In Israel tobt der Krieg. Und jetzt reagiert auch die Schweizer Politik. Am Dienstag entschied die Sicherheitskommission des Nationalrats (SiK) einstimmig, eine Motion zu überweisen, welche den Bundesrat beauftragt, die Hamas zu verbieten.
Die Hamas habe sich «mit ihrer menschenverachtenden und radikal destruktiven Attacken und Rechtfertigungen als Gesprächspartnerin für einen Frieden nun vollends diskreditiert», heisst es im Vorstoss. Die Hamas müsse auch in der Schweiz als das bezeichnet und behandelt werden, was sie ist: eine Terrororganisation. Bereits am Montag forderten dies SVP und FDP.
Doch was würde ein Verbot der Hamas konkret bringen? Und warum hat die Schweiz das nicht längst gemacht? Blick beantwortet die drängendsten Fragen.
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Wie kann man die Hamas verbieten?
Das Nachrichtendienstgesetz gibt dem Bund die Möglichkeit, eine Organisation als terroristisch einzustufen und somit zu verbieten. Der Bundesrat hat davon bereits zweimal Gebrauch gemacht: bei Al-Kaida und dem Islamischen Staat (IS). Auch bei der Hamas würde man wohl hier ansetzen. Allerdings weisen Juristen darauf hin, dass es dafür einen Verbots- oder Sanktionsbeschluss der Uno oder der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) bräuchte. Ein solches gibt es bislang nicht. Es ist daher fraglich, ob die gesetzlichen und verfassungsrechtlichen Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des Nachrichtendienstgesetzes bei der Hamas gegeben sind.
Gibt es noch andere Möglichkeiten als ein Verbot?
Man kann auch Sanktionen und Embargos verhängen. Diese beziehen sich oft auf bestimmte Massnahmen gegen einzelne Personen oder Gruppen von Personen – das können Reisesperren oder Verbote von Finanztransaktionen sein. Sanktionen und Embargos können sich unter Umständen gleich auswirken wie Organisationsverbote.
Die SiK verlangt vom Bundesrat einen Bericht, welche Sanktionen gegen die Hamas ergriffen werden könnten. «Man kann heute über die Geldflüsse der Hamas in der Schweiz nichts sagen. Denn die Finanzinstitute sind nicht verpflichtet, diese Transaktionen zu melden – eben weil die Hamas nicht als terroristische Organisation gilt», sagt Mauro Tuena (51), SVP-Nationalrat und SiK-Präsident. Das wäre sie nur, wenn das Parlament dies so per Mehrheitsentscheid beschliesst.
Was würde ein Verbot konkret bedeuten?
Mit einem Verbot könnte zum Beispiel die Propaganda für die Hamas strenger bestraft werden. Zwar ist die öffentliche Aufforderung zu Verbrechen und Gewalttätigkeit an sich strafbar, unabhängig davon, ob dies im Namen einer terroristischen Organisation geschieht. Wäre die Hamas in der Schweiz verboten, seien aber Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren möglich, sagt Rechtsanwältin Aileen Kreyden. Kreyden ist wissenschaftliche Assistentin an der Uni Basel und forscht zu Terrorismus. Strafbar mache sich, wer die verbotene Organisation personell oder materiell unterstützt, Propagandaaktionen organisiert oder Werbung macht. Wäre die Hamas verboten, könnte die Schweiz sogar deren Mitglieder bestrafen, auch für Taten, die im Ausland passiert sind. Auch hierfür gibt es Beispiele in Bezug auf den IS.
Muss man die Hamas verbieten, um sie stärker zu überwachen?
Nein. «Die Schweiz kann auch ohne formelles Verbot verdächtige Personen geheim überwachen», sagt Expertin Kreyden.
Warum verbietet die Schweiz die Hamas dann nicht?
Weil es bis anhin keine Mehrheit dafür gab. Bisher sprach sich das Parlament gegen ein Hamas-Verbot aus. Das könnte sich nun ändern. SVP, FDP und GLP haben sich bereits für ein Verbot ausgesprochen, jetzt fordert das auch die SiK – und zwar einstimmig. Kritiker wenden ein, mit einem Verbot vergebe die Schweiz die Chance, eine vermittelnde Rolle zwischen den Konfliktparteien zu spielen.
Wie reagiert der Bundesrat?
Aussenminister Ignazio Cassis (62) sagte am Montagabend, er könne sich bei der Hamas das gleiche Vorgehen vorstellen wie beim Terrornetzwerk Al-Kaida und dem IS. Der Bundesrat werde sich des Themas annehmen.