» der Schweigepflicht unterliegen, also nicht nur die Kommissionsmitglieder, sondern auch die Auskunftspersonen selbst.

Die PUK mit dem Namen «Geschäftsführung der Behörden – CS-Notfusion» wurde am 8. Juni eingesetzt. Verbrieft ist, dass sich die achtköpfige Kommission am 7. September traf und dabei die Eckwerte des Untersuchungskonzepts verabschiedete. Damit stehe nun «mit der Phase 3 die eigentliche Untersuchungsarbeit» an, teilte die Kommission mit. Mit der Befragung von Karin Keller-Sutter am 11. Oktober kommt es zu einem ersten Höhepunkt.

* Wirtschaftsjournalist Beat Schmid war in seiner Karriere für mehrere grosse Medienhäuser tätig. Er schreibt im SonntagsBlick über Finanzthemen.

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