SVP und FDP kritisieren Wahl
Ex-Kulturchefin und Grüne leiten PUK zum CS-Debakel

«Unterschätzt mir die Isabelle nicht!», so ein einstiger Weggefährte zur frischgewählten PUK-Präsidentin. Und an ihrer Seite weiss sie mit Franziska Ryser eine Nationalrätin, die sich in schwierigen Zeiten einen Namen gemacht hat. Werden Kritiker eines Besseren belehrt?
Publiziert: 14.06.2023 um 19:39 Uhr
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Isabelle Chassot (r.) und Franziska Ryser bilden die Spitze der PUK zum CS-Aus.
Foto: keystone-sda.ch

«Eine Kulturtante an der Spitze der PUK ist die falsche Wahl!», ist die Reaktion einer eher männlich geprägten Gruppe im Parlament. Gemeint ist die einstige Direktorin des Bundesamts für Kultur, die Freiburger Mitte-Ständerätin Isabelle Chassot (58). Sie präsidiert die Parlamentarische Untersuchungskommission (PUK) zum Untergang der Credit Suisse.

Wie die Leitung von National- und Ständerat am Mittwoch weiter beschlossen hat, steht ihr die Grüne Franziska Ryser (31) als Vizepräsidentin zur Seite. Die St. Galler Maschinenbauingenieurin ist erst im Oktober 2019 in den Nationalrat gewählt worden.

Chassot war persönliche Mitarbeiterin der CVP-Bundesräte Arnold Koller (89) und Ruth Metzler (59). Zudem sass von 2001 bis 2013 in der Freiburger Kantonsregierung.

Banker soll Bank untersuchen

Zwar ist die Mitte-Politikerin Juristin, doch eine erfahrene Prozessanwältin ist sie nicht. So jemanden brauche es aber, glauben manche. Chassot ist auch keine Bankenexpertin. Auf Twitter fragt SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi (44) schon, ob es sinnvoll sei, auf sie zu setzen. Schliesslich habe Chassot ja von 2013 bis 2021 in der Bundesverwaltung gearbeitet hat. Dass jemand aus der Bundesverwaltung die Bundesverwaltung untersucht, geht für ihn wohl nicht.

Doch Aeschi kann man entgegengehalten, dass seine Fraktion mit Thomas Matter (57) einen Banker mit der Untersuchung des Endes einer Bank betraut hat.

Auch in der FDP wird die Frage laut, ob die richtigen Leute in der PUK sitzen. «Ich weiss nicht, wie gut die 14 Mitglieder der PUK Englisch sprechen. Sie müssen aber quasi einen teils englischsprachigen Prozess zur Bewertung des CS-Aus führen», so eine Freisinnige.

«Keine Fehler machen»

Schliesslich sollen nicht nur die Rollen von Bankenaufsicht (Finma), Nationalbank, Finanzministerin Karin Keller-Sutter (59) und deren Vorgänger Ueli Maurer (72) untersucht werden. Die PUK wird auch nachzeichnen müssen, was wann geschah bei der Credit Suisse. Was die Bank wann wusste. Was sie unternahm. Wie die CS die Finma informierte.

Die UBS, die die CS mithilfe des Bundes übernommen hat, dürfte eine Heerschar von internationalen Anwälten entsenden, um möglichst keine Geschäftsgeheimnisse preisgeben zu müssen. «Da wird es für die PUK dann vor allem um eines gehen», so ein Mitte-Spitzenpolitiker: «keine Fehler machen». Denn natürlich versuchten die UBS-Anwälte jegliche Verfahrensfehler zu ihren Gunsten zu nutzen.

Grüne halfen Mitte

Ist da das Duo Chassot/Ryser dafür das richtige? Freilich wird die PUK externe Fachleute heranziehen. Doch letztlich müssen die PUK-Mitglieder die Verantwortung selbst tragen. Und sie werden noch viel Kritik aushalten müssen – und sei es bloss, weil jemand, wie derzeit die SP, gerade betupft ist.

Die Sozialdemokraten sind gekränkt, weil die Grünen die Wahl einer Mitte-Präsidentin gestützt haben, nur um selbst die Vizechefin stellen zu können. Wechselnde Allianzen gehören aber zur Politik.

Ist die Stimmung also einfach nur schlecht aufgrund der PUK-Mitglieder-Wahl? Halt! Stellvertretend für viele andere wirft ein früherer Weggefährte der Ex-Staatsrätin ein: «Unterschätzt mir die Isabelle nicht!» Das sei schon vielen passiert. Und hinterher seien diese Leute «auf die Welt gekommen».

Gewinnerin der «verlorenen Generation»

Schliesslich verfüge die Freiburgerin über grosse Führungserfahrung. Die fast nur halb so alte St. Gallerin Ryser kann bei der Erfahrung zwar (noch) nicht mithalten. Aber sie kann für sich in Anspruch nehmen, eine der ganz wenigen von den 2019 Gewählten zu sein, die im Bundeshaus angekommen sind.

Ein Parteichef spricht hier von der «verlorenen Generation»: Wer im Herbst 2019 gewählt wurde, erlebte bis heute fast keine normale Session. Corona machte dem Parlament zu schaffen. Die Neugewählten hatten wenig Gelegenheit, in den normalen Parlamentsbetrieb hineinzukommen, geschweige denn, sich als Politikerin oder Politiker in Bern einen Namen zu machen.

Mission possible

Wem das aber – wie Ryser – gelang, muss besondere Qualitäten haben. Tatsächlich sprechen Parlamentsmitglieder von links bis rechts stets mit grossem Respekt von Franziska Ryser.

Und eben: «Unterschätzt mir die Isabelle nicht!» Die Erwartungen ans Frauen-Tandem sind nicht allzu hoch. Diese zu übertreffen, ist deshalb wahrlich keine aussichtslose Mission.

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